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Frankreich

Nach dem Angriff auf die Streikposten - Generalstreik jetzt!

Dave Stockton, 23. Oktober 2010, Infomail 514, 27. Oktober 2010

Am 22. Oktober hat der französische Präsident Spezialeinheiten eingesetzt, um die Blockaden von 12 großen Ölraffinerien zu brechen, da tausende Tankstellen im Land kein Benzin mehr hatten.

Um 3 Uhr morgens attackierten sie die Streikposten des Grandpuits-Öldepots  östlich von Paris, das seit 10 Tage blockiert war. Zwei Streikposten wurden dabei verletzt. Die Raffineriearbeiter sollten zur Arbeit zwangsverpflichtet werden, d.h. es wurde ihnen Bestrafung angedroht, wenn sie die Arbeit nicht wieder aufnehmen würden. Der CGT-Funktionär Charles Foulard sagte: „Das ist ein schwerwiegender Augenblick für unsere Demokratie. Niemals zuvor sind streikende Arbeiter zwangsverpflichtet worden.“

Diese Maßnahmen sollen nur für den Fall einer „schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung“ ergriffen werden. Doch sicher wird kein Richter die ArbeiterInnen verteidigen.

Sarkozy hat beschlossen, ein entsprechendes Gesetz durch die letzten Lesungen in Senat und Parlamentsversammlung zu peitschen und so die Debatte mit hunderten von Änderungsanträgen von Seiten der parlamentarischen Opposition abzukürzen.

Olivier Besancenot, Sprecher der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) hat sofort folgende Erklärung abgegeben:

„Die Streikenden von Grandpuits sind soeben im Namen der nationalen Verteidigung zwangsverpflichtet worden. Die Einsatztruppe der Polizei hat die Postenkette der Bürger angegriffen und mehrere Menschen verletzt. Zum Schutz der Beschäftigten im Streik und zum Schutz des Streikrechts schlage ich vor, dass alle Führer von politischen Parteien, Verbänden und Gewerkschaften gemeinsam gegen diesen gewissenlosen Anschlag auf die Arbeiterbewegung und ihre Rechte antworten.“

Besancenot hat Recht, wenn er die Führungen von Gewerkschafts- und Arbeiterparteien zum Handeln aufruft. Aber er hätte weiter gehen und sich schärfer ausdrücken  müssen. Er hätte klar aussprechen müssen, dass Sarkozy nicht nachgeben wird, sondern weiterhin die volle Staatsgewalt  nutzen will, um die wirkungsvollsten Teile des Streiks zu brechen, nämlich jene, die die Benzin- und Energievorräte treffen, weil sie die kapitalistische Ökonomie zum Stillstand bringen können.

Diese Schlüsselbereiche sind Hochburgen der CGT: Häfen, Eisenbahn und andere öffentliche Verkehrsmittel, Luftfahrt und Energie (Ölraffinerien, Kraftwerke). Sie tragen bislang die Hauptlast des Kampfes. Sie haben Sarkozy die Daumenschrauben angelegt. Sie wissen, dass sie die ersten in der Schusslinie sind, falls die Regierung gewinnt. Der Präsident wird alles tun, die Kraft der Gewerkschaften in diesen Bereichen zu brechen.

Aber es reicht nicht aus, sich auf Blockaden der kämpferischen Gewerkschaftervorhut zu verlassen, wie es die CGT bisher getan hat. Der Staat muss handeln oder seine Niederlage eingestehen.

Wenn Sarkozy bei der Renten-Reform einknickt, wäre er erledigt. Erledigt in dem Sinn, dass damit auch das gewaltige Kürzungsprogramn mit der Rentenreform als Speerspitze hinfällig wäre. Erledigt wäre Sarkozy auch bei den nächsten Wahlen als Präsident, der sich nicht durchsetzen kann.

Es ist jedoch unklug, seine Strategie darauf aufzubauen, dass der Gegner die Nerven verliert. Die schiere Verzweiflung wird ihn dazu bringen, die volle Macht des Staates einzusetzen. Wenn diese Maschinerie einmal rollt, werden Aktionen einer Vorhut von militanten FacharbeiterInnen sich als unzureichend erweisen. Das hat 1984/85 der große Bergarbeiterstreik gegen Thatcher in Britannien bewiesen.

Die großen Bataillone der organisierten und unorganisierten ArbeiterInnen müssen  in den nächsten Tagen  ins Treffen geführt werden - oder die große Bewegung wird zurückweichen.

Ein umfassender, unbefristeter Generalstreik muss von allen Gewerkschaftsverbänden ausgerufen werden, wenn nötig, von CGT und SUD allein, wenn CFDT und FO sich aus der Front zurückziehen. Nur so können Sarkozy und der Staat unter den derzeitigen Umständen schachmatt  gesetzt werden. Noch sind die Voraussetzungen günstig. 70% der Bevölkerung sind gegen die Reformen der Regierung. Falls die Regierung die Nationalpolizei CRS gegen die Millionen auf den Straßen einsetzt, könnte das eine Revolution auslösen.

Um einen Generalstreik durchzuführen und durchzuhalten, bedarf es mehr als der allgemeinen Versammlungen der EisenbahnerInnen, EnergiearbeiterInnen, LehrerInnen und SchülerInnen, die täglich streiken.

Wir brauchen dringend Räte, bestehend aus Abordnungen aller Betriebe, gewählt von den Vollversammlungen und Koordinationen. Sie dienen nicht nur der Vereinigung aller Teile, die sich schon im Streik befinden, sondern v.a. der Gewinnung jener Sektoren, die noch nicht streiken, um den öffentlichen Rückhalt zu verstärken, Sabotage von irgendeiner Gewerkschaftsführung zu verhindern und sich zu weigern, ihnen Gefolgschaft zu leisten, wenn sie die Streikenden zurück zur Arbeit schicken wollen.

Angesichts der Attacken auf die Blockaden müssen die Gewerkschaften, die Jugend auf den Schulen, Universitäten und in den Vorstädten massenhaft Ordnungsdienste und Selbstschutzeinheiten bilden, um den Streik vor Polizei und Provokationen  zu schützen.

Die Aufgabe von RevolutionärInnen ist es, die besten GewerkschafterInnen zu sein, die beschlossenen Aktionen der Gewerkschaften und der Jugend zu ermutigen, zu verbreiten und zu unterstützen - aber das ist nicht genug.

Unsere Aufgabe ist es, klar zu machen, welche Taktiken und umfassenden Strategien zum endgültigen Sieg führen. Die Rücknahme aller Kürzungspläne, der Hinauswurf nicht nur von Premier  Fillon und Arbeitsminister Woerth aus der Regierung, sondern der Sturz Sarkozys und der UMP müssen erreicht werden!

Heißt das, sich mit den besten KämpferInnen zu streiten, die noch glauben, dass die CGT-Taktik ausreicht? Heißt das, das überholte Abkommen der Charta von Amiens zu brechen, welches die „politische Einmischung“ in vermeintlich reine Gewerkschaftsangelegenheiten verhindern will? Heißt das, offene und „undiplomatische“ Kritik und Herausforderung gegen Thibault (CGT-Führer) und Chereque (CFDT-Führer)? Ja, genau das heißt es!

Wer dies nicht tut, versäumt seine revolutionäre Pflicht. Dazu ist eine politische Vorhut da: Den Weg nach vorn zu weisen, wenn andere dies nicht wagen.

Die NPA muss einen klaren Aktionsplan entwerfen und ihre militanten Mitglieder für das Auftreten auf Vollversammlungen in Betrieben, Schulen und Universitäten organisieren. Sie müssen die Initiative zur Formierung von Koordinationen, Massenstreikposten und Verteidigungseinheiten ergreifen.

Wenn dies geschieht, wird sich eine organisierte revolutionäre Vorhut für künftige Kämpfe  herausbilden können.

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