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Nach den EU-Wahlen

Nein zu Neoliberalismus und Kriegstreiberei!

Flugblatt der L5I für das Vorbereitungstreffen des europäischen Sozialforums am 19. und 20. Juni in Berlin, Infomail 173, 23. Juni 2004

"Die wichtigste Aufgabe des Berliner Treffens besteht in der Vorbereitung der Versammlung der sozialen Bewegungen in London, so dass diese einen wirklichen Aufruf zum Kampf entwickelt."

Die Europäische Versammlung zur Vorbereitung des ESF tritt zu einem wichtigen, aber auch schwierigen Zeitpunkt für die Europäischen Sozialen Bewegungen zusammen. Die EU-Wahlen haben den regierenden kapitalistischen Parteien eine Abfuhr erteilt.

In Deutschland erlitt die SPD eine dramatische Niederlage und verlor fast drei Millionen WählerInnen verglichen mit den letzten EU-Wahlen. Die Agenda 2010 hat eine klare Absage erlitten. Viele stimmten für die PDS, Millionen boykottierten die Wahlen. In Frankreich haben Millionen die rechte Regierung Chirac/Raffarin abgestraft. In Italien musste das Kabinett Berlusconi eine herbe Niederlage einstecken. In Britannien erlitt die regierende Labour Party massive Stimmverluste.

Alle diese Regierungen waren und sind verantwortlich für die koordinierten neo-liberalen Angriffe, für Angriffe auf AsylbewerberInnen und ImmigrantInnen und - wie in Italien und Britannien - für den brutalen imperialistischen Angriff auf den Irak.

Diese europäischen Regierungen haben sich der Agenda des EU-Gipfels von Lissabon aus dem Jahr 2000 verpflichtet, die die Festung Europa in die Lage versetzen soll, auf "gleicher Augenhöhe" den USA ökonomisch, militärisch und politisch gegenüberzutreten. Aus diesem Grund haben sie einen strategischen Angriff auf die europäische Arbeiterklasse gestartet, um einen "flexibleren", deregulierten Arbeitsmarkt zu schaffen, Rechte wie den Kündigungsschutz für die Beschäftigung auszuhebeln, die Arbeitszeit zu verlängern und den Öffentlichen Dienst zu privatisieren.

Auch wenn in Britannien vieler dieser Ziele schon durch die Regierung Thatcher durchgesetzt wurden, hat das Kabinett Blair das neo-liberale Projekt weiter fortgesetzt und ausgeweitet. Auf dem Kontinent besitzt die Arbeiterklasse noch immer Errungenschaften aus der Nachkriegsära. Das Projekt der europäischen Kapitalisten wird nun mit der neoliberalen Europäischen Verfassung in eine neue Phase treten.

Die Notwendigkeit einer politischen Alternative

Eine Reihe linker, anti-kapitalistischer und sozialistischer Organisationen hat versucht, eine Alternative zu den Parteien der Bosse bei den EU-Wahlen anzubieten. Aber die meisten konnten gerade ihre Position halten oder wie Rifundazione Communista und PDS leicht ausbauen. Die Liste von LCR-LO in Frankreich hat sogar alle Sitze im Europäischen Parlament verloren, ihr Stimmanteil halbierte sich seit den Regionalwahlen im März dieses Jahres auf rund 3,3%. Die von SWP dominierte RESPECT-Koalition brachte es in Britannien gerade auf 1,5% der Stimmen. Unabhängig von den jeweiligen Bedingungen in den einzelnen Ländern zeigte sich bei Wahlen für die Massen keine politische Alternative gegen den Angriff der Bosse.

Das zeigt, dass unsere Bewegung keineswegs den Weg einer passiven elektoralen Orientierung und Politik gehen darf, zumal wir eine Bewegung sind, die aus Massenaktionen auf der Straße entstanden ist. Unglücklicherweise sind wir in Teilen der anti-kapitalistischen Bewegung mit einer zunehmenden Tendenz konfrontiert, die Jagd nach Stimmen zu fetischisieren. So erklärt die französische LCR den Stimmenverlust bei Wahlen zwar mit einem Rückgang der sozialen Kämpfe, vergisst aber zu erwähnen, dass sie selbst angesichts eines "Durchbruchs" bei den Europawahlen den Aufruf für einen "sozialen 15. Februar" beim ESF in Paris beiseite schob. In Britannien hat es die SWP selbst angesichts der Empörung gegen die Folterpraktiken der Armee nicht geschafft, eine militante Anti-Kriegsbewegung auszubauen, weil sie sich statt dessen auf eine populistische, klassenübergreifende Wahlallianz mit der muslimischen Gemeinde und einem ehemaligen Labour-Abgeordneten konzentrierte. Am Wahltag blieben sie dann selbst in London unter fünf Prozent der Stimmen und in den anderen Landesteilen war ihr Abschneiden geradezu blamabel.

In der aktuellen Situation braucht die Bewegung keine Wende zu einer Wahlorientierung, sondern zum Aufbau einer Massenbewegung auf der Straße und in den Betrieben. Sie darf dabei den Regierungen des Kapitals, ihren Armeen, Gerichten und Bullen keine Unterstützung geben. Sie muss vielmehr für ein Europa der Arbeiter, für Arbeiterregierungen kämpfen, die aus der Mobilisierung hervorgehen und sich auf Aktionsräte und Massenversammlungen stützen. Sie muss eine wirkliche Führungsrolle einnehmen, in sie einen Weg zum Kampf weist und eine Strategie vertritt, wie dieser gewonnen werden kann. Kurzum, wir brauchen eine Bewegung, die bereit ist, die Arbeiterklasse im Kampf um die Macht zu führen.

Massenaktionen gegen Krieg, Rassismus und Neoliberalismus

Unsere Bewegung hat erfolgreich Gipfeltreffen der Kapitalisten belagert und zum Stillstand gebracht. Millionen konnten gegen den Krieg der USA und Britanniens mobilisiert werden. Beim Europäischen, Asiatischen und beim Weltsozialforum fanden Massenversammlungen antikapitalistischer AktivistInnen statt.

Aber die Entwicklung schreitet in Europa rasch voran. Die Angriffe auf die Rechte der Arbeiterklasse, auf Renten, Sozialleistungen, die imperialistischen Ambitionen der europäischen Mächte erfordern, dass wir JETZT den Widerstand organisieren, JETZT agieren. Die sozialen Bewegungen - allen voran die Gewerkschaften - dürfen auf die Angriffe nicht passiv reagieren, sondern sie mit Massenaktionen auf der Straße und in den Betrieben abwehren. Dazu ist jedoch eine neue politische Kraft auf Grundlage eines Aktionsprogramms notwendig.

Die Schlüsselrolle der Versammlung der Sozialen Bewegungen

Die Versammlung der Sozialen Bewegungen hat Millionen gegen den Krieg mobilisiert und auf die Straße gebracht. Dieselbe Versammlung kann und muss eine Erklärung verabschieden, die in ganz Europa Massenaktionen gegen Neoliberalismus, Rassismus und imperialistischen Krieg initiiert. Dazu brauchen wir einen Aktionsplan. Das heißt auch eine Rückkehr zur Mobilisierung gegen die Gipfel der imperialistischen FührerInnen. Insbesondere gegen den G 8 Gipfel, der 2005 in Britannien stattfindet, sollte gemeinsam mit den Ziel mobilisiert werden, den Gipfel im Musterland des europäischen Neoliberalismus zu blockieren. Gleichzeitig müssen wir den Kampf gegen die Europäische Verfassung und gegen die Besetzung des Irak in den Mittelpunkt rücken.

Daher schlägt die Liga für die Fünfte Internationale der Berliner Vorbereitungsversammlung folgendes vor:

(a) Eine europaweite Arbeitsgruppe soll zur Vorbereitung der Versammlung der Sozialen Bewegungen gebildet werden. Sie soll dem Vorbereitungstreffen im September Bericht erstatten. Dort sollten alle Vorschläge für eine Erklärung der Sozialen Bewegungen verbreitet und diskutiert werden. Außerdem sollte dort ein Prozedere festgelegt werden, wie die Versammlung in London arbeiten soll, wie Entscheidungen getroffen werden, wie mehr AktivistInnen aus den Gewerkschaften, den Betrieben und den sozialen Bewegungen nach London mobilisiert werden können. Kurzum: die Versammlung der Sozialen Bewegungen soll ins Zentrum des ESF gerückt werden.

(b) Während des ESF soll eine Koordinierung der Sozialen Bewegungen, d.h. eine möglichst große und repräsentative Versammlung aller teilnehmenden Organisationen und Gruppierungen täglich am zentralen Ort des ESF (d.h. Alexandra Palace) zusammentreffen, so wie es in Florenz organisiert war. Diese tägliche Versammlung sollte über den Fortgang und die Entwicklung des ESF diskutieren, die Abschlussdemonstration und die Versammlung der Sozialen Bewegungen vorbereiten.

(c) Das Ziel der Koordinierung muss in einer engen Verwurzelung im ESF bestehen, d.h. sie muss die Diskussionen und Vorschläge der Plena, Seminare und Workshops aufgreifen und dazu VertreterInnen aus den ESF-Foren einladen, um ihre Aktionsvorschläge zu unterbreiten. Ziel der Koordinierung müsste es sein, einen Entwurf für die Abschlusserklärung zu erarbeiten - dafür haben wir einen eigenen Entwurf ausgearbeitet - und einen Aktions- und Mobilisierungsplan für 2005 zu erstellen.

Falls die Koordinierung nicht in der Lage ist, einen Konsens zwischen den verschiedenen Vorschlägen zu entwickeln, sollten diese der Versammlung der Sozialen Bewegungen vorgelegt, dort offen debattiert und durch Abstimmung beschlossen werden.

Alle jenen, die dagegen einwenden, dass wir keine Abstimmungen durchführen könnten, weil das gegen die Prinzipien von Porto Alegre verstoßen würde, antworten wir folgendermaßen: Erstens sind wir gegen diese "Prinzipien", weil sie eine effektive Aktionsorientierung verhindern. Zweitens wird die Versammlung der Sozialen Bewegungen ohnedies nicht durch die Porto Alegre-Prinzipien bestimmt, da sie offiziell gar nicht Teil des ESF/WSF-Prozess ist. So heißt es in Punkt 7 der Prinzipien von Porto Alegre:

"Nichtsdestotrotz muss Organisationen oder Gruppen von Organisationen, die an den Treffen des Forums teilnehmen, das Recht zugesichert werden, während solcher Treffen, Erklärungen oder Aktionen zu beratschlagen, über die sie, einzeln oder in der Koordination mit anderen Teilnehmern, beschließen können. Das Weltsozialforum beabsichtigt, solche Beschlüsse mit den ihm zur Verfügungen stehenden Verteilungsmitteln weiter zu verbreiten, ohne sie zu lenken, zu hierarchisieren, zu kritisieren oder einzuschränken, sondern als Ergebnisse der Organisationen oder der Gruppen von Organisationen, welche die Beschlüsse getroffen haben."

Warum ist das so wichtig?

Die Versammlung der Sozialen Bewegungen ist ein Treffen, dass im Rahmen des ESF-"Raums" stattfindet und dessen Erklärungen nicht mit dem ESF zusammenfallen. Aber es ist gleichzeitig vollkommen eigenständig und kann seine Einscheidungen auf jede Art fällen, die es selbst bestimmt.

Wir fürchten, dass die anti-kapitalistische Bewegung - sollte sie oben skizzierten Kurs nicht einschlagen - trotz ihrer großen Erfolge zu einer reinen Quatschbude degeneriert, die von den rechten Teilen der Bewegung bestimmt wird. Die Vorbereitung zum Londoner ESF ist schon jetzt dem Druck der Londoner Stadtverwaltung und des britischen Gewerkschaftsdachverbandes TUC ausgesetzt, die es als Diskussionsforum der Bürokratie und als "netten" Event missbrauchen wollen, um den Londoner Bürgermeister Ken Livingston etwas radikaler erscheinen zu lassen.

Das wollen wir nicht. Wir wollen eine kämpferische und kämpfende Bewegung. Eine Bewegung, die eine neue Partei, einen neue, Fünfte Internationale aufbaut - eine neue Partei der sozialistischen Weltrevolution.

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