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Stuttgart 21

Kein Vertrauen in Geißler! Es gibt nichts zu schlichten!

Arbeitermacht-Flugblatt zu S 21, Infomail 512, 13. Oktober 2010

Der Eiertanz um Vermittlung und Schlichtung ist ein übles Manöver. Es gibt keinen Kompromiss, keinen Mittelweg zwischen Bauen und Nichtbauen. Es geht nur darum, die ProtestiererInnen über den Tisch zu ziehen. Aber Verhandlungstische sind nicht unsere Arena. Unser Kampffeld sind der Park, die Strasse, der Bahnhof!

Es gibt keine Kontrolle über die Verhandler. „Vermittler“ Geißler wurde von Mappus ernannt. Die GRÜNEN u.a. haben ihn ohne jede demokratische Legitimation durch die Bewegung akzeptiert, ja selbst vorgeschlagen. Weder Vermittler noch Verhandler sind irgendjemand Rechenschaft schuldig. Niemand hat sie gewählt.

Geißler will eine „Friedenspflicht“ während der Vermittlungen. Was soll das heißen? Dass die Blockaden u.a. Aktionen des zivilen Ungehorsams ausgesetzt werden sollen?! Die Bewegung soll auf Eis gelegt und so ge-schwächt werden. Das ist unakzeptabel!

Geißler will „alle Fakten“ auf dem Tisch haben. Warum, fragen wir, werden diese - d.h. alle Verträge der Bahn AG, des Landes, der Stadt - nicht sofort veröffentlicht, warum soll nur er „alle Fakten“ haben, die uns jahrelang vorenthalten wurden?

Die Sitzungen sollen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, um „Vertrauen“ zu schaffen. Aber wer soll denn Mappus, Grube oder Geißler, ja wer soll VertreterInnen, die nicht rechenschaftspflichtig sind, vertrauen? Da ist Kontrolle besser!

Alles muss öffentlich gemacht werden. Wenn es Gespräche gibt, müssen diese öffentlich übertragen werden, so dass die AktivistInnen selbst ein Bild machen können.

Das würde - werden mache sagen - Gespräche verunmöglich. Wenn das so ist, dann beweist das nur, dass es nichts zu schlichten gibt, dass S 21 weg muss!

Es gibt nur eine Forderung: Totaler Baustopp sofort! Sofortiger Stopp von S 21!

Dafür müssen wir bis zum Schluss kämpfen. Keine Aussetzung von Demos, Blockaden und Besetzungen!

Lügenpack

Täglich wiederholt die S21-Lobby, dass ihr Milliardengrab demokratisch legitimiert sei, „weil es immer parlamentarische Mehrheiten gefunden habe.“ Viele in unserer Bewegung antworten, dass bei den Abstimmungen die Fakten und Kosten nicht bekannt waren. AnhängerInnen von Volksabstimmungen verweisen darauf, dass es bei einer Wahl nicht um einzelne Projekte geht.

Beides ist richtig. Bei keiner Wahl haben CDU, SPD oder FDP gesagt, was sie bei S21 vorhaben. Noch keine Partei hat bei Wahlen Rentenkürzungen oder Steuererhöhungen angekündigt. Aber gerade die gebetsmühlenartigen Verweise auf parlamentarische Mehrheiten zeigen, dass das parlamentarische System sich nicht für den Willen der Mehrheit interessiert, dass es Entscheidungen nicht im Sinne der Mehrheit korrigieren kann und will. Nicht einzelne Entscheidungen sind undemokratisch: die „parlamentarische Demokratie“ insgesamt ist ein undemokratisches System!

Vielen DemonstrantInnen erscheinen die LandespolitikerInnen und ihr Han-deln undemokratisch. Aber wen empört es, dass auch die Bundesregierung ständig gegen Mehrheiten handelt? Denn eine Mehrheit ist auch gegen den Krieg gegen Afghanistan, gegen Leiharbeit, gegen die Rente mit 67 und für Mindestlohn.

Die Massendemos haben gezeigt, dass die Landesregierung in der Minderheit ist. Die Menschen spüren das, sie fühlen sich im Recht und sehen Besetzungen als legitim an.

Das ist für die Herrschenden äußerst gefährlich. Gerade jetzt wollen Merkel und Mappus „Regierungsfähigkeit“ beweisen. Sie wollen und müssen gerade jetzt zeigen, dass sie gegen die Mehrheit Politik im Interesse einer Minderheit durchsetzen können.

Für uns zeigt das, dass diese Herrschaften lügen müssen! Sie müssen über die Fakten und die Ereignisse im Schlosspark lügen. Sie hoffen darauf, dass wir irgendwann nicht mehr zweimal die Woche gegen S21 demonstrieren können - und es gibt noch viele andere Angriffe.

Brutalität hat System

Die Brutalität des Polizeieinsatzes vom 30. September hat viele geschockt. Das defensive Vorgehen bei Demos und Blockaden und falsche Parolen wie „Wessen Polizei? Unsere Polizei!“ hatte Illusionen geweckt. Grüne und SPD nannten das Vorgehen „überzogen“ oder „unverhältnismäßig“. Doch: Was wäre verhältnismäßig? Nur 200 Verletzte statt 400? Die halbe Menge Pfefferspray?

In diesem System ist es die Aufgabe der Polizei und Justiz den Willen der Herrschenden durchzusetzen. Doch selbst in „ruhigen“ Zeiten könnte auffallen, dass dreimaliges Schwarzfahren zu Haft führen kann, aber Millionenbetrug stets nur zu Bewährungsstrafen führt.

Die Aufgaben der Polizei sind völlig unabhängig von Willen und Charakter einzelner PolizistInnen. Wir haben die Videos mit dem Schlägerbullen mit Glatze und Bart gesehen. Doch verantwortlich für den Einsatz und für die Brutalität sind Polizeipräsident Stumpf, Innenminister Rech und Mappus. Aber auch sie sind nur Handlanger des Systems.

Die Zeiten sind nicht mehr ruhig. Sie sind nicht mehr ruhig, weil Massen nicht mehr hinnehmen, dass Politik und Staat Milliarden aus den Taschen der arbeitenden Menschen in die Kassen der Spekulanten, der Banken und Konzerne lenken, die rücksichtslos die Zukunft der Menschen und die Natur opfern.

Jetzt, da sich die Mehrheit offen gegen das stellt, was in diesem System üblich ist, jetzt zeigt sich, was letztlich die Aufgabe der Polizei und des Staatsapparates ist: Die Interessen einer Minderheit durchsetzen, wenn die gewohnten Mittel nicht mehr reichen.

Lehren aus dem Polizeieinsatz

Klar ist aber auch: Die Befürworte-rInnen von S21 sind entschlossen, „ihr“ Projekt gegen den Widerstand der Mehrheit der Bevölkerung, gegen den wöchentlichen Protest von Zehntausenden mit Gewalt und Betrug durchzupeitschen.

Welche Schlussfolgerung ziehen wir daraus? Wie können wir unseren Kampf zum Erfolg führen? Wie können wir uns wehren, wenn der Gegner mit Gewalt den Konflikt eskaliert?

Die größte Stärke unserer Bewegung ist ihre Massenunterstützung in der Bevölkerung. Wir müssen die Kraft der Bewegung besser organisieren und strukturieren! Dazu schlagen wir regelmäßige offene BesetzerInnen- und AktivistInnenplena vor. So können noch mehr Menschen informiert werden, so können die Ausrichtung und Aktionen demokratisch diskutiert und beschlossen werden.

Der Polizeieinsatz zeigt aber auch, dass wir unsere Aktionen verteidigen müssen, dass wir eine organisierte Selbstverteidigung der Demos und Besetzungen gegen Übergriffe und zukünftige Räumversuche brauchen!

Dazu und für unsere politische Arbeit müssen wir die Bewegung vor Ort zusammenfassen, aus DemonstrantInnen und SympathisantInnen organisierte AktivistInnen machen! Dazu ist die Organisierung von Unterstützergruppen in den Stadtteilen, in Betrieben, an Schulen und Unis notwendig! Deren Aufgabe wäre es v.a., gegen weitere Räumaktivitäten Unterstützung zu organisieren. Der SchülerInnenstreik war ein hervorragendes Mittel, um rasch viele Unterstütze-rInnen im Park zu sammeln, und so das Tempo der Räumung zu verzögern.

Wenn das an Schulen geht, warum nicht auch an Unis und im Betrieb?! Gerade dort sollten GewerkschafterInnen, Vertrauensleute, Betriebsräte umgehend Belegschaftsversammlungen einberufen, um über die Polizeigewalt aufzuklären, UnterstützerInnen zu gewinnen und politische Solidaritätsstreiks zu organisieren.

Massenaktionen ausbauen!

Solche UnterstützerInnengruppen und die Massendemos sind weiter ein Ausgangspunkt für Aktionen wie Blockaden in der Stadt. V.a. geht es darum, die Besetzung über den Park durch eine Massenbesetzung des Bahnhofs auszuweiten, um so den Kampf weiter voranzutreiben, eine Anlaufstelle für UnterstützerInnen auch im Winter zu haben und ein Aktionszentrum des Widerstands aufzubauen, wo Workshops stattfinden, AktivistInnen ihre Treffen abhalten und Massenversammlungen stattfinden.

Demokratische Delegiertenstruktur der Bewegung!

Der Kampf gegen die Räumung hat gezeigt, dass trotz Polizeigewalt Tausende Widerstand leisten wollen. Wo aber blieb die selbsternannte Führung der Bewegung? Hat sie die Aktionen organisiert? Hat sie ein Flugblatt oder Aufrufe an die Bevölkerung herausgebracht? Nein, sie war als Führung nicht präsent! Wohl aber hat sie eine Woche davor ein „Spitzengespräch“ mit der S21-Lobby „für die Bewegung“ geführt, zu dem sie nicht legitimiert war. Das „Gespräch“, war von Beginn an eine Farce, da Schuster und Grube erklärt hatten, dass ein Baustopp für sie nicht in Frage komme. Dennoch ging das Verhandlungsteam um die GRÜNEN darauf ein und bereitete die Bewegung nicht auf die absehbare Räumung vor.

Das zeigt, dass wir eine demokratisch legitimierte Koordinierung und Führung der Bewegung brauchen, die von Delegierten der Aktions- und UnterstützerInnengruppen gewählt und jederzeit abwählbar ist - eine basisdemokratisch bestimmte Führung, die zur Umsetzung der Entscheidungen der Plena verpflichtet ist.

Anti-Krisenbündnisse und soziale Kämpfe!

S21 hängt eng mit der kapitalistischen Umstrukturierung der Bahn, dem Börsengang und ihrer Profitorientierung zusammen. Die Interessen der Beschäftigten und der Fahrgäste zählen nicht. Wir fordern:

Milliarden für den Ausbau des öffentlichen Nah- und Regionalverkehrs im Interesse der lohnabhängigen NutzerInnen! Kostenloser Nahverkehr für alle!

Keine Privatisierung, kein Börsengang der Bahn! Rückverstaatlichung der Bahn u.a. Verkehrsunternehmen! Kontrolle nicht durch Beamte oder Manager, sondern durch Komitees der Beschäftigten und der BenutzerInnen!

Kein Lohnverzicht bei der Bahn u.a. Transportunternehmen! Gegen Arbeitshetze und immer schlechtere Arbeitsbedingungen! Unterstützen wir den Kampf der Gewerkschaften für die Erhöhung der Einkommen der Beschäftigten, v.a. in den unteren Lohngruppen und den Kampf für Arbeitszeitverkürzung!

So ist es auch bei den Sparpaketen und der Verelendung der Hartz-IV-Beziehe-rInnen. Zahlen sollen jene, die ohnedies immer weniger in der Tasche haben. Daher gehören diese Kämpfe und der Protest gegen S21 zusammen! Die Verbindung stärkt den Kampf gegen Sozialabbau, Billiglöhne und Armut wie auch die Bewegung gegen das Milliardengrab S21.

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