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Tarifrunde

Solidarität mit den streikenden ErzieherInnen und SozialpädagogInnen!

Anne Moll, Infomail 427, 19. Mai 2009

Am 13. Mai 2009 war die Urabstimmung für einen unbefristeten Streik abgeschlossen. Knapp 90% der ver.di-Mitglieder in den Sozial- und Erziehungsdiensten haben sich für Streik ausgesprochen, nachdem am 30. April die Tarifverhandlungen gescheitert waren.

Der unbefristete Streik begann am 15. Mai, v.a. in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Ab 19. Mai kommen andere Bundesländer dazu.

Worum geht es?

Im Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes (TvöD) wird die Entgelttabelle, die die Eingruppierung der verschiedenen Berufe regelt, neu ausgehandelt.

Seit 1991 ist die Eingruppierung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst gleich geblieben, das soll sich jetzt ändern! Die Gewerkschaften ver.di und GEW führen zusammen mit dem Beamtenbund die Verhandlungen für die 220.000 Beschäftigten in kommunalen Einrichtungen. Auf der Arbeit“geber“seite sind es die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber und der Bund (AG), die seit dem 20. Januar 2009 am Verhandlungstisch sitzen.

Die Gewerkschaften fordern eine deutlich bessere Eingruppierung, während das Angebot der AG eine Absenkung der Löhne vorsieht!

Außerdem fordern die Gewerkschaften einen Tarifvertrag zur betrieblichen Gesundheitsförderung. Die Forderungen sind allerdings bescheiden: Es soll eine Gefährdungsanalyse bei verstärkter Überlastung in einzelnen Einrichtungen, einforderbar sein. In Kindertagesstätten soll es angemessenes Mobiliar für die Beschäftigten geben, die heute überwiegend auf Kindermöbeln sitzen müssen. Es soll um Lärmschutz gehen und Änderungen in der Organisation der Arbeitsabläufe.

Trotz dieser bescheidenen Forderungen hat die AG-Seite dazu gar kein Angebot unterbreitet.

Unterstützung notwendig!

Dieser Arbeitskampf ist auch deshalb besonders unterstützungswürdig, weil es sich um traditionelle Frauenberufe handelt. Die Beschäftigten in Kinder-Einrichtungen sind zu über 90% Frauen und schon seitdem es den Beruf gibt, ist er völlig unterbezahlt. Während die Ansprüche an die Qualitäten der ErzieherInnen ständig zunehmen und die Arbeitsbelastung wie überall in sozialen Berufen bis zum Unerträglichen steigt, liegt die Bezahlung immer noch im untersten Bereich!

Die Arbeitsbedingungen heute sind überall so, dass sie krank machen. Nur ein geringer Teil der Beschäftigten kann bis zum Rentenalter in dem Beruf arbeiten! Größere Gruppen, weniger Personal, längere Öffnungszeiten, Ganztagesbetreuung und Alterstufen von 0 bis 6 Jahren bei den Erziehungsdiensten machen die Arbeit oft unerträglich.

Die Arbeitsbedingungen in der Kinder- und Jugendbetreuung gefährden oft auch das Leben von Kindern, Jugendlichen oder ganzer Familien: durch den massiven Personalabbau kommen Hilfsangebote nicht mehr rechtzeitig bei den Bedürftigen an! 60% aller Einrichtungen im kommunalen Bereich leiden unter Personalmangel!

Hinzu kommt, dass der geringe Lohn durch viele Teilzeitstellen noch verringert wird und viele ErzieherInnen zum Zweitjob gezwungen sind, um überhaupt ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Insgesamt arbeiten in den sozialen Diensten nur 40% in Vollzeit, im Osten sogar nur 18%!

Fortbildungen, die erwartet werden, damit die ErzieherInnen überhaupt in der Lage sind, Unter- Dreijährige altersentsprechend zu betreuen und zu fördern (was bis heute  in der Ausbildung nicht ausreichend Berücksichtigung findet!) müssen in der Freizeit und am Wochenende besucht werden - bei der Bezahlung werden sie trotzdem kaum berücksichtigt.

Es ist also höchste Zeit, dass die ErzieherInnen mit Streik für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Bezahlung kämpfen!

Nicht zuletzt geht es um die Zukunft der Gesellschaft, um qualifizierte Betreuung unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Kinder in ihrer jeweiligen Altersstufe.

Es geht auch um die Beschäftigten im sozialen Dienst anderer Träger. Denn der Abschluss im TvöD wird auch eine Vorbildfunktion auf die Tarifverhandlungen der anderen Träger haben. Das betrifft 600.000 Arbeitsplätze!

Um so wichtiger ist die Solidarität mit diesem Streik, damit die Beschäftigten durchhalten, bis ihre Forderungen ohne Abstriche erfüllt werden.

Die Gruppe Arbeitermacht unterstützt den Kampf der Beschäftigten im sozialen Dienst. Wir sagen aber auch klar: selbst wenn die Forderungen voll erfüllt werden, muss der Kampf weiter gehen!

Denn in dieser Auseinandersetzung fehlen wichtige Forderungen, die längst überfällig sind!

Mindestlohn von 11,- Euro netto! 30 Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich!

Kleinere Betreuungsgruppen (das wäre auch der beste Lärmschutz)!

Bessere Ausbildung, kontrolliert von den Gewerkschaften!

Hilfsangebote der Kinder- Jugendhilfe in jedem Stadtteil, für alle jederzeit zugänglich!

Ausreichende staatliche Finanzierung aller Einrichtungen, finanziert aus der Besteuerung von Kapital und Besitz!

Dazu braucht es aber auch eine weitere Verschärfung der Aktionen: Einen bundesweiten, unbefristeten Streik! Solidaritätsstreiks in anderen Bereichen, v.a. des Öffentlichen Dienstes!

Wir sind der Meinung, dass die ErzieherInnen und alle Berufsgruppen in den sozialen Diensten Teil eines Bildungsaktionsbündnisses werden und sich mit Eltern und Beschäftigten von Pflegeeinrichtungen vernetzen müssen, um eine Umwälzung der jetzt profitorientierten kapitalistischen Ausrichtung der Arbeit hin zu einer an den Bedürfnissen der Gesellschaft orientierten Ausrichtung zu erreichen! Das wird nur möglich sein, wenn die Beschäftigten, die Eltern, die Gewerkschaften dafür kämpfen, dass die Betreuung in den Kitas von ihnen selbst kontrolliert wird.

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