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Castor stoppen! Enteignung der Atomkonzerne - sofort!

Arbeitermacht-Flugblatt, 24. November 2011

Der Castor, der von der schwarz-gelben Bundesregierung auf die Schienen geschickt wird und von 19.000 Bullen durchgeprügelt werden soll, fährt im Schatten nach Tschernobyl der zweiten atomaren Katastrophe, die die Welt erlebt hat - Fukushima! Doch nur 8 Monate danach ist dieser Super-Gau, der einen großen Teil Japans für mehrere Generationen radioaktiv verseucht hat, aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwunden. Nach den eindrucksvollen Demonstrationen im Frühjahr 2011 ist es nun still geworden.

Dies ist wohl dem Schachzug der Bundesregierung zu verdanken, die ähnlich wie vor zehn Jahren unter Rot/Grün der Bevölkerung einen scheinbaren Ausstieg vorgaukeln und somit die Proteste ein Stück weit befrieden konnte. Nachdem sie noch ein Jahr zuvor in absoluter Harmonie mit den Energiekonzernen eine Laufzeitenverlängerung deutscher Atomschrottmeiler gegen jeden Protest verabschiedete, ruderte sie ein Jahr später zurück. Die Atomkonzerne mussten sich jetzt wieder mit dem unter Rot/Grün ausgehandelten faulen Kompromiss begnügen, der zwar auch kein Ausstieg war, aber kürzere Laufzeiten vorsah. So können sich die Energiekonzerne zwar immer noch eine goldene Nase verdienen, müssen aber auf einen Teil der Beute verzichten.

Auslauf statt Ausstieg

Das ist kein Ausstieg, sondern nur das bloße technische Auslaufen überalterter Meiler! Damals wie heute sichert das den Konzernen riesige Profite und konnte überdies als „Ausstieg“ verkauft werden. Ein Hintertürchen hat sich die Koalition natürlich offen gehalten: drei AKW sollen bei Bedarf bis 2022 Strom produzieren. Sie sollen eine Art Sicherheitspuffer sein, falls es mit der Energiewende nicht schnell genug vorangeht. Doch die Konzerne werden sich Einiges einfallen lassen, damit die Energiewende nicht so schnell klappt. Die sieben ältesten Meiler und das AKW Krümmel werden stillgelegt, doch auch hier gibt es wieder ein Hintertürchen, denn ein AKW soll als stille Reserve in einem „Stand By”-Modus gehalten werden. Verknappt man den Strom künstlich, gibt es irgendwann auch wieder gute Gründe, von „Stand By“ auf „On“ zu fahren.

Auf der anderen Seite sind die Grünen, nachdem ihre Führung den angeblichen „alternativlosen“  Atom-„Ausstieg“ bis 2022 durch gewunken hatte, so schnell aus den Protesten wieder verschwunden, wie sie nach Antritt der jetzigen Bundesregierung sich als führende Kraft der Anti-AKW-Bewegung ab 2009 neu erfinden durften, nachdem noch ihre eigene Regierung 2001 den Transport der Castorbehälter wieder aufnahm und ihn mit unverminderter Härte durchprügeln ließ. Hier galt es, diese Bewegung, die einen Aufschwung erlebte, wieder auszubremsen, die Mitglieder wieder nach Hause zu schicken und den Protesten nicht weiter Nahrung zu geben. So zeigt sich, dass die Grünen die Bewegung nicht über den Punkt hinaus führen wollen, an den sie „spontan“ von selbst kommt. Gerade dann, wenn es notwendig und möglich ist, eine große Massenbewegung weiter zu bringen, versagen die Grünen, aber auch die SPD und die LINKE, weil sie sich weigern, den Kapitalismus als Grundübel zu begreifen und zu bekämpfen.

Die Abschaltung von sieben Meilern ist sicher den eindrucksvollen Protesten der Anti-AKW-Bewegung zu verdanken. Den Konzernen und der Regierung war schnell klar, dass diese AKW geopfert werden müssen, will die schwarz/gelbe Koalition des Kapitals nicht weiter an Wählerstimmen verlieren. Einen notwendigen sofortigen Ausstieg, der angesichts der 2.565 Tonnen an radioaktivem Müll, die das jetzige bloße Auslaufen der meisten Meiler bis 2022 noch verursacht, konnte aber die Anti-AKW-Bewegung aber nicht erkämpfen. Warum? Weil der Kampf um den Atom-Ausstieg keine antikapitalistische Perspektive hat. Er propagiert einen grünen Kapitalismus, der aber aufgrund des Privateigentums und der Marktgesetze nie umgesetzt werden kann. Diese Gesetze gelten auch für Unternehmen der erneuerbaren Energien, die ebenso gnadenlos an das Profitsystem gebunden sind wie ihre fossilen Branchen-Kollegen. So dreht sich die Bewegung im Kreis der Gesellschaft, die abgeschafft gehört, will man einen Weg zum ökologischen und sozialen Umbau der Energiewirtschaft gehen.

Perspektive

So wundert es auch nicht, dass man auch kaum einen klaren Plan besitzt, wie man diesen  Weg beschreiten soll, d.h. wie die Energiewirtschaft umbaut werden soll - und wer, d.h. welche Klasse, das durchsetzen soll. Die kleinbürgerlichen Teile der Bewegung und die Grünen beantworten diese Frage z.B. zugunsten kleinerer Stromversorger, verschweigen aber, dass diese nicht anders wirtschaften können als die Großkonzerne. D.h. auch sie müssen profitabel arbeiten und daher Stromüberschüsse produzieren, die verkauft werden können. Auch sie müssen Märkte erobern, um Konkurrenten beiseite zu schieben und Gesetze und Verordnungen zu unterlaufen, die die Profitmaximierung behindern. Diese Einsichten führen unweigerlich zu der Erkenntnis, dass der gesamte kapitalistische Produktions- und Reproduktionsprozess umgebaut werden muss, was ohne Umwälzung der Eigentumsverhältnisse aber unmöglich ist. Eine wirklich alternative Energiewirtschaft würde eine demokratisch geplante Ökonomie erfordern, nicht nur einen „anderen“ Konkurrenz-Kapitalismus von Windmüllern oder Biogas-Erzeugern.

Zudem muss sich die Bewegung fragen, warum sie die Basis für den Protest nicht erweitern konnte und sich nur ein kleiner Teil der Bevölkerung an den Protesten beteiligt? Hier herrscht Unklarheit darüber, dass in Zeiten von Hartz-IV, Zeitarbeit und ständig steigenden Kosten ein Großteil der Lohnabhängigen soziale Probleme als drängender ansehen und nicht ökologische. Hier wurde schlichtweg seit Jahren die Verbindung mit den sozialen Bewegungen gerade in Krisenzeiten verpasst. Solch eine Solidarisierung hieße auch, für seine Ziele gerade jenen Teil der Bevölkerung zu gewinnen, der in der Lage ist, eine wirkliche Energie-Wende herbeizuführen: die Arbeiterklasse. Aufgrund dieser fehlenden Perspektive, welche gesellschaftliche Kraft eine solche Politik überhaupt durchzusetzen vermag, schwankt man zwischen kleinbürgerlichen Hoffnungen auf Mini-Kraftwerke und einer „alternativen“ kapitalistischen Politik wie den Green New Deal und pendelt zwischen der Hoffnung auf parlamentarische Veränderungen und letztlich symbolische Blockaden und „militante“ Aktionen. Natürlich sind solche Aktionen berechtigt und notwendig, um Protest und Widerstandspotential zu sammeln. Aber niemals kann das der Kern einer Strategie sein, um ein Ende der Laufzeitverlängerung, geschweige denn die Abschaltung der AKWs oder gar die Enteignung der großen Konzerne durchzusetzen. Dazu ist es vielmehr notwendig, die Arbeiterklasse - insbesondere auch die Beschäftigten in der Energiewirtschaft - für den Kampf zu gewinnen.

Der gefährliche Betrieb der AKWs, massive Angriffe auf die abhängig Beschäftigten und Erwerbslosen, auf Jugendliche und Studierende, Frauen und Rentner seitens des Staates und der Bourgeoisie fordern uns alle zu gemeinsamem Handeln - ohne Illusionen in eine scheinbare Reformierbarkeit des bestehenden kapitalistischen Systems.

Das Durchpeitschen zentraler Monopolinteressen, wie bei den AKWs und Stuttgart 21, zeigt, dass der deutsche Imperialismus keine Brosamen mehr zu verteilen hat. Jeder Abwehrkampf gegen diese Angriffe muss letztlich scheitern, wenn er isoliert bleibt. Nur im Zusammenschluss aller Kräfte, die schon heute gegen die kapitalistische Willkür in allen Lebensbereichen zu Felde ziehen, liegt die Chance für das Durchsetzen unserer gemeinsamen Lebensinteressen.

• Sofortige Rücknahme aller Strafanträge gegen AktivistInnen von „Castor schottern“! Keine Repressalien gegen den Castor-Widerstand!

• Internationale Kontakte zu UmweltaktivistInnen, Gewerkschaften - insbesondere von TransportarbeiterInnen und in der Energiewirtschaft - und antikapitalistischen Parteien (z.B. NPA in Frankreich) zur Mobilisierung gegen AKWs und Atommülltransporte!

• Forderungen an reformistische Massenorganisationen (Gewerkschaften, SPD, LINKE), Umweltschutzaktivitäten mobilisierend, logistisch und finanziell zu unterstützen!

• Schnellstmöglicher geplanter Ausstieg aus der Atomkraft und fossiler Energie in Deutschland und anderswo! Arbeiterinspektionen und -kontrollen in allen Energieeinrichtungen, insbesondere den AKWs!

• Offenlegung aller Verträge und Geschäftsunterlagen der Atomindustrie!

• Entschädigungslose Enteignung der Energiekonzerne - unter Arbeiterkontrolle!

• Umstellung von Produktions- und Transportsystemen in Richtung auf Energieeinsparung, massive Erforschung und Einsatz von umweltschonenden und erneuerbaren Energieträgern!

• Erforschung, Festlegung von Eignung und Sicherheitsstandards und Entscheid für atomare Endlagerung unter Kontrolle der Arbeiterbewegung und der örtlichen Bevölkerung!

• Ersatzarbeitsplätze für freigesetzte Arbeitskräfte der Atomindustrie in gesellschaftlich sinnvollen Bereichen!

• Bezahlung aller Maßnahmen aus Unternehmerprofiten und Spekulantengewinnen!

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