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Mahle: Konzernweiter Aktionstag am 23.4.

Kämpferische Stimmung - aber wie weiter?

Frederik Haber, Infomail 421, 24. April 2009

Seit vier Wochen weiß die Belegschaft des Auto-Zulieferers in Alzenau, dass sie entlassen werden soll. Seitdem hat sie heftig mobilisiert: Ostermarsch mit fast 1.000 Beteiligten und am 18.4 Demonstration und Kundgebung mit 3.000 Beschäftigten in Alzenau. Betriebsräte, Vertrauensleute und viele aktive Beschäftigte haben vor Ort tatsächlich Belegschaften anderer Betriebe und Teile der arbeitenden Bevölkerung auf die Beine gebracht. Sie haben ihr Motto verwirklicht: Eine Region steht auf!

Die Aufsichtsratssitzung am 23.4. sollte jetzt die Gelegenheit sein, den ganzen Konzern zu mobilisieren. Ein europaweiter Aktionstag wurde ausgerufen, der sich auch gegen die Schließungen von Werken in Italien, Frankreich und England, sowie Personalabbau in Polen, Österreich und Spanien richten sollte. Der Tag der Aufsichtsratssitzung war gewählt worden, um an dieses Gremium zu appellieren, Alzenau nicht aufzugeben.

Natürlich hat das dieses Gremium nicht beeindruckt. Mahle ist zwar keine Aktiengesellschaft, es gibt keine „Shareholder“, sondern die Anteile liegen bei einer Stiftung, aber die Interessen des Kapitals werden von Managern anderer Betriebe „beaufsichtigt“. Abgesehen davon, dass diese Stiftung jährlich ein paar Millionen für soziale Zwecke bekommt, die von anthroposophischen Vereinigungen ausgegeben werden, handeln Konzernführung und Aufsichtsrat also genauso brutal und profitorientiert wie jeder andere Kapitalist. Das sollte all denen, welche die „Shareholdervalue“ als besonders gefährlich anklagen, zu denken geben! Zweitens zeigt das, dass die Appelle gerade auch der Alzenauer an den „Stiftungsgedanken“ der Firmengründer - "Unternehmensziel ist ..... die  Erhaltung der Arbeitplätze" - hohl und hilflos sind.

Es kamen viele Busse aus Mahle-Standorten nach Stuttgart, aber es kamen weit weniger als bei ähnlichen Gelegenheiten vor Jahren. Mitschuld sei die Kurzarbeit, war z.B. von Stuttgarter Mahle-Beschäftigten zu hören. Die Stimmung andererseits war kämpferisch. Auch bei den Rednern. Sowohl Dünnemeier von der IG Metallbezirksleitung, wie Hofmeier vom Gesamtbetriebsrat griffen die Entscheidung der Konzernführung an. Aber an Perspektive hatten sie nur die Ausdehnung der Kurzarbeit bis 100%, Beschäftigungsgesellschaften und die „Einführung neuer Produkte“ zu bieten. Letzteres klingt angesichts der Auto- und Klimakrise sehr „zukunftsorientiert“, aber wie die Unternehmen dazu gezwungen werden könnten, verrieten diese Herren nicht.

Die Alzenauer, wie alle anderen Mahle-Belegschaften, die ebenfalls bedroht sind, müssen sich fragen, ob ihnen eine solche Perspektive, Kurzarbeit Null und Beschäftigungsgesellschaft wirklich reicht. Ihren Kampfeswillen zeigten sie am 23.4. erneut auch damit, dass einige versuchten, die nahe Bundesstrasse zu blockieren.

Erfolgreich gekämpft haben übrigens die KollegInnen in Spanien. Dort führte ein zweiwöchiger Streik dazu, dass die Entlassungszahlen halbiert wurden, Daimler in Stuttgart spürte die Auswirkungen.

Perspektive

Für die Belegschaften von Mahle und in anderen Betrieben gibt es nur eine wirkliche, unmittelbare Kampfperspektive: die Betriebsbesetzung!

So kann ein schleichende Zermürbung einer kämpferischen Belegschaft verhindert, der besetzte Betrieb zum Ausgangspunkt für die eigene Organisierung und weitere Aktionen werden, für den Aufbau einer von der Basis kontrollierten und auf täglichen Versammlungen gewählten und verantwortlichen Kampfführung, für den Aufbau lokaler Aktionskomitees, die Ausweitung der Aktion auf andere Standorte und andere Betriebe in ähnlicher Lage.

Wir fordern Betriebsratsspitzen und die IG Metall auf, einen solchen Kurz zu unterstützen! Schluss mit dem bisherigen Kurs fruchtloser und perspektiveloser Verhandlungen um die „Angebote“ der Bosse!

Letztlich sind die Probleme von Betrieben wie Mahle oder gar einzelner Standort in der gegenwärtigen fundamentalen Wirtschaftskrise „einzelbetrieblich“ nicht zu lösen. Nur eine einschädigungslose Enteignung (einschließlich des „Stiftungsvermögens“), Verstaatlichung und Reorganisation der Produktion unter Arbeiterkontrolle können eine Perspektive weisen und eine Alternative zur Arbeitslosigkeit bieten.

Dazu ist ein Abwehrkampf der ganzen Klasse notwendig, der den Kampf für ummittelbare und Übergangsforderungen - politischer Generalstreik, Enteignung der großen Konzerne, planwirtschaftliche Reorganisation gemäß den Bedürfnissen der Bevölkerung, eine anti-kapitalistische Arbeiterregierung notwendig, die sich auf die Kampforgane der Klasse stützt, nicht auf den bürgerlichen Parlamentarismus - mit dem Kampf für die sozialistische Revolution verbindet.

Auch eine Betriebsbesetzung würde das allein noch nicht lösen. Doch ein Anfang wäre sie allemal.

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