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CHINA
WACHSENDER WIDERSTAND GEGEN AUSWIRKUNGEN DES WTO-BEITRITTS

Zehntausende IndustriearbeiterInnen waren in den letzten Wochen an Aktionen
gegen Entlassungen beteiligt. Mit Streiks, Demonstrationen und anderen
Aktionen wehren sie sich gegen schon vollzogene und noch bevorstehende
Entlassungen. Zentren der Unruhen sind Dajing sowie andere Großstädte der
nordöstlichen Provinzen Heilongjiang und Liaoning. In Dajing waren es zuerst
3000 Ölarbeiter, die mit einer Demonstration begannen, wenige Tage später
schon 50.000, die das Hauptquartier des Konzerns belagerten, den Zugverkehr
unterbrachen.
Es kam während der Aktionen zu Auseinandersetzungen mit Militär und
Polizeikräften, die zu Tausenden eingesetzt wurden (darunter auch ein
Panzerbataillon.). Mehrere StreikführerInnen und Delegierte der
Protestierende wurden festgenommen, es gab aber keine Verletzten.
Die ehemaligen Kombinate der Erdölindustrie sind umgewandelt worden in
Konzerne wie Sinopec. Die neuen Bosse haben dort schon 250.000 entlassen und
planen, weitere Hunderttausend zu entlassen. Petrochina, 1998 formiert, wird
vom Management, dass heute noch hauptsächlich aus Funktionären der KP China
besteht, für einen Börsengang "fit gemacht". Den Arbeiterwiderstand hatte
man bisher durch eine Reihe von sozialen Versprechungen in Grenzen gehalten.
Genau diese Versprechungen werden aber nun nicht eingehalten, was die Wut
und Entschlossenheit der ArbeiterInnen steigert. Hinzu kommen ausstehende
Löhne, die seit zwei oder drei Monaten nicht ausgezahlt wurden.

Auffällig ist auch die politische Dimension des Kampfes:
- Es gibt energische Versuche, sich in unabhängigen Gewerkschaften zu
organisieren und sich von den Fesseln des "offiziellen"
Gewerkschaftsverbandes zu befreien. So haben  sich in Dajing ca. 50.000
einer unabhängigen Gewerkschaft angeschlossen. Diese Gewerkschaft breitet
sich offensichtlich auch schon in die Erdölzentren im Westen Chinas, nach
Xinjiang und Sichuan, aus. Sie ist nicht beschränkt auf die Erdölindustrie
und hat auch viele der Arbeitslosen in ihren Reihen.
- Es werden Delegierte und RepräsentantInnen gewählt, in die vorhandenen
Institutionen gibt es kein Vertrauen mehr. Deshalb richteten sich die
Verhaftungen gerade auch gegen gewählte Repräsentanten.
- Die Forderungen richten sich gegen Polizei- und Armeeeinsätze sowie gegen
die Inhaftierung bzw. Bestrafung von AktivistInnen. So sind nach
vorliegenden Informationen sechs AktivistInnen noch inhaftiert.
- Die Korruption der Betriebsleiter und Parteifunktionäre wird kritisiert,
die Verantwortlichen zum Rücktritt aufgefordert.
- Es gibt eine bewusste Ablehnung der Politik, die Bereiche der Industrie
privatem Kapital zu öffnen.

Dass es gerade die ArbeiterInnen der Erdölindustrie in Dajing sind, einer
Vorzeigeregion seit Jahrzehnten, muss die Bürokraten empfindlich schmerzen.
Es zeigt, dass die selbstbewussten Kernschichten des chinesischen
Proletariats jetzt aktiv und massiv in den Kampf eingetreten sind.
Es ist geplant, hunderttausende ArbeiterInnen in der Industrie zu entlassen.
Schon jetzt ist die Arbeitslosigkeit in vielen Gegenden auf zwischen 30% und
60 % angestiegen. Fast 8 % der Einwohner in den großen Städten gelten auch
nach offiziellen Angaben als verelendet. Industrie und Regierung hatten
versprochen, den arbeitslosen Zahlungen und soziale Leistungen zu gewähren,
aber dazu ist entweder kein Geld da oder es versickert in den dunklen
Kanälen der Korruption.
Die KP-Führung in Peking ist sichtlich nervös. Längst ist die Unruhe nicht
mehr lokal beschränkt. Seit 1989 waren nicht mehr so viele auf den Strassen.
Die Streiks und Demonstrationen wurden von der Führung aus Peking für
illegal erklärt, was zu einer Verschärfung führen wird - denn eines ist
sicher: ruhig werden die chinesischen ArbeiterInnen und Arbeitslosen  nicht
bleiben.


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