Das Regime
Milosevic
Das Regime
Milosevic – selbst weit mehr für den Zerfall Jugoslawiens
verantwortlich als so manche deutsche Linke zur Kenntnis nehmen wollten
– war von Beginn an mit zwei Zielen angetreten.
Erstens: die
Restauration des Kapitalismus in Jugoslawien (oder was davon übrigbleiben
sollte). Zweitens: die herrschende Nation um (Rest)Jugoslawien sollte die
serbische sein. Die Unterdrückung der Albaner, der Krieg in Bosnien usw.
waren notwendige Bestandteile des politische Programms zur Wiedereinführung
des Kapitalismus in Serbien und kein ”Irrsinn”, ”Betriebsunfall”
oder ”Zeichen der Unreife”. Nur wenn die entstehende serbische
Bourgeoisie auf Nationalismus setzte, konnte sie der ”eigenen”
unzufriedenen und in den 1980er Jahren höchst kampfkräftigen
Arbeiterklasse Herr werden.
Das Regime von
Milosevic stützte sich neben der alten serbischen Bürokratie, Polizei
und Generalität auf eine neu entsehende Kapitalistenklasse, die ihren
Reichtum vornehmlich durch Plünderung und Diebstahl mehrte. Auch das war
keine historischer Unfall, sondern eine notwendige Voraussetzung zur
Akkumulation von Kapital in diesem Land.
Doch neben diesem
Block der herrschenden Klassen und Schichten konnte sich das
Milosevic-Regime auf andere Klassen und Schichten stützen, wobei der
serbische Nationalismus in verschiedenen Formen als Kitt diente: die
Intelligenz, die Bauernschaft, die Arbeiteraristokratie.
Milosevics Programm
musste freilich den Halt in diesen Klassen unterminieren, besonders, als
die Kriege verloren gingen und die Wirtschaft mehr und mehr im Chaos
versank. Dafür schuf der Krieg dem Regime eine neue soziale Stütze aus
Verelendeten, Lumpenproletariern, Abenteurer, kleinen (und größeren)
Kriminellen, Pogromisten, kurzum aus dem Bodensatz der serbischen
Gesellschaft.
Das Regime konnte
sich weiter halten, obwohl Milosevics Politik den entstehenden serbischen
Kapitalismus immer mehr ins Fiasko führte, immer mehr Einflussgebiete
verloren gingen. Hinzu kam, dass alle Klassen der serbischen Gesellschaft
vom Projekt Milosevic mehr oder weniger beeinflusst waren. Die
demokratische Bourgeoisie und die städtische Intelligenz hatten den
nationalistischen Rausch und Eroberungsdrang des Regimes als zukünftige
Bereicherungsmöglichkeit bejubelt, die Dichter als Ausdruck nationaler Überlegenheit
gefeiert.
Die Arbeiterschaft
war atomisiert und ohne politische Führung, so dass sie trotz ihres
gesellschaftlichen Gewichtes immer dieser
oder jener bürgerlichen Fraktion hinterher trabte.
Die Politik
Milosevics war jedoch immer darauf berechnet, Serbien zu einem Statthalter
des Imperialismus (respektive einiger imperialistischer Mächte) auf dem
Balkan zu machen. Das wurde auch von den westlichen Mächten – z.B. im
Abkommen von Dayton, das die ethnische Teilung Bosniens festschrieb –
lange Zeit anerkannt.
Doch der erhoffte
”Stabilitätsgewinn” stellte sich für den Imperialismus nicht ein.
Als Statthalter war das Milosevic-Regime selbst auf die Dauer ein
Unsicherheitsfaktor. Das lag nicht an der ”dämonischen” Figur
Milosevic oder seiner ”Irrationalität”. Der Wahnsinn immer neuer
Kriege und Massenvertreibungen usw. war vom Standpunkt der Machterhaltung
seines Regimes und der von ihm eingeschlagenen Methode zur Wiedereinführung
des Kapitalismus durchaus folgerichtig.
Es ist freilich
typisch für bürgerliche Kommentatoren, diesen Zusammenhang zwischen
Zielen und Mitteln der Politik Milosevics zu unterschlagen, ja in vielen Fällen
tatsächlich nicht zu sehen.
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