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BAU-STREIK: HIER REGIERT DIE IG BAU

"Hier regiert die IG BAU!" skandierten die streikenden Bauleute in Berlin
und drückten damit ihre Kampfbereitschaft und ihr Selbstbewusstsein aus.
Der Baustreik in den letzten Wochen reiht sich in eine Serie von
Arbeitskämpfen ein, die seit einigen Monaten Deutschland überziehen. Die
Gruppe Arbeitermacht und die Jugendgruppe REVOLUTION beteiligten sich aktiv
daran und versuchten dabei, möglichst viele AktivistInnen über das dafür ins
Leben gerufene Mobile Solidaritätskomitee einzubeziehen. Nach der Beendigung
dieses Streiks ist es Zeit, diesen Arbeitskampf zu bilanzieren.

Die Situation auf den Baustellen

Das, was sich allgemein als wirtschaftliche Krisenerscheinung abzeichnet,
macht sich in der Baubranche mit besonderer Heftigkeit bemerkbar. Bei den
zunehmenden Firmenpleiten ist der Baubereich besonders herausragend. Allein
im ersten Quartal dieses Jahres sanken die Umsätze in der Branche um über
8%.
In dem gegenwärtigen intensiven Verdrängungswettbewerb versuchen die
Baufirmen ihr Glück immer mehr über eine ,Versubbung', d.h. sie ziehen zur
Ausführung ihrer Aufträge Subunternehmen heran, die sich leichter den
Gesetzen und Tarifen entziehen können. Auf diese Weise versuchen sie, ihre
Konkurrenz zu unterbieten, verschärfen damit allerdings allgemein den Druck,
dem sie damit zu entkommen versuchten. Was den Tarifkonflikt besonders
brisant macht, ist der noch relativ hohe Anteil der Kosten für die Ware
Arbeitskraft. Während beispielsweise im Metallbereich die Ausgaben für Löhne
durchschnittlich nur noch 10 ? 20% der laufenden Kosten ausmachen, liegt
dieser Anteil in der Baubranche etwa bei 40 ? 50%.
Heute sind im Bauhauptgewerbe noch rund 950.000 Arbeiter beschäftigt. Seit
1995 wurden im Baugewerbe und der Bauindustrie rund 500.000 Arbeitsplätze
abgebaut und in einigen Regionen ist bereits fast jeder zweite Bauarbeiter
arbeitslos. Die von den Subfirmen eingesetzten Arbeiter müssen für oft
weniger als 5 Euro die Stunde arbeiten. Wenn sie überhaupt den Mindestlohn
erhalten, dann gibt es oftmals keine Entlohnung für Überstunden, horrende
Abzüge für die Unterkünfte in den Wohncontainern und ähnliche Regelungen.
Dabei sind solche Arbeitsplätze nicht einmal sicher. Fast 300.000
ausländische Arbeiter werden über sogenannte Kontingentverträge nur einige
Monate lang beschäftigt. Dazu kommen nochmals schätzungsweise eine Viertel
Million Arbeiter, die als illegal beschäftigt gelten.
Nachdem die Baufirmen sich im Konkurrenzkampf runtergeschraubt haben, ist
ihre Bindung an feste Tarife nicht mehr besonders ausgeprägt. Nur etwa 60%
der Baubetriebe sind noch tarifgebunden, im Osten ist ihr durchschnittlicher
Anteil sogar nur halb so hoch. In der Folge hat es sich fast schon als Regel
eingespielt, dass die Mindestlöhne, die ursprünglich für ungelernte
Bauhelfer im Westen mit 9,80 und im Osten mit 7,50 Euros festgelegt wurden,
zum Richtwert für Facharbeiter wurden.

Der Streik der IG BAU

In diesem Szenario bahnte sich der Konflikt bei den Tarifverhandlungen seit
Februar fast unausweichlich an. Die IG BAU stellte folgende Forderungen auf:
4,5% mehr Lohn ohne Kompensation (Verzicht auf Überstundenzuschläge, etc.),
keine Verschlechterung der Rahmenverträge,  höhere Mindestlöhne in West und
vor allem in Ost (Angleichung an 9,80 Euros im Westen), Einführung eines
Mindestlohnes für Facharbeiter, 37-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich
und Berufsausbildung als Grundlage der Eingruppierung.
Die Antwort der Baufirmen bestand in einem Angebot für eine Tariferhöhung um
1,75%, keine Erhöhung der Mindestlöhne und Absenkung des Lohnniveaus im
Osten um 10%, Entwertung des DDR-Gesellenbriefes, Bezahlung nach Leistung
und nicht nach Qualifikation, Wiedereinführung der 6-Tage- und
60-Stunden-Woche, Rücknahme von Errungenschaften wie Fahr- und
Überstundengeld. Das Ziel der zwei Bauunternehmerverbände mit diesem
Vorgehen war offenbar nicht nur die Kündigung aller Rahmentarifverträge,
sondern auch die Zerschlagung der Gewerkschaft und damit eine Branche
überhaupt ohne Tariflohn und eine künftige Aushandlung auf unterster Ebene.
Auf diese Herausforderung wurde für die IG BAU der Streik zur
Überlebensfrage. Und das unter besonders schwierigen Bedingungen. Erstens
gibt es in der Baubranche praktisch keine einsatzfähigen kontinuierlichen
Strukturen, keine Betriebsgruppen im üblichen Sinne. Zweitens beschäftigt
jede Baustelle eine Vielzahl von Branchen, in denen kein Aufruf zum Streik
erfolgte. Das betrifft nicht nur die Bereiche des Baunebengewerbes - was auf
die IG BAU selbst zurückfällt, sondern vor allem auch die Betriebe aus dem
Metallbereich. Und drittens wurde der erste Flächenstreik in der
Bauindustrie seit 1949 nötig, wofür wertvolle eigene Erfahrung also
schlichtweg fehlte.
Der Auftakt zum Streik begann jedoch mit einem deutlichen Signal: 98,63% der
Gewerkschaftsmitglieder stimmten in der Urabstimmung für den Streik. Die
darin ausgedrückte Stimmung erzeugte das nötige Selbstvertrauen und einen
zusätzlichen Mobilisierungsschub. Die Solidarisierung griff auch auf andere
Gewerkschaften über. AktivistInnen aus der IG Metall und Verdi verstärkten
die Streikposten und in Berlin unterstützte ein Demozug von Warnstreikenden
aus den Kindertagesstätten die Streikposten vor einer Baustelle in ihrer
Abwehr von Streikbrechern.
Auch internationale Solidarität war hier spürbar: bereits während der
Warnstreiks am 7. Juni legten auch ausländische Belegschaften trotz massiver
Drohungen durch ihre Bauleiter die Arbeit nieder. Mit Beginn des
Arbeitskampfs war eine Unterstützung aus zahlreichen Ländern angekündigt:
von Gewerkschaften aus Polen (Budowlani), der Slowakei (Stavba), Dänemark
(BAT-Kartellet), der Schweiz (GBI) und Österreich (Gewerkschaft Bau-Holz im
ÖGB). Zahlreiche andere europäische Gewerkschaften folgten. Gerade eine
Branche wie der Baubereich zeigt unmittelbar die Sackgasse nationaler Wege
und die Notwendigkeit internationaler gewerkschaftlicher Kooperation.
Unmittelbare Erfolge zeigten sich bei den ausländischen Arbeitern, die als
Streikbrecher zu den Baustellen gebracht wurden und schließlich gleich
gruppenweise die Fronten wechselten.
Bereits am ersten Tag des Streiks legten rund 8.000 Arbeiter auf etwa 500
Baustellen in Hamburg, Bremen, Magdeburg, Berlin und im Ruhrgebiet die
Arbeit nieder. In drei Wellen wurden die nächsten Tage weitere Belegschaften
und Baustellen und neue Regionen mit einbezogen. Wenn ein streikender
Arbeiter täglich den Bossen durchschnittlich 500 Euro kostet, betrug der
Verlust für die gesamte Bauwirtschaft binnen weniger Tage zweistellige
Millionenbeträge. Zuletzt streikten rund 32.600 Arbeiter auf 2.837
Baustellen.
Die Ausweitung des Streiks erfolgte gelegentlich mit einer sehr kurzen, aber
wirksamen Überzeugungsarbeit. Streikende besuchten eine noch nicht
bestreikte Baustelle, riefen die dortigen Arbeiter zur Niederlegung ihrer
Arbeit auf, durchkämmten dann die Baustelle nach etwa noch verbliebenen
Streikbrechern und machten die Baustelle dicht. Diese solidarisierenden
Übernahmen von Baustellen verdeutlichten rasch die Bedeutung des Begriffes
,rustikaler Streik'. In einigen Fällen wurden solche Übernahmen auch mit
einer kombinierten Taktik erreicht, wie in Frankfurt, wo eine Großbaustelle
am Westhafen von als Piraten verkleideten jungen GewerkschafterInnen, die
mit Booten über den Main kamen, geentert wurde und ein Demonstrationszug von
Streikenden über den Haupteingang auf die Baustelle strömte. In anderen
Fällen war es auch zweckmäßig, den Straßenverkehr zu blockieren.
Auch die Gegenseite entwickelte ihre besondere Kreativität: mit ständigen
Provokationen vor den bestreikten Baustellen mit angeheuerten und teilweise
sogar extra eingeflogenen Streikbrechern, denen mit dem Nichtbezahlen des
Rückflugtickets gedroht wurde, mit Kündigungsdrohungen und Einsperren von
Streikenden, Rechtsanwälten und gerichtlichen Verfügungen, Türstehern zum
Schutz von Streikbrechern, Polizeieinsätzen, als Bauhandwerker verkleideten
Polizisten und unzähligen weiteren Maßnahmen. Die Massenmedien zeigten auch
im Baustreik wieder fast durchgängig, welche Funktion sie haben und für wen
sie letztlich Stimmung machen. Die Streikenden wurden vorzugsweise entweder
als biertrinkende Grillgruppe oder als gewalttätiger Mob dargestellt, die
mit ihren überzogenen Forderungen den möglichen Konjunkturaufschwung
verhindern.
Aufgrund der besonderen Stellung der Gewerkschaftsbürokratie, ihrer
Spezialisierung auf einen Klassenkompromiss mit gegensätzlichen
Legitimationszwängen muss von Anfang an auch bedacht werden, dass die
führenden Funktionäre nicht nur Kontrahenten des Kapitals, sondern auch sein
verlängerter Arm sind. Die problematische Rolle der Gewerkschaftsbürokratie
zeigte sich zunächst während des Streiks in der oft zögerlichen Haltung
gegenüber einer Ausweitung des Streiks. Hier preschten engagierte Aktivisten
vor und meldeten der Gewerkschaftsführung dann den Streik auf weiteren
Baustellen.
Am deutlichsten zeigten sich die Probleme mit dieser Führung aber vor allem
im Zuge der Beendigung des Streiks. Durch die geringe Streikerfahrung der
Gewerkschaftsbasis konnte die zentralisierte Bürokratie die Mobilisierung
rasch wieder abwürgen. Die dazu führenden Verhandlungen mit der Vertretung
der Firmenseite wurden ohne Ankündigung gegenüber den streikenden Arbeitern
wieder aufgenommen, die neuen Vorschläge wurden gegenüber der
Gewerkschaftsbasis geheim gehalten und einige Belegschaften wurden ohne
Diskussion und Abstimmung von den Gewerkschaftsfunktionären als ,Zeichen des
guten Willens' wieder zur Arbeit geschickt. Die Geheimhaltung der
Verhandlungen vor der eigenen Mitgliedschaft löste beispielsweise an der
Baustelle des Beisheim-Centers in Berlin vor allem dadurch Empörung aus,
weil offenbar verschiedene Gruppen von Streikbrechern die Informationen über
die anstehende Aussetzung des Streiks bereits vor den Streikenden selbst
erhielten.
Als allgemeines Problem zeigte sich die Vielzahl der in unterschiedlichen
Branchen Beschäftigten auf den Baustellen. Zur Verringerung dieses Problems
hätte die IG BAU von Anfang an die Beschäftigten aus dem Baunebengewerbe mit
in den Arbeitskampf führen und ein gemeinsames Vorgehen mit der IG Metall
hätte vereinbart werden müssen, um die auf den Baustellen beschäftigten
Metaller nicht in die Rolle potentieller Streikbrecher zu bringen. Anstatt
einer abstrakten Unterstützungserklärung hätte die IG Metall ihre Mitglieder
auf den Baustellen zur aktiven Beteiligung an den Streiks auffordern sollen.
Das Ziel des Industriegruppenprinzips ,ein Betrieb - eine Gewerkschaft'
hätte hier erweitert werden müssen: alle auf den Baustellen beschäftigten
Gewerkschafter hätten in einen gemeinsamen Kampf geführt werden müssen, für
den eine entsprechende Kooperation der Gewerkschaftsführung erforderlich
gewesen wäre. Indem das nicht geschah, stieß der Flächenstreik bald an seine
Grenzen der Ausweitung.
Als Fazit kann jedenfalls eine ausgesprochen hohe Kampfbereitschaft und ein
gestiegenes politisches Bewusstsein bei den Bauarbeitern festgestellt
werden. Sie erlebten nach der Boomphase nach dem 2. Weltkrieg, wo ihre
Branche als wirtschaftliche Lokomotive galt, einen kontinuierlichen Abstieg
ihres Ansehens. Die moderate Verhandlungsführung ihrer Gewerkschaft wollten
sie keineswegs länger hinnehmen. Sie wollten nicht mehr länger ihre letzten
Errungenschaften ausverkaufen lassen und auf Verzicht getrimmt werden,
während sie einen Prachtpalast nach dem anderen hochziehen. Entsprechend
dieser Stimmung wird die Gewerkschaftsführung für das Ergebnis des jetzigen
Abschlusses eine fast 100%ige Zustimmung wie zum Beginn des Streiks kaum
erwarten dürfen. IG Bau-Pressesprecher Knoche versucht das noch schön zu
reden: "Wir rechnen mit einer Zustimmung der Kolleginnen und Kollegen von
deutlich über 50 %.

Was das Ergebnis anbelangt, ist die lange Laufzeit des Abkommens und die
Höhe der Tarife nicht besonders gut: eine Einmalzahlungen von 75 Euro für
die Monate Juni, Juli und August (nur im Westen), eine Erhöhung der Löhne,
Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 3,2 % ab September und weitere 2,4 %
ab April 2003 ohne Kompensation. Der Facharbeiterlohn beträgt ab September
14,43 Euros im Westen und 12,87 im Osten. Weiterhin gilt eine Erhöhung der
Mindestlöhne im Osten von 8,63 auf 8,75 Euro ab September diesen und auf
8,95 Euro ab September nächsten Jahres und im Westen auf 10,12 und 10,36
Euros. Als gewisser Fortschritt kann auch die Einführung von Mindestlöhnen
von 12,47 Euro für Facharbeiter im Westen und 10 Euro im Osten ab September
2003 gesehen werden. Aber entscheidend ist der prinzipielle Erfolg in der
Verteidigung des Flächentarifs und die gelungene Abwehr des generell
angelegten Angriffs der Unternehmerverbände auf die Gewerkschaft.
Eine besondere Rolle kommt noch Berlin zu, das zwar formal zum Tarifgebiet
West gerechnet wird, faktisch aber von Unternehmensseite in das Tarifgebiet
Ost eingegliedert werden soll. Prompt überraschten die Firmenvertreter auch
mit der Weigerung der Einmalzahlungen von 75 Euro. Daraufhin musste die IG
BAU für dieses Gebiet am 2. Juli eine weitere Verhandlungsrunde durchführen
und eine Fortsetzung des Streiks ins Auge fassen. Im Gegenzug stellte sie
auch die Standortsicherungsklausel in Frage, wonach die Möglichkeit einer um
6% reduzierten Vergütung besteht. Als Verhandlungsresultat ergab sich dann
eine Einigung auf Einmalzahlungen von 60 Euros und eine Verringerung in
dieser Klausel auf 5%.

Fazit

In der letzten Tarifrunde stand die IG BAU gewissermaßen mit dem Rücken zur
Wand. Die Bosse versuchten unter dem gestiegenen Druck des Wettbewerbs nicht
nur, die Lohnkosten extrem zu drücken und die Arbeitskräfte zu einer
flexiblen Manövriermasse zu machen; sie wollten zugleich auch die
Gewerkschaft möglichst weitgehend schwächen.
Dabei saßen der IG BAU und vielen Gewerkschaftern gerade in Berlin noch die
Niederlage im Streik 1997 im Nacken, wie auch die Erinnerung an recht starke
rassistische Äußerungen der Belegschaften in den 1990er Jahren und auch im
1997er Streik. Gerade was diesen Punkt betrifft, hat sich am Bau viel zum
Besseren geändert.
Gerade weil ausländische Kollegen aktiv einbezogen wurden, gerade weil die
Bauarbeiter auf portugiesische und andere nicht-deutsche Arbeiter, die als
Streikbrecher missbraucht werden sollten, aktiv zugingen und so für den
Streik gewinnen konnten, war der Arbeitskampf letztlich erfolgreich.
Die Bauarbeiter wiederum sahen sich konfrontiert mit einer Bilanz der
letzten Jahre, die ihnen zeigt, dass ihr Entgegenkommen keine Arbeitsplätze
geschaffen oder erhalten, wesentliche Einbußen beschert und ihre
Ausgangslage wesentlich verschlechtert hat. Ein weiteres Zurückweichen hätte
die Existenz der IG BAU selbst in Frage gestellt. Ohne aktive Einbeziehung
ihrer Basis, die keine Bereitschaft zu einer weiteren Umverteilung zu ihren
Lasten signalisierte, hätte sie einen massiven Mitgliederschwund verzeichnen
und damit eine spürbare Schwächung ihrer Verhandlungsposition hinnehmen
müssen. Die vergleichsweise relativ energische Streikführung der IG BAU ist
jedoch keine Abkehr von reformistischer Politik; es war eher ein Akt der
Notwehr, eine Verteidigung, die sie als Flucht nach vorne vollziehen musste.
Was trotz der großen Mobilisierungen der vergangenen Monate noch immer sehr
spärlich ergriffen wurde, ist die Nutzung der darin liegenden Möglichkeiten
zur Politisierung. Dabei waren Ansätze mit der Demonstration von 25.000
Bauarbeitern für das Tariftreugesetz vorhanden. Eine politische Dimension
war bislang noch am ehesten spürbar als sozialdemokratisch geprägte
Anti-Stoiber-Stimmung.


Forderungen wie die nach dem Tariftreugesetz sind zweifellos wichtige
Anknüpfungspunkte für einen gemeinsamen Kampf aller Bauerarbeiter und ihrer
Gewerkschaft, die eine weitergehende Politisierung verlangen. Denken wir nur
an den massiven Konkurrenzkampf, an den geradezu permanenten Tarifbruch, an
die stetige Verselbständigung der Subunternehmen. Wie kann eine solche
Problematik gelöst werden? Maßnahmen wie das Tariftreugesetz schränken
zweifellos die Unternehmerwillkür auf diesem Gebiet ein, aber sie beseitigen
 nicht die Ursachen der Probleme.
Statt verstärktem Unterbietungskonkurrenz, statt marktwirtschaftlichem Chaos
auf den Baustellen und Billiglöhnerei sagen wir: Offenlegung der
Geschäftsbücher und Konten, Untersuchung durch die Gewerkschaften und
Vertreter der Belegschaften! Enteignung und Verstaatlichung der Baukonzerne
unter Arbeiterkontrolle! Für ein Programm gesellschaftlich nützlicher
öffentlicher Bauvorhaben - für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die
Errichtung oder Instandsetzung qualitativ hochwertigen Wohnraums für
ArbeiterInnen, Studierende, Jugendliche usw. - unter Arbeiterkontrolle!
Kontrolle der Arbeitsbedingungen, Entlohnung, Einhaltung und Durchsetzung
der 35 Stunden-Woche durch die Beschäftigten. So könnten in kurzer Zeit
hunderttausende Erwerbslose wieder in Lohn und Brot kommen, der
Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung der Boden entzogen werden, indem
alle illegal Beschäftigen automatisch in ein tariflich gesichertes
Arbeitsverhältnis übernommen werden. Schon diese Forderungen würden mit den
Interessen des Kapitals grundsätzlich kollidieren. Sie müssten daher
eingebettet werden in den Kampf gegen Kapital und bürgerlichen Staat.
Um die Bauarbeiter für eine solche Perspektive gewinnen zu können, ist
freilich die aktive Solidarität mit ihrem Kampf unbedingt erforderlich.
Ansonsten wird die deutsche Linke nie über ihren heutigen Zustand mehr oder
weniger schlecht informierter, kleinbürgerliche Nörgelei hinauskommen. Beim
Streik am Bau zeigte sie vor allem Ignoranz und glänzte in der Regel durch
Abwesenheit. Erst nachdem die intensivsten Auseinandersetzungen der ersten
Tage vorüber waren, tauchten einige VertreterInnen linker Organisationen
auf, um ihre Publikationen anzupreisen. Erst in den letzten Streiktagen
beteiligten sich zumindest einige auch als Streikposten.

Weitere Aktionen

Die Tarifkonflikte sind jetzt noch lange nicht zu Ende. Selbst in der
Baubranche ist der endgültige Abschluss noch unsicher, nachdem fast alle
Handwerksverbände im Osten erklärten, das bisherige Verhandlungsergebnis
abzulehnen. Einige andere Branchen befinden sich jetzt gerade in
fieberhaften Vorbereitungen auf ihren anstehenden Arbeitskampf mit erhöhtem
Einsatz. Auch diese verlangen für ihre Mobilisierungen eine breite
Unterstützung. Auch hier wird es wesentlich sein, praktische Solidarität mit
einem Kampf um innergewerkschaftliche Demokratie zu verbinden.
Das Mobile Solidaritätskomitee wird auch hier aktiv werden, um den Streik
und die Streikposten zu verstärken und in der Öffentlichkeitsarbeit den
bürgerlichen Massenmedien ein Gegengewicht entgegenzusetzen.

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