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Nazi-Aufmarsch in Dresden

Antifa heißt Klassenkampf

Janosch Janglo, Neue Internationale 146, Februar 2010

Am 13. Februar soll zum wiederholten Mal einer der größten Aufzüge nationaler und internationaler faschistischer Kräfte - getarnt als „Erinnerungsmarsch“ zum Gedenken an die Dresdner Bombenopfer des 2. Weltkrieges - stattfinden.

Hausdurchsuchungen im Vorfeld

Schon im Vorfeld hat die Polizei mit Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen von Plakaten und Computern in Berlin und Dresden versucht, den antifaschistischen Widerstand zu kriminalisieren. Anlass dafür waren Plakate mit Blockade-Losungen. Hier zeigt sich erneut, dass der Staat demokratische Rechte wie die auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit immer weiter beschränkt. Einmal mehr hat der bürgerliche Staat damit bewiesen, dass er kein Verbündeter im Kampf gegen Nazis sein kann.

Auch anhand der NPD - Hauptorganisator des Aufmarsches - zeigt sich, wie tief der Staat selbst mit rechten Szene verbandelt ist. Durch Einschleusung von Geheimdienstlern auch in Spitzenpositionen (jeder siebte Funktionär der NPD arbeitet für den Verfassungsschutz) wird die Nazi-Szene nicht nur „überwacht“, sondern auch mitgelenkt und aufgebaut.

Zudem besteht immer die Gefahr, dass der bürgerliche Staat faschistische Organisationen in Krisenzeiten als Stoßtrupp gegen Linke, MigrantInnen und die gesamte organisierte Arbeiterbewegung benutzt.

Auch deswegen wäre es naiv, den Kampf gegen Faschisten dem bürgerlichen Staat zu überlassen oder zu hoffen, dass dieser die Nazis verbietet. Letzteres hat er wiederholt sogar getan - mit dem Erfolg, dass sich die Rechten unter anderem Logo erneut organisiert haben.

Diese Verbots-Perspektive, die auch von vielen Linken (z.B. DKP, MLPD) geteilt wird, ist unwirksam und gefährlich. Anstatt die Aktivität und die Organisierung von Antifaschisten, Linken, ImmigrantInnen und ArbeiterInnen zu fördern, werden Illusionen in den bürgerlichen Staat geschürt.

Bürgerlicher Staat

Auch die gegenwärtige rassistische Hetze etlicher Politiker und der Medien gegen „Islamisten“ zeigt, dass der Staat und bürgerliche Politiker auf der anderen Seite der Barrikade stehen. Hier werden die Interessengegensätze zwischen Kapitalisten und Lohnabhängigen verschleiert, indem deutsche und nichtdeutsche Menschen gegeneinander aufgehetzt werden. Für diese Spaltung ist die nationalistische und rassistische Propaganda der Nazis durchaus nützlich. Warum sollte der Staat sie also bekämpfen?

Dass der bürgerliche Staat in Zeiten drohender sozialer Unruhen nicht untätig bleiben kann und die Repression nach innen gegen politische Gegner immer weiter verschärft, muss jedem, der klar denken kann, einleuchten. Ergebnis dessen ist zum Beispiel die Verschärfung des sächsischen Versammlungsrechts durch die sächsische CDU/FDP-Landesregierung.

Mit antifaschistischen Alibi-Aktionen (Lichterketten, Gebete, Bürgerfeste usw.) versucht die offizielle Politik, die Massen von antifaschistischen AktivistInnen und Linken fernzuhalten. Dazu werden Linke und Rechte als „Extremisten“ in einen Topf geworfen.

Auf den beschlagnahmten Plakaten ruft das Bündnis, das gegen den Naziaufmarsch mobilisiert hat und u.a. von Linkspartei, Bündnis 90/Die Grüne, Autonomen, Einzelgewerkschaften, Piratenpartei, ATTAC, DKP und MLPD unterstützt wird, zu Massenblockaden, sprich zivilem Ungehorsam auf. Das reicht der Staatsanwaltschaft schon als Vorwand zur Kriminalisierung und Beschlagnahme!

Ziviler Ungehorsam?

Zweifellos sind Massenblockaden ein wichtiges und richtiges Mittel im Kampf, den Nazis Aufmärsche zu verwehren. Aber der Aufruf des Bündnisses geht hier in der Betonung der „friedlichen Methoden“ seines Vorgehens einen Schritt zu weit. So heißt es: “Dieses Ziel eint uns über alle sozialen, politischen oder kulturellen Unterschiede hinweg. Wir sind bunt und wir stellen uns dem braunen Mob in den Weg. Von uns wird dabei keine Eskalation ausgehen.“

Die Demonstrationen, wie der G8-Gipfel in Rostock, wo „ziviler Ungehorsam“ einfach von der Straße gespritzt und geprügelt wurde, zeigen ganz deutlich, wie naiv und gefährlich solche Ansichten sind. Das Versprechen eigener Gewaltlosigkeit hält DemonstrantInnen davon ab, sich auf die Gewalt der Rechten, aber auch der Polizei vorzubereiten und einen effektiven, demokratisch bestimmten Selbstschutz zu organisieren.

Wer die Gewaltfrage und die Frage der Verteidigung ausblendet, denkt nicht zu Ende, was effektives Blockieren bedeutet. Was sollen die DemonstrantInnen tun, wenn es zu einer direkten Konfrontation mit Faschisten kommt? Was tun, wenn die Bullen mit Knüppeln, Wasserwerfern und Tränengas das Versammlungsrecht der Nazis verteidigen und durchsetzen wollen? Ohne organisatorische und politische Vorbereitung heißt das, die DemonstrantenInnen ins offene Messer bzw. in den Knüppel laufen lassen.

Es ist nicht verwunderlich, aber trotzdem fatal, dass immer wieder auch der Gewerkschaftsapparat und die Linkspartei den „antifaschistischen Schulterschluss“ mit bürgerlichen Parteien, mit Kirchen, mit der Polizei (Sicherheitspartnerschaft) und Unternehmerverbänden suchen. Doch wie soll der Kampf gegen den Faschismus funktionieren, wie sollen breitere Bevölkerungsschichten und v.a. von der Deklassierung bedrohte dafür gewonnen werden, wenn man in einem Boot mit den Sozial-Kürzern, Milliarden-Spekulanten und Job-Killern sitzt?!

Wirkungsvoller Kampf gegen den Faschismus bedeutet letztlich Klassenkampf. Nur wenn die organisierte Arbeiterbewegung den Nazis entgegentritt, können sie wirklich geschlagen werden. Nur die Arbeiterklasse als soziale Kraft ist dazu in der Lage. Sie kann durch keine auch noch so militante Antifa oder Linke ersetzt werden.

Natürlich sind rassistische, nationalistische u.a. reaktionäre Auffassungen auch in der Arbeiterklasse verbreitet - wie auch anders, da das „normale“ Bewusstsein der Klasse ein bürgerlich-reformistisches ist. Doch um es zu bekämpfen, um das eigentliche Klassenbewusstsein - also ein revolutionäres - in der Klasse zu entwickeln, ist es auch notwendig, den Reformismus politisch zu bekämpfen.

Dazu gehört nicht nur Kritik, dazu ist es auch notwendig, Forderungen an die reformistischen Führungen zu stellen. Nur so, in der Praxis, können diese Führungen von deren AnhängerInnen getestet und entlarvt werden. Das aber will der überwiegende Teil der Antifa bzw. der Autonomen nicht. Ihre Konzeption einer „Ersatzavantgarde“ an Stelle des angeblich verbürgerlichten Proletariats ist nicht nur falsch. Sie gibt den Kampf um die Klasse auf und überlässt sie ihren reformistischen Verführern.

Die Einbeziehung der Arbeiterklasse und Jugendlichen in den antifaschistischen Kampf würde nicht nur das Kräfteverhältnis entscheidend verbessern, sondern auch verhindern, dass die braune Ideologie an Boden gewinnen kann. Um das Anwachsen von faschistischen Gruppierungen zu verhindern, muss auch der Kampf gegen die Verarmung immer größerer Teile der Arbeiterklasse und der Jugend geführt werden.

Keine Plattform, keine Rede- und Versammlungsfreiheit für Faschisten! Zerschlagt die NPD u.a. Nazi-Organisationen!

Für den Aufbau einer bundesweit koordinierten antifaschistischen Aktionseinheit! Für die Schaffung antifaschistischer Selbstschutzgruppen, unterstützt von Gewerkschaften, Parteien der Arbeiterbewegung, der Linken und Migrantenorganisationen!

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Nr. 146, Februar 2010
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