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Werktor-Blockade

Insolvenz und fristlose Kündigungen der Betriebsräte bei Kelch in Schorndorf

Kuno Benz, Stuttgart, Infomail 476, 25. März

Mit ganz schlechten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Kampf um ihre Arbeitsplätze hatten und haben noch die Beschäftigten des Werkzeugherstellers Kelch und Links in Schorndorf zu kämpfen. Dort versuchte der Eigentümer – eine chinesische Gesellschafter-Gruppe – die Belegschaft systematisch hinters Licht zu führen. Der Betrieb sollte aufgespalten und an einem anderen Ort – mit reduzierter Fertigung und ohne Betriebsrat – weitergeführt werden. Dieses Vorhaben gipfelte im Februar in dem Versuch, in einer Nacht- und Nebelaktion Produktionsanlagen abzutransportieren.

Nachdem die Belegschaft zuvor in Kurzarbeit geschickt worden war, bemerkten aufmerksame Beschäftigte auf dem Werkgelände einen Sattelzug und betriebsfremde Arbeiter, die sich an den Maschinen zu schaffen machten. Zusammen mit den herbeigerufenen KollegInnen konnte mit der Blockade des Werktors der Abtransport der Produktionsanlagen zum größten Teil verhindert werden (siehe auch: Lorenz Seifers, Werktor erfolgreich blockiert, Neue Internationale 147, S.7).

Der zuständige IG Metall-Sekretär verhielt sich bei der Aktion laut den Beschäftigten sehr „positiv“. Er unterstützte, zusammen mit dem Schorndorfer Oberbürgermeister die Beschäftigten sehr – moralisch und verbal. Sein Geniestreich war, Strafanzeige gegen die Geschäftsleitung wegen Insolvenzverschleppung zu stellen – "bürgerlicher Staat, hilf uns mit deiner Polizei und deinen Staatsanwälten gegen kriminelle Chefs! Dann gehen wir auch wieder brav zurück an unsere Arbeitsplätze."

Wären stattdessen nicht primär die Ausweitung der Blockade und weitergehende Aktionen der Beschäftigten, wie die Fortführung der Produktion unter Arbeiterkontrolle, ohne die Chefs, notwendig gewesen!? So aber beruhigte sich die Lage. Anfang der folgenden Woche waren die Chefs wieder da und regierten weiter in Amt und Würden, obwohl nach Ansicht des Betriebsrats die Anwesenheit der Chefs für die Aufrechterhaltung der Produktion und der Arbeitsabläufe nicht notwendig wäre. "Jeder der Beschäftigten weiß, was er zu tun hat."

Inzwischen wurde ein Insolvenzverwalter eingesetzt. Die letzte Amtshandlung der alten Geschäftsleitung war, den 5 Betriebsratsmitgliedern fristlos zu kündigen – ganz offensichtlich unrechtmäßig. Der Betriebsrat, der vor Kurzem "eindrucksvoll wiedergewählt wurde", widersprach den Kündigungen.

Belegschaft und Betriebsrat rechneten aber, wie sich jetzt auch beweisen sollte, mit weiteren Schikanen. Die Pläne der Kapitalvertreter kamen nun ans Licht der Öffentlichkeit: Kelch soll mit einer "olympiareifen Mannschaft" von 50 Beschäftigten, ohne Betriebsrat und ohne Mitbestimmung in Weinstadt, also nur wenige Kilometer von Schorndorf entfernt, weiterproduzieren. Auch dem Insolvenzverwalter ist die Anzahl der Beschäftigten zu hoch, während die "Arbeitnehmer"-Vertreter "Misswirtschaft in der Vergangenheit" anprangern.

Jetzt besteht die Gefahr, dass die Auseinandersetzung nur noch um das "bessere Management" geht. Auf diese Weise aber wird die Belegschaft gespalten – in jene, die sich einen Job in der "Olympia-Mannschaft" erhoffen und in die anderen, die den Kampf um alle Arbeitsplätze führen wollen.

Wie aber ist die Position der IG Metall? Werden die Beschäftigten auch der umliegenden Betriebe und die Bevölkerung mobilisiert, gegen die Pläne der in diesem Fall besonders wild gewordenen Kapitalisten? Wird es unterstützt, dass die Belegschaft in der Lage ist, auch ohne Kapitalisten weiter zu produzieren – unter Arbeiterkontrolle? Das wäre auch ein Beispiel für weitere Kämpfe, die überall mit Sicherheit kommen werden, spätestens wenn die Beschäftigungs-Sicherungen und die Kurzarbeitsregelungen auslaufen. Oder sollen die Arbeitsplatzvernichtungen lediglich begleitet werden, um in "harten Verhandlungen" etwas bessere Sozialpläne herauszuholen?

Das Beispiel Kelch zeigt deutlich, dass sich die Unternehmer nur so lange an Absprachen, Tarifverträge und selbst Gesetze halten, wie sie ihnen nützlich sind; werden rote Zahlen geschrieben oder lockt eine höhere Rendite, ist das alles das Papier nicht mehr Wert, auf dem es gedruckt ist.

Es ist zu erwarten, dass der Insolvenz und den Kämpfen bei Kelch noch viele weitere kleine und mittlere Betriebe folgen werden. Um die zahlreichen Werkschließungen zu verhindern, ist es notwendig, dass die IG Metall nicht nur in Einzelfällen, sondern in der Fläche Kämpfe gegen Stilllegungen, Verlagerungen und Arbeitsplatzabbau bedingungslos unterstützt!

Der Kampf bei Kelch ist noch nicht zu Ende, ebensowenig wie bei BEHR in Stuttgart-Feuerbach und vielen anderen Betrieben. Notwendig sind Entschlossenheit und Solidarität. Und eine Führung, die nicht bei insolvenzbegleitenden Verhandlungen und Sozialplänen stehen bleibt, sondern die Kapitalisten angreift und ihnen die Verfügungsgewalt über ihr Eigentum an den Produktionsmitteln streitig macht.

Die Blockade des Werktors bei Kelch war so ein erster Schritt. Weitere müssen folgen!

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