Slowakei
- Ende der gewerkschaftlichen Passivität?
Von
Kajo Spurny (LRKI-Slowakei)
Die
Gewerkschaften in der Slowakei zeichneten sich seit dem Sturz des
stalinistischen Regimes nie durch besondere Kampflust aus. Es musste zu
der Rekordarbeitslosigkeit von 21% und zu unablässigen Betriebsschließungen
kommen, damit sich die Metallsektion der slowakischen Gewerkschaften
endlich zu ersten symbolischen Aktionen entschloss.
Am
2. März war es dann soweit: rund 2.000 Mitglieder der
Metallgewerkschaften haben den gesamten Verkehr auf fünf Grenzübergängen
zu Polen, Ungarn und Tschechien für vier Stunden - von 9.00 bis 13.00 -
lahmgelegt. Endlich gibt es in den Metallgewerkschaften
Streikbereitschaft!
Dies
ist umso bemerkenswerter, weil sich die slowakischen Gewerkschaftsbürokraten
ansonsten durch grenzenlose Anpassungsfähigkeit an das Kapital
auszeichnen. Tatsache ist, dass die Reallöhne im vorigen Jahr um gut 7
Prozent gesunken sind. Tatsache ist auch, dass schon mehr als 11 Prozent
der Bevölkerung völlig verarmt sind. Wenn jemand in der Slowakei ein
Jahr lang kein Job hatte, gilt er als “aus subjektiven Gründen
arbeitslos” und hat somit nur auf die Hälfte des sowieso kümmerlichen
sozialen Hilfegeldes Anspruch! Und die volle Summe dieses erbärmlichen
Hilfegelds macht nicht einmal ein Drittel des Durchschnittslohnes von rund
11.000 Kronen – ca. 500 DM – aus!
Dabei
schließt ein Betrieb nach dem anderen. Tausende werden schrittweise
entlassen. Es gibt keine verlässliche Statistik darüber, wie viele
Betriebe derzeit Bankrott gehen. Die Eigentumsrechte und -beziehungen sind
undurchsichtig und äußerst kompliziert. Viele Fabriken sind durch die
Meciar-Privatisierer zerstört und ausgeplündert. Es gibt in der
neoliberalen Dzurinda-Regierung kaum den Willen, die astronomische
Arbeitslosigkeit und die soziale Not zu lindern. Der Widerstand der Massen
ist gefragter denn je - aber wegen der Angst, gefeuert zu werden, wagt
kaum einer, öffentlich zu protestieren.
Dies
ist auch ein Grund dafür, warum die Gewerkschaften zum Mittel der
Grenzblockaden gegriffen haben.
Welche
Forderungen erhoben die slowakischen Metallgewerkschaftler?
·
Erhöhung der Nominallöhne,
zumindest eine Anpassung der Reallöhne an die Inflation.
·
Gespräche mit der
Regierung, dem Nationalrat, dem Präsidenten.
·
Erhöhung der sozialen
Hilfsgelder gemäss der Höhe der Inflation.
·
Schaffung einer
“angebrachten unternehmerischen Umgebung”.
Gewiss
keine radikalen Forderungen. Aber die Kampf um höhere Löhne und soziale
Absicherung verdient unsere Unterstützung. Die sozialdemokratische
Finanzministerin Brigita Schmögnerova - von vielen als “brutale
Brigitte” bezeichnet - brauchte jedoch nicht lange, um die Blockaden der
Gewerkschafter als “unangebracht” zu bezeichnen. Es sollte auch erwähnt
werden, dass diese vielgehasste Dame eine der Paradefiguren der
reformistischen “Partei der demokratischen Linken” (SDL, der früheren
KP) ist.
Bemerkenswert
war die Anwesenheit vereinzelter gewerkschaftlicher Aktivisten aus Ungarn,
Polen und Tschechischen Republik bei den Blockadeaktionen ihrer
slowakischen Kollegen. Um so schlimmer erweist sich die Distanzierung der
slowakischen Gewerkschaftsbürokraten vom multinationalen Konzern
Volkswagen von diesen Protesten. Eine klare Niederlage für die
internationale Solidarität der Arbeiterklasse. Dabei böte sich gerade
hier eine konkrete Möglichkeit, den Widerstand gegen soziale Kahlschläge
im Osten und Westen zu verbinden.
Die
Proteste verliefen ohne jegliche Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Notwendig für die Erreichung der Ziele werden nicht nur längere
Blockaden von wichtigen Transportwegen sein, sondern unbefristete
Massenstreiks. Wir fordern die Organisierung solcher Streiks von der
Gewerkschaftsführung – freilich ohne uns darauf zu verlassen. Wir
treten daher gleichzeitig für Vollversammlungen in den Betrieben ein und
die Wahl von den Belegschaften verantwortlichen Aktionskomitees, die die
Vorbereitung und Durchführung der Aktionen in die Hand nehmen sollen.
Ein solcher Widerstand könnte einen
wichtigen Schritt im Kampf gegen die Auswirkungen der kapitalistischen
Restauration darstellen. Daran wird sich zeigen, ob die Blockaden eine
einmalige Aktion bleiben, oder der Auftakt eine Welle des Widerstands
waren.
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Solidarität mit Mario Bango!
Mario
Bango, slowakischer Roma und Kommunist, droht eine Gefängnisstrafe.
Warum?
Weil
er seinen Zwillingsbruder Edo am 10. März gegen einen Angriff von
Nazi-Skinheads verteidigt hat! Dabei hat Mario den rassistischen Gewalttäter
mit einem Messer verletzt. Nun soll er wegen schwerer Körperverletzung
verurteilt werden. Ihm drohen zwei bis acht Jahre Haft!
Er
erwartet zur Zeit seinen Prozess im Untersuchungsgefängnis. Der Richter
lehnt es ab, ihn für die Dauer des Prozesses auf freien Fuß zu setzen,
“da er aus einer unteren sozialen Schicht kommt und Wiederholungsgefahr
besteht”! Auf den Nazi-Angriff folgt der staatliche Rassismus, für den
die Slowakei und ihr Staatsapparat bekannt sind. So wurde Marios Mutter
von Polizisten als “Zigeunerhure” beschimpft, als sie bei einem Besuch
nach Wasser fragte.
Der
staatliche Rassismus geht mit unerträglichen Provokationen der Faschisten
Hand in Hand. 250 von ihnen marschierten am 14. März, um den Jahrestag
der Gründung des faschistischen Slowakischen Staates und die Pogrome an
den Roma zu feiern!
Mario
und Edo Bango sind junge Arbeiter und Kommunisten. Sie sind Mitglieder der
Gruppe “Proletarisch-kommunistische Jugend”. Sie haben in der Slowakei
für die Anti-IWF-Demonstrationen in Prag mobilisiert und Solidaritätsdemonstrationen
mit den dort Inhaftierten organisiert.
Mario
und Edo Bango haben sich gegen Rassismus und Kapitalismus zur Wehr
gesetzt. Dafür soll Mario nun bestraft werden! Wir fordern seine
sofortige Freilassung und das Fallenlassen aller Anklagen gegen ihn. Wir
rufen zu internationaler Solidarität mit ihm auf. Mario will seinen
Prozess als politischen Prozess gegen den Rassismus der slowakischen
Polizei, Gericht, des Staates führen. Am 19. März soll dazu auch eine
Solidaritätskampagne in Bratislava gestartet werden.
Was
könnt Ihr tun?
·
Sendet Solidaritätsadressen
an Mario Bango ins Untersuchungsgefängnis:
Ustav
na vykon vazby
Chorvatska
5
priecinok
1077
812
29 Bratislava
Slowakische
Republik
·
Sendet Protestschreiben an
das
Justizministerium:
Ministerstvo
spravodlivosti SR
Zupne
namestie 13
Bratislava
Slovakia
den
Präsidenten der Republik:
Kancelaria
Presidenta SR
Stefanikova
1
Bratislava
Slovakia
·
Wir werden Euch über die
Infomail und unsere Homepage über den aktuellen Stand der Kampagne am
Laufenden halten.
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