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So nicht Schröder!

Eine Niederlage des US-Imperialismus ist nicht nur "wünschbar", sondern notwendig

Infomail 114, 10. April 2003

"Kriegsgegner" Schröder hat auf der Hannoverschen Wirtschaftmesse sein Haltung zum Irak-Krieg noch einmal - gerade rechtzeitig - "präzisiert". Gegen den Krieg war er, nun sein aber klar, dass die Vereinigten Staaten gewinnen würden - ein anderes Resultat sei auch gar nicht "wünschbar". Donald Rumsfeld und George Bush lassen grüßen.

Dass ein Sieg der kampfkräftigsten und modernsten Armee der Erde gegen ein von der UNO ausgehungertes Land bevorsteht - dazu gehört etwa so viel prophetische Gabe wie zur Prognose, dass Goliath David besiegt. Die Lage des Irak wird zweifellos immer drückender. Die US-Truppen haben Bagdad offenbar inzwischen eingenommen.

Wünschenswert ist der Sieg der USA allemal nicht. Im Gegenteil: er ist eine Katastrophe für die IrakerInnen wie für alle Unterdrückten und Ausgebeuteten auf der Welt. Nicht nur der nächste Krieg steht rasch ins Haus - sei es gegen andere "Mitglieder" der "Achse des Bösen" (Iran, Nordkorea), sei es gegen Syrien, dessen bürgerlich-nationalistisches Regime sich nicht vorbehaltlos vor den Karren der US-Imperialisten spannen ließ.

Der Nahe Osten droht noch mehr unter die Knute der Ölmultis geraten. Die PalästinenserInnen müssen die Vertreibung aus Westbank und Gaza fürchten. Und die herrschende Klasse in den USA und in Europa ist in einer stärkeren Position, die Kosten der Wirtschaftskrise auf die Lohnabhängigen abzuwälzen und ein neues Aufrüstungsprogramm zum "Kampf gegen Terror" und zur "Friedenssicherung" zu starten.

Wünschenswert war und ist die Niederlage der USA und ihrer Verbündeten, wünschenswert war und ist der Sieg des Irak - nicht wegen, sondern trotz Saddam Hussein! Im Gründungsprogramm der Vierten Internationale (dem "Übergangsprogramm") hat das Leo Trotzki 1938 mit großer Deutlichkeit formuliert und begründet:

"Der imperialistische Krieg ist die Fortsetzung und Verschärfung der Raubpolitik der Bourgeoisie; der Kampf des Proletariats gegen den Krieg ist die Fortsetzung und Verschärfung seines Klassenkampfes. Der Ausbruch des Krieges verändert die Lage und zum Teil die Methoden des Klassenkampfes, nicht aber die Ziele noch die Grundrichtung desselben.

Deshalb wird der nächste Krieg wesentlich ein imperialistischer Krieg sein. Der fundamentale Inhalt der Politik des internationalen Proletariats wird demzufolge der Kampf gegen den Imperialismus und seinen Krieg sein. Der Grundsatz dieses Kampfes lautet: "Der Hauptfeind steht im eigenen Land" oder "Die Niederlage unserer eigenen (imperialistischen) Regierungen ist das kleinere Übel".

Aber nicht alle Länder der Welt sind imperialistisch. Im Gegenteil, die Mehrzahl der Länder sind Opfer des Imperialismus. Bestimmte koloniale oder halbkoloniale Länder werden ohne Zweifel versuchen, den Krieg auszunützen, um das Sklavenjoch abzuwerfen. Auf ihrer Seite wird der Krieg kein imperialistischer, sondern ein Befreiungskrieg sein. Es ist die Pflicht des internationalen Proletariats, unterdrückten Ländern im Krieg gegen die Unterdrücker zu helfen. Dieselbe Pflicht erstreckt sich auch auf die Sowjetunion oder jeden anderen Arbeiterstaat, der vor oder während des Krieges entstehen mag. Die Niederlage jeder imperialistischen Regierung im Kampf gegen einen Arbeiterstaat oder ein Kolonialland ist das kleinere Übel.

Die Arbeiter eines imperialistischen Landes können jedoch einem antiimperialistischen Land nicht über die Vermittlung ihrer eigenen Regierung helfen, gleichgültig, welche diplomatischen und militärischen Beziehungen die beiden Länder gerade unterhalten. Wenn die Regierungen ein zeitweiliges und letztlich unsicheres Bündnis geschlossen haben, bleibt das Proletariat des imperialistischen Landes in Klassenopposition gegenüber seiner Regierung und unterstützt seinen nicht-imperialistischen "Verbündeten" durch seine eigenen Methoden, d.h. durch die Methoden des internationalen Klassenkampfes (Agitation zugunsten des Arbeiterstaates und des Koloniallandes nicht nur gegenüber seinen Feinden, sondern auch gegenüber seinen falschen Verbündeten: Boykott und Streik in bestimmten Fällen, Verzicht auf Streik und Boykott in anderen usw.).

Wenn das Proletariat ein Kolonialland oder die Sowjetunion im Krieg unterstützt, solidarisiert es sich nicht im geringsten mit der bürgerlichen Regierung des Koloniallandes oder der thermidorischen Bürokratie in der Sowjetunion. Im Gegenteil, es wahrt seine völlige politische Unabhängigkeit sowohl der einen wie der anderen gegenüber. Indem das revolutionäre Proletariat einen gerechten und fortschrittlichen Krieg unterstützt, erobert es sich die Sympathien der Werktätigen der Kolonien und der Sowjetunion, festigt so die Autorität und den Einfluß der IV. Internationale und kann umso besser den Sturz der bürgerlichen Regierung im Kolonialland, der reaktionäre Bürokratie in der Sowjetunion fördern."

Auf den Krieg der USA gegen den Irak angewandt, bedeutet(e) das: für den Sieg des Irak mit allen Mitteln einzutreten: durch die Unterstützung jedes irakischen Widerstandes, der Armee, der Republikanischen Garden, der Milizen, des Volkes und durch den Klassenkampf im eigenen Land zwecks Sabotage der Kriegsmaschinerie. In der BRD stand und steht solange der Krieg noch läuft, der Kampf gegen die Überflugrechte, zur Blockade der Nachschubwege und Logistik der USA und für den Rückzug deutscher Truppen aus den Awacs, aus Kuwait usw. im Vordergrund.

Auch wenn sich die Regierung "kriegsgegnerisch" gab -es war und ist ein Kampf gegen die Regierung, und er konnte und kann nur gewonnen werden, wenn die Anti-Kriegsbewegung in der Arbeiterklasse verankert ist und mit "klassischen" Mitteln der Arbeiterbewegung (Streiks, Besetzungen, Boykottaktionen usw.) kämpft.

Aber es fehlte der Anti-Kriegsbewegung an politischer Klarheit, an einer anti-imperialistischen Haltung zum Krieg. Die "Friedensbewegung" hätte zu einer Bewegung gegen den imperialistischen Krieg werden müssen, zu einer Bewegung, die nicht abstrakt für Frieden (denn das heißt konkret für "ruhige" Ausbeutungsverhältnisse) eintritt, sondern für Befreiung von Kapitalismus und Imperialismus.

Sie hätte zu einer Bewegung werden müssen, die jeden Befreiungskampf gegen die Imperialisten (egal ob US-amerikanische oder deutsche) unterstützt.

Alles andere schwächt in Wirklichkeit den Kampf gegen den imperialistischen Krieg. Wer, wie Schröder für einen "möglichst raschen Frieden" eintritt, hat es in jedem Fall schwer, gegen die Überflugrechte der US-Bomber zu sein. Ob man will oder nicht - ein solches Verbot hätte objektiv dem Irak geholfen.

Hinter der Halbheit Schröders stecken klar sichtbare Klasseninteressen - die deutschen Kapitalisten und ihr geschäftsführender Ausschuss wollen in der jetzigen Situation die Konkurrenz mit den USA nicht auf die Spitze treiben, weil sie dazu noch zu schwach sind. Sie wissen außerdem auch, dass ihnen selbst bei vollständiger Beherrschung des Irak ein Sieg der USA auch einen Vorteil bringt, weil er ein Warnsignal an alle Staaten und die gesamte Bevölkerung der "Dritten Welt" ist. Wer der schrankenlosen Ausbeutung durch die multi-nationalen Konzerne des Westens entgegensteht, kommt auf die "schwarze Liste" des Imperialismus; der stirbt nicht langsam an IWF-Programmen, sondern rasch an "smart bombs" und "Präzisionswaffen".

Anders als die "Friedensbewegung" hatten und haben wir kein Problem damit, die Wahrheit auszusprechen. Wenn uns die bürgerlichen Medien, die Regierung, Kapitalvertreter oder Pazifisten vorwerfen, wir würden durch solche Maßnahmen doch den Irak unterstützen, so eiern wir nicht rum. Ja, wir sind für den Sieg des Irak, wir wünschen die Niederlage der Imperialisten - so wie Schröder für den Sieg der USA eintritt!

So wie Schröder und Fischer die ganze Anti-Kriegsbewegung zu einer passiven Unterstützungsbewegung für ihre Politik (und das heißt letztlich für den deutschen Imperialismus) machen wollen, so wollen wir diese Bewegung zu einer Kraft machen, welche die Kriegsmaschinerie und die Propaganda der Imperialisten möglichst wirksam stört.

Wir sagten daher ganz bewusst, dass wir für den Sieg des Irak und aller Kräfte, die ihn verteidigen, eintreten. Wir beschränkten uns nicht auf die "Solidarität mit dem Volk", wie das Zentristen (also Gruppen, die einen revolutionären Anspruch haben, in der Praxis aber opportunistisch sind) und klein-bürgerliche Linke tun.

Diese Haltung scheint nur besonders "kritisch" zu sein, weil sie jede Unterstützung für die irakische Armee und die Republikanischen Garden verweigert. In Wirklichkeit bedeutete eine solche Position nur, im Krieg zwischen USA und Irak praktisch neutral zu sein; sie bedeutete, für die Verteidigung des Irak bestenfalls nur in Worten, nicht aber durch die realen Kräfte, die diese Verteidigung heute organisierten, einzutreten.

Ein solche Position hätte im Irak wie in allen arabischen Ländern nur den Nationalisten und Islamisten in die Hände gespielt - sie hätte nur Saddam oder andere Despoten gegenüber KommunistInnen gestärkt, nicht geschwächt. Warum? Weil all diese bürgerlichen und kleinbürgerlichen Kräfte den RevolutionärInnen zurecht vorwerfen würden, sie würden den Befreiungskampf gegen die imperialistischen Invasoren nicht ernst nehmen. Weil alle ArbeiterInnen, die richtigerweise am Kampf gegen die USA und Britannien bewaffnet teilnehmen wollten, diese nur unter der real vorhandenen politischen und ideologischen Führung von Nationalisten oder Islamisten tun könnten.

Damit würde der Sturz dieser Regime durch sozialistische Revolution und die Errichtung einer Arbeiter- und Bauernregierung nur erschwert werden.

Nicht minder wichtig ist die Klarheit über den Krieg in den imperialistischen Ländern selbst. Nur wer für den Sieg des unterdrückten Landes eintritt, führt den Klassenkampf gegen die "eigene" herrschende Klasse wirklich konsequent und bereitet die Arbeitenden auf den Sturz ihrer Herrschaft vor. Der Pazifismus verurteilt nicht nur implizit oder offen den bewaffneten Verteidigungskampf der unterdrückten Nation und ist damit klar reaktionär - er entwaffnet die Unterdrückten.

Manche Linke sagen nun. Das mag alles stimmen, aber dass sei "zu abstrakt" und würde die Leute "abschrecken". Dazu folgende Erwiderung.

Erstens kann die Arbeiterklasse nur für den Kommunismus gewonnen werden, wenn RevolutionärInnen sagen, was ist. Da in der Arbeiterklasse selbst bürgerliches Bewusstsein vorherrscht, "schreckt" revolutionäre Theorie und Politik immer auch. Aber gerade in Perioden gesellschaftlicher Krisen, von Kriegen, Stagnation, wenn der ideologische und parlamentarische Kitt der Gesellschaft brüchig wird, steigt auch die Aufnahmebereitschaft für revolutionäre Ideen. Sie steigt vor allem auch deshalb, weil Reformismus und Pazifismus ganz praktisch versagt haben, den Krieg zu verhindern.

Zweitens. Die Losung "Sieg dem Irak" mag zwar provozieren. "Abstrakt" ist sie überhaupt nicht. Sie provoziert, ja "schreckt" gerade, weil sie konkret ist, weil klar ist, was damit gemeint ist. Viele mögen auch vor den Konsequenzen einer Niederlage der USA, einer viel instabileren Welt zurückschrecken. In Wirklichkeit ist die Losung "Für Frieden" oder auch "Solidarität mit dem irakischen Volk" viel abstrakter und nichtsagender. Kein Wunder, dass selbst die US-Imperialisten solche hehren Ziele - natürlich nach gewonnenem "vollständigen" Sieg - für sich reklamieren.

Auch wenn es vielen "Friedensbewegten" nicht schmeckt - Bush und Co. tun das mit dem gleichen Recht wie die Kriegsgegner. Dass der "Frieden" für alle Seiten herhalten soll, liegt nicht einfach am Missbrauch durch die Kriegstreiber, sondern am abstrakten, allgemeinen, leeren Charakter der Parole, ohne den der Missbrauch gar nicht möglich wäre.

Drittens. Eine Meinungsumfrage in Frankreich (veröffentlicht in Le Monde am 31. März) stellte fest, dass 25% der Bevölkerung "mehr auf Seiten des Irak" stünden (gegenüber 34%, die mehr auf Seiten der USA und Britanniens sind). Auf die Frage, auf wessen Sieg sie hofften, antworteten immerhin 33%: Irak (gegenüber einer Mehrheit von 53% für die USA/Britannien). Unter den WählerInnen der "extremen Linken" (LCR und LO) tritt eine Mehrheit (51%) für den Sieg des Irak ein.

Dies war für den Beginn eines imperialistischen Raubkrieges bemerkenswert hoch. Es zeigte aber auch klar: Jene Linken, die ablehnten, klar für den Sieg des Irak, für eine klare anti-imperialistische Position einzutreten, spielten nicht nur keine Rolle dabei, das Bewusstsein der Massen zu heben - sie blieben hinter dem Bewusstsein der Massen zurück.

Der Krieg im Irak wird vorerst mit dem Sieg der USA und Britanniens enden. Sie werden versuchen, ein Besatzungsregime unter Leitung der US-Army und mit willfährigen irakischen Marionetten zu bilden. Der Krieg muss nun zum Kampf gegen die Okkupation gewendet werden. Die Anti-Kriegsbewegung muss ein energische Kampagne für den sofortigen Rückzug der Besatzer führen.

Vor allem aber: sie muss die Lehren aus dem Versagen der offiziellen Friedensbewegung ziehen. Die Millionen, die gegen den Angriff auf den Irak demonstrierten, haben Besseres verdient als pazifisches und reformistische Ausweglosigkeit.

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