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Verfassungsschutz-Skandal

Pleiten, Pech und Pannen?

Hannes Hohn, Neue Internationale 171, Juli/August 2012

Es ist wie verhext: Jahraus jahrein kämpft der deutsche Staat gegen die Nazis, aber immer geht es nach hinten los: Nazi-Organisationen wurden verboten - die Rechten gründeten neue, V-Leute wurden in die Szene eingeschleust - sie waren eifrig bei den Nazi-Aktivitäten dabei und der rechte Terror ging weiter.

Und nun kommt es ganz dicke. Nachdem die Nazi-Terror-Zelle NSU mehrfach MigrantInnen umgebracht hatte, tauchten Fragen auf, wie es denn sein könne, dass der Verfassungsschutz von diesem blutigen Treiben nichts mitbekommen hat? Es wurde ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss installiert, um die Wahrheit und die Ursachen des Versagens der Behörden herauszufinden. „Natürlich“ setzt sich dieser Ausschuss nicht etwa aus Betroffenen oder aktiven AntifaschistInnen, welche die Szene kennen, zusammen, sondern aus ParlamentarierInnen, die - von Ausnahmen abgesehen - mit dem  Kampf gegen Nazis soviel zu tun haben, wie ein Fisch mit dem Fahrrad.

Was die Untersuchungen ans Licht brachten, offenbart das ganze Ausmaß von Unfähigkeit und Unwilligkeit des bürgerlichen Staates, gegen die rechte Szene vorzugehen. Wieder einmal zeigte sich, dass er oft genug auf dem rechten Auge blind ist. Selbst genaue Informationen über Nazis und ihre Verbrechen wurden nicht zum Anlass genommen, die braune Szene auszuheben. Damit machte sich der „demokratische“ Staat am Tod der Opfer von NSU u.a. Nazis mitschuldig! Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man darüber lachen, dass „aus Versehen“ nun auch noch ganze Aktenstapel mit Informationen über die Nazi-Szene geschreddert worden sind.

Die „Extremismus-Keule“

Obwohl - wie die NSU zeigt - offenbar ein neues Level von Gewalt erreicht ist, versteckt sich der Staat hinter dem Argument, „gegen den Extremismus von Rechts und Links“ vorgehen zu müssen. Obwohl die Zahl der Todesopfer der Rechten in die Hunderte geht und selbst lt. offizieller Statistik seit Jahren kein Toter „linker“ Gewalt vorkam, richten sich die Aktivitäten des Staates hauptsächlich und massiv gegen Linke, AntifaschistInnen und jede Form von Widerstand gegen Krise, Krieg oder Demokratieabbau.

Ein beliebtes Opfer der Verfassungsschützer sind natürlich auch „Islamisten“, Muslime, Ausländer  u.a. potentielle „Terroristen“. Da wird schon die Verteilung des Koran zur Bedrohung stilisiert, während das Sammeln von Waffen bei den Nazis offenbar nicht als so gefährlich eingestuft wird.

Das alles ist nicht neu - und es wird sich wiederholen, egal welcher Behördenchef seinen Hut nehmen muss oder wie viele Untersuchungsgremien eingerichtet werden. Warum? Erstens speist sich die Naziszene immer wieder aus den durch die Krise Frustrierten; zweitens bedient der Staat selbst mit seinem Rassismus und Nationalismus die rechte Ideologie - aktuell an der Hetze gegen die „faulen Griechen“ ablesbar. Diese Hetze ist das notwendige Begleitgeplärre zur Politik des deutschen Kapitals, Europa und die Welt seinen Macht- und Profitzwecken zu unterwerfen.

Was tun?

Anstatt Illusionen in die „antifaschistischen“ Ambitionen und Fähigkeiten des bürgerlichen Staates zu schüren, gilt es, eine breite antifaschistische Einheitsfront aufzubauen, die sich - über das linke und autonome Milieu hinaus - auch auf die Arbeiterbewegung (DGB, SPD, LINKE) bezieht und einen politischen Kampf gegen deren oft inaktive reformistische Apparate führt. Vor allem aber kommt es darauf an, eine starke und wirklich internationale Bewegung gegen die Krise und deren Auswirkungen zu schaffen, z.B. indem aktiv Solidarität mit dem Widerstand in Griechenland geübt wird. Letztlich kann nur eine solche Bewegung nicht nur zur Attraktionskraft für alle von der Krise Betroffenen werden und sie den braunen Demagogen entziehen, nur so ist es auch möglich, eine Kraft zu schaffen, welche den Sumpf trockenlegen kann, in dem Krisen, Elend, Rassismus und Faschismus wurzeln: den Kapitalismus.

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Nr. 171, Juli/Aug. 2012
*  Fiskalpakt: Durchmerkeln in der Krise
*  Heile Welt
*  Gewerkschaftslinke: Neustart für Opposition?
*  Verfassungsschutz-Skandal: Pleiten, Pech und Pannen?
*  Energiewende: Windkraft und heiße Luft
*  Berlin: Wir bleiben alle!
*  Politisch-ökonomische Situation: Klassenkampf im Herzen der Bestie
*  Präsidentschaftswahlen in Ägypten: Doppelte Niederlage der Revolution
*  Lage der Frauen in Brasilien: Kleine Erfolge, große Probleme
*  Sommerspiele 2012: Olypmia-Wahnsinn
*  Jugend: Wie weiter im Kampf gegen Bildungsabbau?
*  Griechenland: Perspektiven des Klassenkampfes
*  Strategie: Griechenland und europäische Revolution
*  Solidaritätskomitees mit der griechischen Arbeiterklasse aufbauen!