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Erster Mai in Berlin

Szeneaction oder gemeinsame Demonstration der radikalen Linken?

Stellungnahme des Internationalistischen Blocks (Berlin) zum revolutionären Ersten Mai 2017, Infomail 939, 18. April 2017

Die „Revolutionäre Erste Mai-Demonstration“ etablierte sich in den letzten Jahren als gemeinsame Großdemonstration verschiedener Spektren der antikapitalistischen Linken in Berlin.

In diesem Jahr wird es keine gemeinsam vorbereitete und organisierte Demonstration geben. Vielmehr hat die RLB (radikale linke | berlin) in Vertretung des „Stadtpolitischen Blocks“ die anderen Blöcke und Organisationen im Bündnis vor vollendete Tatsachen gestellt und die Nichtanmeldung der Demonstration zur Vorbedingung jeder gemeinsamen Arbeit gemacht. Dies wurde erst mitgeteilt, als sich nach mehreren Treffen herausstellte, dass der „Stadtpolitische Block“ dafür im Bündnis keine Mehrheit hatte. Trotz mehrerer Kompromissvorschläge des Jugend- und Internationalistischen Blocks für eine gemeinsame Aktion hat die RLB für den Stadtpolitischen Block alle Verhandlungen abgelehnt.

Dem „Stadtpolitischem Block“ ging es nicht um eine gemeinsame Demonstration, sondern um die Durchsetzung ihres „Konzepts“. Kein Wunder, dass er, wie sich später herausstellte, schon Plakate drucken ließ, bevor sich das Bündnis entschieden hatte. So wurden einfach Fakten geschaffen. Die politischen Argumente all jener, die sich für eine angemeldete Demonstration (Internationalistischer Block und Jugendblock) aussprachen, wurden ignoriert.

Dabei hatten wir Folgendes vorgeschlagen:

1. Die internationale Solidarität mit MigrantInnen und Geflüchteten, mit ArbeiterInnenkämpfen und dem Widerstand gegen Imperialismus und Kolonialismus (Palästina, Kurdistan) sollte ins Zentrum der Mobilisierung und Demonstration gestellt werden. Diese wollen wir mit den Kämpfen in Deutschland und Europa sowie der Mobilisierung gegen den G20-Gipfel verbinden. Der 100. Jahrestag der russischen Revolution und der 30. Jahrestag des revolutionären Ersten Mai sollten einen Bezugspunkte darstellen.

2. Für die Mobilisierung wollen wir einen Schwerpunkt auf die Gewinnung von DemonstrantInnen über die linksradikale Szene hinaus legen: auf Jugendliche, kämpferische ArbeiterInnen, vor allem aber auf Geflüchtete und MigrantInnen. Der Kampf gegen den Rechtsruck in Deutschland und Europa, gegen die Abschiebungen afghanischer und anderer Refugees, sollte zentralen Ausdruck finden, ebenso wie der Kampf gegen die Festigung der Diktatur Erdogans.

3. Dazu halten wir eine Anmeldung für notwendig, um v. a. Geflüchtete möglichst wenig Risiko nicht nur bei der Aktion, sondern auch bei der Mobilisierung auszusetzen.

Das zeigte sich schon in den letzten Jahren, als die Demonstration unter dem Einfluss des „Internationalistischen Blocks“ ein klareres politisches Profil zeigte, die Solidarität mit den Kämpfen in Griechenland, mit den KurdInnen oder mit Palästina thematisierte, und so auch einen sichtbaren, internationalistischen und klassenkämpferischen Inhalt ins Zentrum rückte. Wir denken, dass es eher zu wenig als zu viel von dieser Ausrichtung gab. Schließlich hat diese Ausrichtung auch zu steigenden TeilnehmerInnenzahlen geführt.

Zur politischen Ausrichtung hatte der „Stadtpolitische Block“ und die sie unterstützende IL (G20-Block), genau genommen, kaum etwas gesagt. Für den „Stadtpolitischen Block“ ist dies nämlich nebensächlich. Für sie (und wohl auch für den G20-Block) steht etwas anderes im Vordergrund. Eine „Nichtanmeldung“ wäre nämlich „antagonistischer“, würde einen Akt der „Selbstermächtigung“ darstellen. Hier wird so getan, als zeige sich der „antagonistische“ Gehalt der Demonstration darin, keine Anmeldung zu tätigen. Im Zentrum steht eine Zurschaustellung der Gesinnung, nicht die Gewinnung und Mobilisierung von Menschen über die „Szene“ hinaus. Dieser Ansatz ist nicht „revolutionär“, nicht einmal besonders links, sondern vor allem selbstbezogen. Es geht nicht um die Veränderung von Bewusstsein oder Kräfteverhältnissen für bestimmte politische Inhalte und Mobilisierung für konkrete Forderungen, sondern um das „Selbst“ und die eigene Inszenierung. Der „Stadtpolitische Block“ fetischisiert eine bestimmte Aktionsform, Szenekultur und eventbezogener Selbstdarstellung und stellt sie über das politische Ziel.

Die „revolutionäre Erste-Mai-Demonstration“ wollen wir nicht bloß „für uns“ organisieren, sondern zur Herstellung einer größeren, über das „linksradikale“ Spektrum hinausgehenden Einheit, damit diese im Kampf gegen die Angriffe von Regierung und Kapital genutzt werden kann. Antirassismus sollte dabei im Zentrum stehen und die Belange von MigrantInnen und Refugees thematisiert werden.

Eine angemeldete Demonstration bietet, so das zentrale Argument des „Internationalistischen Blocks“, dafür weit günstigere Voraussetzungen. Ohne Anmeldung sind SchülerInnen und vor allem Geflüchtete an Schulen und in Unterkünften einer viel größeren Repression ausgesetzt, wenn sie dort mobilisieren. Gerade für Refugees, die von Abschiebung bedroht sind, bedeutet das ein zusätzliches, ernstes Risiko.

Das trifft letztlich auch auf die Demonstration selbst zu. Gibt es keinen legalen Versammlungsort, sind sie schon im Vorfeld noch leichter polizeilicher Willkür ausgesetzt, die auch am 1. Mai rassistisch selektieren wird. Die Tatsache, dass auch eine angemeldete Aktion nicht vor Willkür schützt, ist kein Gegenargument. Es zeugt nur von politischer Leichtfertigkeit und Verantwortungslosigkeit. Es wird billigend in Kauf genommen, dass Refugees, aber auch SchülerInnen vor die Alternative gestellt werden, sich einer zusätzlichen Gefahr auszusetzen oder der Demonstration fernzubleiben.

Wir fordern alle Gruppierungen, die an einer klassenkämpferischen, internationalistischen Demonstration Ersten Mai interessiert sind, auf, mit uns gemeinsam an diesem Tag und in der Mobilisierung gegen den G20-Gipfel aktiv zu werden.

Deshalb laden wir vom „Internationalistischen Block“ zu einem Bündnis für einen revolutionären 1.Mai und einer revolutionären-1.Mai-Demo ein. Kommt zahlreich um 16h zum Lausitzer Platz.

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