HaHo, Neue Internationale 104, Oktober 2005

Jeder kennt die Kieler Woche. Neuerdings bedeutet Kieler Woche auch, dass der Wahlsieger hinterher nicht der Gewinner ist, stimmt’s, Genossin Simonis? Schwarze Schafe statt weißer Segel.

Nun ist überall Kieler Woche! Alle erklären sich zum Sieger, obwohl alle verloren haben: die SPD die Regierung, die Grünen die Roten, die CDU die Wahl, die FDP die CDU.

Eine Wahlregatta mit viel Wind - doch ohne klaren Gewinner. Vor allem die Kapitalisten sind verärgert. Sie wollten ein Schlachtschiff als Regierung, nun bekommen sie vielleicht nur eine kunterbunte Jolle oder aber einen trägen schwarzroten Tanker mit wechselnden Kapitänen. Doch egal, welcher Kahn an den Start geht: Untern Kiel kann man immer geraten!

Dabei hatten die Wähler doch klare Alternativen! Die Union steht für unsozialen Sozialabbau, die SPD für sozialen Sozialabbau, die Grünen für Sozialabbau mit Aufforstung, die FDP für Sozialabbau mit Kahlschlag.

Nur die Linkspartei hängt noch am Sozialstaat - wie ein Schlafwandler am goldnen Geländer einer Ruine und träumt, während die Abrissbirne schon ganz praktisch ans Gemäuer kracht, ihre „neue soziale Idee“. Das Neue ist in dem Fall allerdings nur steinalte SPD-Politik. Die Plakate mit der „neuen sozialen Idee“ gehen ganz gut auf den alten Leim, doch zum Glück nicht die gesamte soziale Basis.

Es gab auch eine menschliche Tragödie: den Untergang der Demoskopen, denn Irren ist menschlich. Die Ära der Demoskopen ist vorüber, nun beginnt die Stunde der Kaffeesatz lesenden Kommentatoren. Was ist wahrscheinlicher? Ampel oder Schwampel, Tuschkastenkoalition (Rot, Schwarz, Gelb, Grün) oder Große Koalition mit wechselndem Kanzler (Hase und Igel-Koalition). Oder eine neue Neuwahl?

Manchen geht bei all der Ampelei auch ein Licht auf. Sie merken, was auf die Irrlichterei der Kieler Wochen folgt - Weimarer Jahre.

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