Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Für eine internationale europäische Konferenz

Widerstand ausweiten und koordinieren!

Internationales Sekretariat der Liga für die Fünfte Internationale, 23. Mai 2016, Infomail 884, 29. Mai

Die Bewegung in Frankreich, in der sich GewerkschafterInnen, SozialistInnen und junge Leute gegen das El Khomri-Gesetz zusammengefunden haben, unterstreicht einmal mehr die Notwendigkeit von Solidarität und gemeinsamen Maßnahmen quer durch den Kontinent. Das El Khomri-Gesetz will Rechte der ArbeiterInnenklasse abschaffen, die sie über viele Jahrzehnte hinweg erkämpft hat. Installiert werden soll es durch die Regierung, die dazu den  Artikel 49-3 der Verfassung aufruft (Verabschiedung von Gesetzesvorhaben ohne parlamentarische Abstimmung). Wir dürfen die ArbeiterInnen und Jugend in keinem einzigen europäischen Land in ihrem Kampf allein lassen, denn ihr Sieg oder ihre Niederlage hat unmittelbare Auswirkungen für die ArbeiterInnen in allen anderen Ländern.

Dieses arbeiterInnenfeindliche Gesetz will eine „sozialistische” Regierung durchdrücken, die immerhin auf einer Plattform gegen Kürzungen gewählt worden ist. Sie will dies vor dem Hintergrund eines verlängerten Ausnahmezustands erzwingen, der nach den terroristischen Attentaten vom 13. November 2015 in Paris verhängt worden war und Polizei und den Regierungsexekutiven undemokratische und unterdrückerische Handhabe gibt. Kein Wunder, dass Marine Le Pens Front National, die demagogisch die neoliberale Kürzungspolitik kritisiert und die Regierung angreift, gute Aussichten für die Präsidentschaftswahlen 2017 besitzt.

Die Rechte marschiert nach vorn, großenteils weil  die Parteien der reformistischen Linken an der Regierung Verrat an ihrer Wählerschaft üben. Wir sehen dies nicht nur bei den konservativeren ReformistInnen, wie bei der französischen Parti Socialiste, der deutschen Sozialdemokratie oder der britischen Labour Party, sondern auch bei der „radikalen Linken”. Als Beispiel dient hier die Kapitulation der Syriza-Regierung in Griechenland vor dem heftigen Kürzungsprogramm, das der Europäische Rat, die Kommission und die Zentralbank sowie der Internationale Währungsfonds der griechischen Bevölkerung verordnet hat.

Ein weiterer wichtiger Faktor, der den Widerstand beschränkt und leerlaufen lässt, ist die Taktik der großen Gewerkschaftsverbände, die sich mit begrenzten, punktuellen Aktionstagen zufrieden gibt, die kein „Morgen” kennen, und eine Tendenz hat, ihre FreundInnen in den „sozialistischen” Regierungen zu schützen.

 Aber wie in Frankreich derzeit hat sich in Griechenland der Kampf der Gewerkschaften und Jugend gegen die jüngste Kürzungsrunde neu belebt und gibt Grund zu Optimismus. Hier zeigt sich die echte Möglichkeit, die Wende herbei zu führen, wenn wir alle zusammenarbeiten (Tous ensemble!).

Diesen Aktionen auf den Straßen und in den Betrieben, worin sich unser Streben nach einem Europa ohne Kürzungen und sozialen Abstieg ausdrückt, kann sich der Druck durch die Kräfte auf der Linken, von militanten GewerkschafterInnen und jungen Leuten in Spanien hinzugesellen. Sie wollen eine Regierung, die unbedingt Schluss macht mit Kürzungen und die entscheidende Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit, Prekarität und Lohnschwund ergreift.

Dieselben Bestrebungen kamen auch in der Wahl von Jeremy Corbyn auf einem Antiausteritätsprogramm zum Vorsitzenden der britischen Labour Party zum Tragen, die unter Blair und seinen Nachfolgern zum Wegbereiter und Förderer der neoliberalen „Reformen“ in der Europäischen Union und von imperialistischen Kriegen mittels der NATO geworden war.

Nicht zuletzt stehen auch jene auf unserer Seite, die gegen den Aufstieg von Rassismus und Chauvinismus in ganz Europa protestiert haben, gegen das Geflecht von Stacheldrahtzäunen und Mauern, die den Flüchtlingen den Weg verlegen, gegen die Verteufelung von ArbeiterInnen aus Osteuropa und gegen die Pläne unserer Herrscher, einen neuen kalten Krieg anzuzetteln.

Wir brauchen nicht nur eine Gewerkschaftsbewegung oder eine soziale Jugendbewegung, die sich auf Proteste beschränkt wie die Indignados in Spanien, die Occupy-  oder die Nachtwache-AnhängerInnen in Frankreich (Nuit debout!), sondern eine massenhafte politische Klassenbewegung, um die Betreiber der Kürzungen von der Macht zu verjagen und Regierungen einzusetzen, die die Krise des Kapitalismus auf Kosten der Kapitalistenklasse lösen wollen.

Wenn diese Kräfte ihre Aktionen mit GesinnungsgenossInnen in ganz Europa bündeln, kann dies eine Botschaft revolutionärer Hoffnung aussenden: eines umgewandelten Europa von sozialer Gerechtigkeit, eines wahrhaft sozialistischen Europa , gegen die reaktionären Banden rassistischer PopulistInnen und FaschistInnen, die seit wenigen Jahren z. B. in Frankreich, Ungarn und Polen auf dem Vormarsch sind.

Diese Kräfte sind zunehmend europafeindlich, befürworten die Rückkehr zu „unabhängigen” Nationalstaaten, errichten Grenzen untereinander und gegen Menschen von außerhalb der EU. Das britische Referendum über den Austritt zeigt diese reaktionären Tendenzen voll auf. Sie können weder bekämpft werden mit der Verteidigung der Europäischen Union als bestehende imperialistische Institution noch durch eine Kampagne für ein leicht reformiertes „soziales Europa”. Wir brauchen stattdessen einen gemeinsamen Kampf quer durch den Kontinent für eine revolutionäre Umwandlung, ein sozialistisches weltoffenes Europa.

Der Aufstieg der Rechten ist zu nicht geringen Anteilen dem Betrug an der Wählerschaft durch die großen Parteien der sozialdemokratischen und sozialistischen Linken geschuldet, durch die britische Labour Party, die spanischen und französischen sozialistischen Parteien, die deutschen und skandinavischen Sozialdemokratien. Hinzu kam der Zusammenbruch von Syriza, nachdem sie so viel Hoffnung für einen radikalen Bruch mit der Austeritätspolitik erzeugt hatte.

Die griechische Erfahrung zeigt, dass die bloße Wahl von Regierungen, die versprechen, den Kurs der Austerität zu verlassen, wie das auch der französische Präsident François Hollande getan hat, nicht ausreicht, um die riesigen internationalen Kräfte des Großkapitals zu besiegen. Wenn die ArbeiterInnenklasse und die Jugend sich nicht organisieren und in Marsch setzen für eine antikapitalistische Antwort auf die Attacken der Zentralbanken und Börsen, die Aktienmärkte und den Internationalen Währungsfonds, werden solche Regierungen ungeachtet ihres WählerInnenauftrags kapitulieren oder gestürzt werden.

Europaweiter Widerstand und dessen Planung ist dringend notwendig angesichts der wahrscheinlichen Wiederkehr einer Wirtschaftskrise und des Aufstiegs der nationalistischen Rechten, die uns in rivalisierende „unabhängige” Staaten spalten und erneut die Politik, den Nachbarn arm zu machen heraufbeschwören würden. Die Rechte kann auf das durch vom Europa des Kapitals zugefügte Leid hinweisen, um ihren reaktionären Rückzug damit zu begründen. Wir müssen hingegen das Ziel eines vereinigten sozialistischen Europas vorbringen, in dem die Tore Asylsuchenden offen stehen, die vor Krieg und Rassismus fliehen bzw. ertragreiche Arbeit für unsere gemeinsame Wohlfahrt suchen.

 Deshalb richten wir einen dringenden Aufruf an die Organisationen der Linken, die militanten Gewerkschaften und an all jene, die gegen Kürzungen und Rassismus kämpfen, noch in diesem Jahr eine internationale Konferenz zu organisieren, auf der eine gemeinsame Aktionsstrategie für Gesamteuropa in demokratischen Debatten herausgearbeitet werden kann und dann in die Bewegungen eines jeden Landes zurück getragen wird.

Nieder mit Kürzungen und der Zerstörung unserer sozialen Errungenschaften!

Nieder mit dem Rassismus – stoßt die Tore der „Festung Europa” für all jene auf, die Zuflucht und Arbeit suchen! Reißt die neuen Zäune und Mauern ein, die sie fern halten wollen!

Für ein Europa, wo die höchsten Standards für Löhne, Sozialleistungen, Bildung, demokratische und ArbeiterInnenrechte gelten und für alle zugänglich sind!

Weg mit den Ausnahmezuständen und gewerkschaftsfeindlichen Gesetzen und Arbeitsmarkt„reformen”, die unsere demokratischen Rechte entwerten und unseren Widerstand behindern!

Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!

Leserbrief schreiben   zur Startseite

Wöchentliche E-News
der Gruppe Arbeitermacht

:: Archiv ::

Nr. 209, Mai 2016
*  Erster Mai: Klassenkampf. Befreiung. Revolution
*  Drohende Entlassungen: Schatten der kommenden Krise
*  VW-Krise: Wer wischt den Schmutz weg?
*  GewerkschafterInnenaufruf: Für eine anti-rassistische Kampagne in den Betrieben
*  Jugend gegen Rassismus: Wie weiter nach dem Aktionstag?
*  Schulstreik: Wie geht's weiter an deiner Schule?
*  China vor 50 Jahren: Die sogenannte "Kulturrevolution"
*  Britannien: Großdemos gegen Tory-Politik
*  Kampf gegen Frauenunterdrückung: Abtreibungsverbot in Polen
*  Brasilien: Wir haben eine Schlacht verloren, aber nicht den Krieg - der Kampf geht weiter!
*  Präsidentschaftswahlen in Österreich: Politisches Erdbeben mit Ansage