Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Spanien

Arbeiter und Jugend vertreiben die lügnerischen Kriegstreiber

Infomail 160, 19. März 2004

Die Sozialistische Arbeiterpartei Spaniens (PSOE) errang am vergangenen Sonntag einen überwältigenden Wahlsieg. Sie verdankt dies der gewaltigen Antikriegsstimmung in der Bevölkerung und den offensichtlichen Versuchen der bis jetzt regierenden Volkspartei von Jose Maria Aznar, die Angst der Massen und ihre Empörung über die grausamen Eisenbahnanschläge in Madrid in eine Anti-ETA Hysterie zu lenken.

Die Anschläge vom 11.3.2004 haben mittlerweile 201 Opfer gekostet. Die Millionen Protestierenden auf den Straßen haben durchschaut, dass Aznar dies zu seinen Gunsten ausschlachten wollte. Seine Anti-ETA Kampagne ist zum Bumerang geworden. An beiden Tagen vor der Wahl fanden nicht genehmigte Demonstrationen von Tausenden statt, die sich gegen Aznars Versuch wandten, die Wahlen für seinen Feldzug zu missbrauchen.

Plötzlich liefen die endlosen Medienberichte über die grauenvollen Geschehnisse, die Minister aus dem Kabinett Aznars der ETA anlasteten, ins Leere. Erst in letzter Sekunde durfte die Beweiskette durchbrochen werden und das Geschehen wurde mit Al Qaida und damit mit dem Irak-Krieg in Verbindung gebracht.

Dieses Ablenkungsmanöver blieb nicht verborgen. Die Massen erkannten rasch, dass der 'Krieg gegen den Terrorismus' selbst das Land zu einem Ziel für die verbrecherische Politik des Imperialismus gemacht hatten. Insbesondere Erstwähler scheinen ihre Stimme in überwältigendem Maße gegen Aznar abgegeben zu haben.

Der PSOE-Führer und neue Premierminister Jose Luis Rodriguez Zapatero versprach: "Die spanischen Truppen im Irak werden heimkehren". Er sagte in den Medien: "Der Krieg war eine Katastrophe und die Besetzung ist eine Folgekatastrophe. Sie hat nur Gewalt erzeugt." Schöne Worte, doch nach allen Erfahrungen werden Massenaktionen vonnöten sein, um die PSOE an ihre Versprechen zu binden.

Batasuna, die verbotene baskisch-nationalistische Partei, die der ETA nahe steht, hat den Anschlag in Madrid verurteilt und ihr Mitgefühl mit den Opfern erklärt, ebenso wie die ETA. Das ist ein Bruch mit ihrer Tradition, weder Bekennerschreiben noch Dementis ihrer Beteiligung am solchen Aktionen zu veröffentlichen.

Die 'unerwartete' Niederlage Aznars und der Volkspartei PP sollte von den AktivistInnen der antikapitalistischen und Antikriegsbewegung zu Forderungen genutzt werden, die nicht nur den sofortigen Rückzug aller spanischen Truppen aus dem Irak, sondern auch entschlossene Aktionen zum Inhalt haben, die den Krieg der spanischen Zentralregierung gegen das baskische Volk beenden. Hier wird ein wirklicher Kampf geführt werden müssen, denn die PSOE hat bisher alle Maßnahmen Aznars gegen Befürworter des Rechts auf Selbstbestimmung und des Rechts auf Abtrennung vom spanischen Staat unterstützt.

Sie hat auch Aznars Verbot der Batasuna-Partei und einer ganzen Reihe von sympathisierenden Organisationen mitgetragen. Diese Verbote müssen unverzüglich aufgehoben und die vielen inhaftierten baskischen KämpferInnen müssen sofort aus der Haft entlassen werden! Batasuna und ETA haben mehrfach Verhandlungen mit der spanischen Regierung, eine Waffenruhe und die Eröffnung eines 'Friedensprozesses' angeboten. PSOE und PP haben dies gleichermaßen verächtlich mit der Begründung abgetan, dass sie 'niemals mit Terroristen verhandeln werden'.

Die Taktik, eine Waffenruhe anzubieten, sollte von allen Organisationen der radikalen baskischen nationalistischen Bewegung nun angewandt werden. Dies wird ihnen zwar nicht die Möglichkeit zu einem Dialog mit den verräterischen chauvinistischen Politikern in Madrid eröffnen - wohl aber mit den ArbeiterInnen und Jugendlichen in allen Landesteilen, die wiederholt ihre anti-imperialistischen und antikapitalistischen Bestrebungen gezeigt haben.

Die Massen, vor allem die Jugend, können für den Kampf um unbeschränkte Selbstbestimmung für das baskische Volk gewonnen werden. Viele demokratische und soziale Forderungen der Massen müssen aufgeworfen werden, auch ein Ende der reaktionären spanischen Monarchie und der Privilegien für die katholische Kirche.

Hinzu muss eine Umkehr der neoliberalen 'Reformen' in Spaniens öffentlichem Dienst kommen, die auf dem Lisabonner EU-Gipfel vor 3 Jahren mit begeisterter Zustimmung von Aznar angenommen wurden.

Der Wahlsieg der PSOE spiegelt die mächtige Woge der Gegnerschaft der spanischen ArbeiterInnen und Jugend gegen Krieg, Neoliberalismus und die lügnerische Heuchelei der gegenwärtigen bürgerlichen Politik wider. Die PSOE ist eine Partei, die tief mit der spanischen Arbeiterbewegung verbunden ist. Sie ist die Partei, der sich die Massen wie selbstverständlich zugewandt haben, um sich von Aznar zu befreien. Aber sie ist auch eine Partei, die eine pro-kapitalistische Politik betreibt, eine Partei, die durch tausend Verbindungen an die reichen Finanziers und Industriekapitäne in Madrid, Barcelona und Bilbao gebunden ist. Sie ist eine Partei, die in den 1970er Jahren - nicht zuletzt mit den Mitteln der SPD - aufgebaut wurde, um die anti-francistische Bewegung in bürgerliches Fahrwasser zu leiten.

Deshalb sollten die Arbeiter und Jugendlichen, die Antikriegs- und antikapitalistischen Massen Zapatero und den übrigen privilegierten PSOE-Führern keinen Augenblick vertrauen, sondern den Druck auf die Straße tragen und kühne Maßnahmen gegen die Kriegstreiber und Kapitalisten fordern:

Spanische Truppen raus aus dem Irak! Jetzt! Kein Aufschub, keine weitere Beteiligung an der imperialistischen Besatzung, egal ob unter US-, NATO- oder UN-Mandat!

Rückzug aller US-Militärstützpunkte aus Spanien - Spanien raus aus der NATO!

Volksentscheid im Baskenland! Eine Frage an alle Einwohner: Wollt ihr euch vom spanischen Staat lostrennen und einen unabhängigen baskischen Staat formieren?

Abschaffung der Monarchie!

Außerkraftsetzung aller neoliberalen Kürzungen und Privatisierungen - Besteuerung der Reichen zur Deckung der Kosten für die Wohlfahrt!

Entschädigungslose Verstaatlichung der Monopole und Großkonzerne unter Arbeiterkontrolle!

Keine Koalitionen mit bürgerlichen Parteien! Für eine Regierung aus PSOE und Vereinigter Linker!

Vor allem sollten sich die Massen, die im Februar 2003 gegen die Krieg auf die Straße gingen, welche die Demonstrationen gegen Aznar letzte Woche veranstaltet und die Staatsterroristen aus dem Amt gewählt haben, auf die eigene Kraft verlassen - die einzige Gewähr für Fortschritt und Freiheit. Sie sollten demokratische Volksversammlungen, Koordinationen, Aktionskomitees und Sozialforen an allen Orten, Betrieben und Ausbildungsstätten gründen und diese zu Rätestrukturen, wirklichen proletarischen Machtzentren, weiterentwickeln. Nur dann werden sie imstande sein, eine Regime zu schaffen, das sie brauchen. An Stelle einer Regierung, eines bürgerlichen Kabinetts, das auf Parlamentskoalitionen in der Cortes beruht, ist eine Arbeiterregierung nötig, die mit Abgeordneten beschickt ist, die den Organisationen der Bevölkerung, der ArbeiterInnen und Bauern, rechenschaftspflichtig sind.

Beim Europäischen Sozialforum im Oktober dieses Jahres wird es lebenswichtig für die Interessen der Massen sein, ganz Europa in die Kämpfe der Arbeiterklasse, der Jugend und unterdrückten Nationalitäten des spanischen Staates einzubeziehen. Der Sieg der fortschrittlichen Kräfte Spaniens über Aznar sollte ähnliche Kräfte in Italien und Britannien anspornen, wo Aznars engste Freunde Berlusconi und Blair wegen ihrer Lügen und Täuschungsversuche über die Beweggründe ihrer Kriegsteilnahme unter Druck geraten sind.

Die Ereignisse in Spanien sollten uns ermutigen, einen weiteren Tag mächtiger Massendemonstrationen gegen die Besetzung des Irak und die Drohung von anti-demokratischen Maßnahmen in der Heimat in Gang zu setzen. Alle Kriegshetzer, alle Neoliberalen, die unsere öffentlichen Dienste und Sozialleistungen zerstören wollen, alle Regierungen, die uns unserer Freiheiten und demokratischen Rechte berauben wollen, müssen aus dem Amt gejagt werden. Auf die Art können wir den Weg frei machen für den Aufbau einer anderen Welt - eine ohne Imperialismus, Ausbeutung, Krieg oder Terror - eine sozialistische Welt.

Leserbrief schreiben   zur Startseite

Wöchentliche E-News von
der Gruppe Arbeitermacht

:: Archiv ::