Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart

Statt Kuhn wählen - kämpfen!

Frederik Haber, Infomail 649, 16. Oktober 2012

Nach dem ersten Wahlgang liegt der Grüne Kuhn mit 36,5% vor dem Kandidaten des vereinten rechten bürgerlichen Spektrums, Turner (34,5). Das war so nicht zu erwarten. Die SPD erhielt mit gut 15% für ihre Kandidatin erneut einen verdienten Schlag ins Genick: Seit Jahrzehnten ist diese Partei in Stuttgart im Schlepptau der CDU. Bei S21 ist sie gespalten und damit letztlich für S21 - Dank des Gewichts der Vorstände.

Für eine positive Überraschung sorgte Rockenbauch, einer der führenden Aktivisten der Bewegung gegen S21 und Stadtrat des Wählerbündnisses SÖS. Er erhielt 10,4%, deutlich mehr als seine Gruppierung bei den letzten Kommunalwahlen. Für ihn hatten viele aus der Bewegung sowie die LINKE und die SAV mobilisiert.

Auch die Gruppe ARBEITERMACHT hatte in mehreren tausend Flugblättern zur kritischen Unterstützung Rockenbauchs aufgerufen, da seine Kandidatur gerade dem radikalen Flügel der Bewegung eine Stimme gibt und diese Stimmen jetzt auch einem neuen Aufschwung der Bewegung helfen können. Für uns als KommunistInnen kam allerdings nur eine kritische Unterstützung in Frage: seinen Illusionen in die bürgerliche Demokratie, die gerade auch in der Anti-S-21-Bewegung wuchern,  haben wir ebenso sozialistische Positionen entgegengesetzt wie seiner naiven Forderung, die „kriminelle“ LBBW durch eine „Stadtsparkasse“ zu ersetzen. Zu seinen Forderungen nach „mehr Demokratie in der Stadt“ haben wir unsere Forderungen nach mehr Demokratie in der Bewegung gesetzt. Dort spielt Rockenbauch das Spiel der Grünen mit, ja er selbst ist inzwischen Sprecher des „Aktionsbündnisses“, das von niemandem gewählt worden ist.

Die GenossInnen der SAV haben ihrerseits verschiedene Illusionen verstärkt: „Ohne Stuttgart 21 wäre die Stadt auf einen Schlag komplett schuldenfrei. ´Wir könnten uns plötzlich aus der Portokasse so was leisten wie eine kostenlose Kinderbetreuung und der Ganztagsschulausbau wäre auch kein Problem.´” So zitieren sie Rockenbauch völlig unkritisch und ohne jeden Hinweis auf die Rolle der bürgerlichen Demokratie und des Staatsapparates. Stattdessen wird allgemein die Abschaffung des Kapitalismus gefordert. Rockenbauchs Rolle im Aktionsbündnis wird ebenso wenig kritisiert, sein illusionärer Vorschlag einer Stadtsparkasse einfach verschwiegen in der Lobhudelei seiner Bankenkritik. (http://www.sozialismus.info/2012/06/hannes-rockenbauch-lehrt-etablierte-parteien-das-fuerchten/)

Ähnlich äußert sich die Linksjugend, die immerhin die Wahlunterstützung für Rockenbauch dazu benutzt, ihr eigenes politisches Programm zu präsentieren - allerdings ohne Bezug zur OB-Wahl. Trotzdem hebt sie sich damit positiv von der Partei DIE LINKE ab, die nicht nur unfähig war, einen eigenen Kandidaten zu präsentieren, sondern auch eigene Inhalte im Wahlkampf zu vermitteln. Einerseits wird auf der Web-Seite ein Aufruf für Kuhn im zweiten Wahlgang zu Recht abgelehnt und auf seine aktive Rolle im Afghanistan-Krieg und bei der Agenda 2010 verwiesen, andererseits fordern führende Mitglieder der Partei dazu auf, Kuhn zu wählen.

Aus unserer Sicht ist es für KommunistInnen grundsätzlich ausgeschlossen, für KandidatInnen bürgerlicher Parteien aufzurufen oder diese zu wählen. Etwas anderes ist es, für die bürgerlichen Arbeiterparteien SPD oder DIE LINKE aufzurufen, die zwar eindeutig in Programm und Praxis sich zum Kapitalismus bekennen, aber die den größten Teil der Arbeiterklasse politisch kontrollieren. Um sie und ihre Politik vor den Augen ihrer AnhängerInnen zu testen und ihren Einfluss in der Arbeiterbewegung zu bekämpfen, ist die Taktik der kritischen Wahlunterstützung - verbunden mit dem Aufruf, gemeinsam für die gemeinsamen (positiven ) Ziele zu kämpfen - ein Hebel, die Massen von ihren Illusionen in diese Parteien zu befreien.

Diese Methode kann in einzelnen Fällen auch für KandidatInnen gelten, die einen bestimmten Kampf repräsentieren. Rockenbauch tut dies, die Grünen nicht. Gerade die Entwicklung seit der Landtagswahl zeigt, wie ein ehemaliger aktiver Gegner des S21-Projekts, Herrmann, als Verkehrsminister zum Werkzeug seiner Umsetzung wurde, auch durch seine eigene Partei.

Rockenbauch selbst hat seine Kandidatur für den zweiten Wahlgang zurückgezogen - ohne Wahlempfehlung, aber mit Ablehnung für Turner. Dies ist nichts als eine verschämte Aufforderung, Kuhn zu wählen. Hier zeigt sich erneut die politische Inkonsequenz und Feigheit von Rockenbauch. Statt auch die zweite Rundes des Wahlkampfes zu nutzen, um Turner und Kuhn Paroli zu bieten, statt sie als Bühne für den Protest gegen S21 und für die Bewegung zu nutzen, tritt er zurück, um Kuhn, um den Grünen nicht im Wege zu stehen.

Wir rufen hingegen auf, im zweiten Wahlgang ungültig zu wählen, um so gegen die beiden bürgerlichen Kandidaten zu protestieren.

Entscheidend ist aber, dass die Bewegung gegen S21 den Kampf wieder ausweiten kann. Die missliche Lage der Projektbetreiber - 3 (!) Zugentgleisungen in den letzten Monaten dank Umbau und Untauglichkeit der Pläne - können wir ausnutzen. Doch das reicht nicht.

Der Kampf gegen S21 muss mit dem Kampf gegen die Krisenpolitik und den neuen Angriffen verbunden werden, die Merkel schon heute vorbereitet und für Griechenland u.a. Länder praktiziert. Denn nach wie vor geht es nicht nur um Verkehrspolitik oder Städtebau - es geht um Profite auch in der Krise!

Leserbrief schreiben   zur Startseite

Wöchentliche E-News
der Gruppe Arbeitermacht

:: Archiv ::