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Sri Lanka

Linksfront wählen - und den Klassenkampf organisieren!

Peter Main, Infomail 791, 8. Januar 2015

Nachdem Präsident Mahinda Rajapaksa die Verfassung geändert hatte, um sich eine dritte Amtsperiode zu ermöglichen, hat er nun beschlossen, am 8. Januar Wahlen abhalten zu lassen - zwei Jahre vor Ende seiner gegenwärtigen Amtszeit. Seine Beweggründe waren unschwer zu erraten: im September 2014 war der Stimmenanteil seiner Allianz im Provinzialrat drastisch gesunken, und er musste damit rechnen, dass nach zwei weiteren Jahren seine Wiederwahl in weite Ferne rücken würde.

Sein Schachzug war zweifellos von der Schwäche der größeren Oppositionsparteien beeinflusst. Bei einem vertraulichen Gespräch mit seinem Gesundheitsminister Mithripala Sirisena kurz vor der Ankündigung der Wahlen soll er sich zuversichtlich geäußert haben, dass es keine anderen Kandidaten von Bedeutung gäbe und dass die Oppositionsparteien  zerstritten seien.

In der Wahl seiner Vertrauten hatte er aber keine glückliche Hand, denn gleich nach Bekanntgabe der Wahlen wurde derselbe Mithripala Sirisena zum gemeinsamen Kandidaten aller 48 Oppositionsgruppen und -parteien gekürt. Das war offensichtlich insgeheim vorbereitet worden, möglicherweise mit Hilfe von Stellen der USA, bereits zu einer Zeit, als die einzig mögliche Gegenkandidatur zu Rajapaksa vom früheren Premier Ranil Wickremasinghe, der der Vereinigten Nationalpartei angehört, der traditionellen Unternehmerpartei Sri Lankas, zu kommen schien.

Rajapaksa spaltet das Land

Seitdem haben 25 von Rajapaksas parlamentarischen Unterstützern die Seite gewechselt und sind zu Sirisena übergelaufen, der auch vom Moslemischen Kongress und der Tamilischen Nationalallianz Schützenhilfe bekommt. In den jüngsten Meinungsumfragen sieht es nach einem Kopf an Kopf-Rennen zwischen Rajapaksa und seinem Herausforderer aus. Das ist auch Resultat der Opposition gegen Rajapaksa, die sich seit seinem barbarischen Sieg über die tamilische Unabhängigkeitsbewegung 2010 aufgestaut hat.

Rajapaksas Familie - seine drei Brüder bekleiden Ministerämter in den Ressorts Verteidigung, Wirtschaftsentwicklung und einer ist Parlamentssprecher - werden 85% aller Regierungsausgaben zugerechnet. Eine solche Konzentration von Macht und Protektion bedeutet, dass andere Teile von Sri Lankas herrschender Klasse und ihr Anhang ausgeschlossen sind. Die Aussicht auf Veränderung dieser Macht- und Einflussanteile ist die Basis für Sirisenas Wahlkampf.

Da Sirisena lange in der Regierung und Generalsekretär der Sri Lanka-Freiheitspartei in Allianz mit Rajapaksa war, sind alle Behauptungen über Differenzen in der Politik völliger Humbug. Sirisena war Sekretär im Verteidigungsministerium, als das Blutbad an der tamilischen Zivilbevölkerung angerichtet wurde, um den Krieg zu Ende zu führen. Einzig in Bezug auf die Außenpolitik könnten sich politische Unterschiede ergeben. Rajapaksa hat eine Hinwendung zu China vollzogen und bedeutende Investmentfonds für infrastrukturelle Entwicklung ins Land gelockt, während Sirisena über den Clinton-Clan enge Verbindungen zu den USA unterhält.

Die Vierte internationale

Sirisenas Vergangenheit und Vorhaben verdeutlichen, dass er nicht grundlegend verschieden von Rajapaksa ist, sondern nur ein Kandidat eines anderen Flügels der einheimischen Bourgeoisie mit Unterstützung von verschiedenen imperialistischen Mächten. An beiden Kandidaten gibt es für Arbeiterorganisationen nicht das Geringste zu unterstützen. Doch die srilankesische Sektion der Vierten Internationale, die Nava Sama Samaj Partei (NSSP) tut genau das. Vickramabahu Karunaretne, der langjährige Führer der NSSP ist sogar so weit gegangen, für Wickremasinghe von der UNP Wahlkampf zu machen. Begründet wurde dies mit dem zunehmend faschistischen Charakter von Rajapaksas Regierung und damit, dass Wickremasinghe mit dem Aufruf für eine breite Oppositionsfront zur Verteidigung der Demokratie praktisch ein Sozialdemokrat geworden wäre und deswegen Unterstützung verdienen würde.

Als diese ‚breite Oppositionsfront’ sich für Sirisena als Spitzenkandidat entschied, hat Kanunaratne dies willig akzeptiert und nun zur Wahl für jemand aufgerufen, der bis November selbst noch Mitglied eines ‚faschistischen Regimes’ war. Dies war jedoch für einige GenossInnen der NSSP zuviel, und sie begannen eine eigene Zeitung ‚Linke Stimme’ herauszugeben, worin sie zur Stimmabgabe für den Kandidaten der Linksfront aufrufen.

Die Linksfront ist sicher die wichtigste Errungenschaft der srilankesischen Linken seit vielen Jahren. Sie wurde errichtet auf Anstoß der Sozialistischen Partei (FLSP), einem sich nach links bewegenden Splitter der JVP, der ex-maoistischen Partei, deren sinhalesischer Chauvinismus sie 2005 an die Seite von Rajapaksa brachte gegen Wickremasinghes UNP-Regierung  und danach in die Regierungsbeteiligung unter Rajapaksa.

Nach dem Bruch der FSLP mit der JVP unterzog sie deren Geschichte einer kritischen Aufarbeitung und beschloss, auf die Neugründung einer Partei der Linken hinzuarbeiten, die den Chauvinismus und auch die Etappentheorie der Revolution ablehnte. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen, aber der Vorschlag für eine Wahlkampagne der vereinten Linken auf einem gemeinsamen Programm war ein wesentlicher Fortschritt, der auch von der Sozialistischen Partei von Sri Lanka SPSL, der Sektion der Liga für die 5. Internationale, mitgetragen wurde.

Die Programmdiskussionen bezogen etliche linke Gruppen mit ein, darunter die maoistische KP, die Vereinigte Sozialistische Partei (Sektion der CWI), die postmodernistische Gruppe Praxis, die Neue Kommunistische Partei, beide Flügel der NSSP vor ihrer Spaltung und die SPSL. Die SPSL schlug ihr Aktionsprogramm als Grundlage für den Wahlkampf vor, unterstützte aber den Kandidaten der Linksfront kritisch, nachdem ihr Vorschlag nicht angenommen worden war - auf Grundlage des angenommenen Programms, obwohl dies schwach in seinen Forderungen in Bezug auf die nationale Frage und die Formulierung der Regierungslosung war. Das Programm forderte aber unmissverständlich die Enteignung der wichtigen Industrien, der Banken und imperialistischen Ländereien, die Formierung von Arbeiter- und Bauernräten und die Einführung einer Planwirtschaft.

Dank der verschiedenen Organisationen hatte die Linksfront echte Verbindungen zu Gewerkschaften, die etwa 20% der organisierten Beschäftigten repräsentieren. Das hat ihre Kandidatur auch deutlich von der Vereinigten Sozialistischen Partei abgehoben, die die Linksfront verlassen hat, obwohl sie dem Programm zugestimmt hat, weil sie darauf bestand, dass der Präsidentschaftskandidat aus ihren Reihen kommen müsse.

Der Entschluss, sich an einem gemeinsamen Wahlkampf zu beteiligen und die Kampagne zu nutzen, um für die Sache des revolutionären Sozialismus zu streiten, hat den beteiligten Parteien Gelegenheit gegeben, ihre eigene Propaganda und Sprecher auf Wahlkampfveranstaltungen zu präsentieren. Die Abschlusskundgebung in Colombo zog 1.500 AnhängerInnen an und war der erfolgreiche Abschluss einer Kampagne, die im ganzen Land stattfand und die Argumente für eine revolutionäre Lösung der tiefen  Probleme des Landes herausstrich.

Wer von den prominenten bürgerlichen Kandidaten die Wahlen gewinnt, ist egal, denn sein Programm wird weitere Kürzungen und die Privatisierung von öffentlichen Aufgaben zum Inhalt haben. Es ist auch denkbar, dass das Wahlergebnis angefochten wird, denn Rajapaksa wird kaum still und leise abtreten, wenn er denn verlieren sollte. Auf jeden Fall werden sich die ArbeiterInnen und Bauern in Sri Lanka organisieren müssen, um ihre Interessen gegen die künftige Regierung und ihre internationalen Unterstützer zu verteidigen. In diesem Kampf muss eine neue revolutionäre Arbeiterpartei für Sri Lanka aufgebaut werden.

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