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Zimbabwe

Nieder mit dem reaktionären Mugabe-Regime, aber kein Vertrauen in MDC und die Imperialisten!

Martin Suchanek, Infomail 369, 24. Juni 2008

Am 27. Juni sollten Stichwahlen in Zimbabwe stattfinden. Am 22. Juni erklärte Oppositionsführer Tsvangirai, an den Präsidentschaftswahlen nicht teilzunehmen. Grund dafür sind Angriffe auf Versammlungen der Opposition, systematische Einschüchterung, physische Attacken bis hin zur Ermordung von AktivistInnen. Diese Verbrechen gehen auch nach der Rücktritt Tsvangirais weiter.

Es gibt keinen Grund, am Wahrheitsgehalt dieser Vorwürfe zu zweifeln. Schon vor Wochen hatte Mugabe erklärt, er werde „mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln“ sein Amt verteidigen - das schließt „natürlich“ Manipulation, Wahlfälschung, Massenverhaftungen und politische Morde ein. Nur hoffnungslose Parteigänger und Schönredner des Mugabe-Regimes, dem eigentlich längst die Totenglocken läuten müssten, versuchen das zu leugnen.

Nach dem Rückzug Tsvangirais will Mugabe die „Wahlen“ durchziehen wird, um so seinen Machtanspruch „demokratisch“ zu untermauern - auch wenn damit die Frage nach der zukünftigen Machtverteilung in Zimbabwe zwischen Mugabes ZANU, der „demokratischen“ Opposition MDC (Movement for Democratic Change = Bewegung für Demokratischen Wandel), die im Parlament die Mehrheit hat, keineswegs „endgültig“ geklärt ist.

Hinter den Kulissen wird von allen Seiten weiter ein Anteil an der „Zukunft des Landes“ reklamiert werden, nicht nur von der jahrzehntelang herrschenden kapitalistischen und staatsbürokratischen Elite um Mugabe und der „demokratischen“ Opposition MDC, die selbst von weißen Siedlerverbänden und liberalen Bourgeois dominiert wird.

Auch die Imperialisten versuchen, bei der Neuordnung des Landes und des südlichen Afrika mitzumischen. Der UN-Sicherheitsrat hat auf US-Initiative einstimmig die Abhaltung der Wahlen verurteilt, da diese nicht fair ablaufen könnten und so kein Ausweg aus dem Chaos möglich sei.

Um „Menschenrechte“ geht es den Mächten im UN-Sicherheitsrat natürlich nicht, wie man unschwer in Afghanistan, Irak, Tschetschenien, Kolumbien, Tibet oder Tschad - um nur einige der Aufmarschgebiete für die Verteidigung von „Recht und Ordnung“ zu nennen - sehen kann.

Das südliche Afrika ist aufgrund der jahrzehntelangen Raubzüge des Imperialismus in Kollaboration mit korrupten, aber letztlich kompromissbereiten lokalen Despoten ein krisengeschüttetes Pulverfass. Es ist zugleich auch Austragungsort verschärfter Konkurrenz zwischen den USA, Britannien sowie der EU (und damit auch Deutschlands und Frankreichs), der Regionalmacht Südafrika und China.

Für die Arbeiterbewegung und die Bauern, die Armut in Stadt und Land, droht die „Wahl“ zu einer bitteren Niederlage zu werden. In den letzten Wochen hat die Repression gegen die Gewerkschaften, gegen die Arbeiterklasse, gegen linke und sozialistische Organisationen massiv zugenommen. Diese erstreckte sich keineswegs nur auf UnterstützerInnen und WahlhelferInnen Tsvangirais und des MDC, sie richtete sich auch gegen GewerkschafterInnen, die Arbeiterbewegung und sozialistische Organisationen wie der „International Socialist Organisation,“ die seit einigen Jahren nicht nur gegen Mugabe, sondern auch gegen die MDC auftritt.

Es ist vollkommen klar, dass die Arbeiterbewegung, dass alle InternationalistInnen auf der Welt gegen diese Repression protestieren müssen!

Mugabes „Anti-Imperialismus“

Darüber darf Mugabes Pseudo-Antimperialismus nicht hinwegtäuschen! Im Wahlkampf, in den jüngsten Fernsehauftritten verspricht er nicht zum ersten Mal eine „Radikalisierung“ der Landreform, als ob er in den letzten Jahrzehnten Oppositionsführer und nicht Präsident das Landes gewesen wäre.

Dabei ist Mugabes Regime seit der Machtübernahme alles andere als ein Bollwerk des Fortschritts oder gar des „Sozialismus,“ wie das Regime proklamiert.

Mugabe und seine ZANU (Zimbabwe African National Union = Afrikanische Nationalunion von Zimbabwe) hatten 1979 dem Lancaster House Agreement zugestimmt, das zwar die politische Herrschaft von Smiths Rassistenregime nach langem Befreiungskampf beendete, die ökonomische Vorherrschaft des Imperialismus - insbesondere den Einfluss Britanniens und der USA - aber nicht angriff. So übernahm Mugabes Zimbabwe u.a. die Staatsschulden, die Smith und sein Apartheidregime aufgetürmt hatten. Noch heute zahlt Zimbabwe diese Schulden ab.

Die Landfrage, deren „Lösung“ Mugabe erneut verspricht, ist der wohl schlagendste Beweis dafür, dass das Regime über Jahrzehnte nichts Grundlegendes an den kolonialen Strukturen auf dem Land geändert, sondern diese verteidigt hat.

So befanden im Jahr 2000 11,2 Mill. Hektar Land in den Händen von rund 4.500 weißen Farmern, während 800.000 verarmte, vorwiegend schwarze Subsistenzbauern und Kleinfarmer mit nur 22,5 Mill. Hektar auskommen mussten.

Dabei spiegeln diese Zahlen die wahre Situation nur zum Teil wider. Die weißen Siedler, also Agrarkapitalisten, haben nicht nur das beste Land und große Flächen, sie haben auch moderne Produktionsmittel und ein schier endloses Reservoir an billigen Arbeitskräften. Während die weißen Farmer praktisch alle Gewinne aus der Agrarproduktion kassieren, bleibt die Masse der schwarzen Bauern aufgrund fehlender Produktionsmittel, teurer Kredite und kleiner Flächen arm, ja verarmt immer mehr.

Der Staatsapparat des rassistischen Siedlerstaates blieb intakt und wurde zu einer Stütze der neuen Verhältnisse mit Mugabe an der Sitze - eine Einwicklung, die durch die Ausschaltung der anderen ehemaliger Widerstandsgruppen wie Nkomo’s ZAPU (Zimbabwe African Peoples Union = Afrikanische Volksunion von Zimbabwe) und die Stärkung der Kontrolle über die Massenbewegungen einher ging.

Die Regierung Mugabe verfolgte nach der Unabhängigkeit jahrelang eine restriktive Lohnpolitik, um die Profite der weißen Kapitalisten zu sichern und die Entstehung einer neuen schwarzen Ausbeuterklasse zu begünstigen. Diese wurde auch durch das Aufschieben der lange versprochenen Landreform und extrem niedrige Preise für Agrarprodukte ermöglicht, was geringe Lebensmittelpreise in den Städten gewährleistete und damit den Wert der Ware Arbeitskraft niedrig hielt. Zudem wurden die Gewerkschaften korporatistisch eingebunden, um die Klasse zu befrieden und zu kontrollieren.

Für die Imperialisten war das Mugabe-Regime trotz seiner „marxistisch-leninistischen“ Fassade ein Verbündeter, der erstens das Fortbestehen der vom Kolonialismus geprägten ökonomischen Strukturen des Landes und seine Einbindung in die globale imperialistische Arbeitsteilung sicherte. Zweitens diente es als Stütze im Kampf gegen soziale Umwälzungen, gegen die Revolution und als Barriere gegen eine Radikalisierung des Kampfes gegen die Apartheid in Südafrika. Seine Verlässlichkeit in dieser Hinsicht hatte Mugabe schon im Kampf gegen linkere und radikalere Strömungen im Befreiungskampf wie z.B. gegen die ZIPA (Zimbabwe People’s Army = Volksarmee Zimbabwes) 1977/1979 bewiesen.

Neo-liberale Wende

Mit der veränderten weltpolitischen Lage nach dem Zusammenbruch der Nachkriegsordnung und der Ersetzung des südafrikanischen Apartheid-Regimes durch die ANC-Regierung, also die demokratische Befriedung des revolutionären Kampfes, wurde Mugabes Regime zunehmend weniger gebraucht.

Hinzu kam, dass das Land - auch aufgrund der Schulden des Smith-Regimes, aber auch aufgrund des Versäumnisses der Landreform und der Enteignung der weißen Farmer - Anfang der 1990er vor dem Staatsbankrott stand.

Die Regierung folgte daraufhin den neoliberalen Diktaten von IWF und Weltbank, was zu einer drastischen Verschlechterung der Lebenslage der Bevölkerung führte. Der Preis für eine IWF-Soforthilfe von 100 Mill. Dollar bestand in einem maßgeschneiderten Struktur-Anpassungsprogramm, das innerhalb von zwei Jahren u.a. den Verzicht auf die seit 1980 eingeführte kostenlose medizinische Grundversorgung und eine unentgeltliche Grundschulausbildung bewirkte. Verlangt wurde die Privatisierung von Staatsfirmen wie der Air Simbabwe, der nationalen Eisenbahn- und Elektrizitätsgesellschaften und der ebenfalls staatseigenen ZISCO-Stahlwerke, die bei einer Auslastung von 40 Prozent dem Kollaps ohnehin bedenklich nahe schien.

Mugabe versuchte zu lavieren, folgte aber im Wesentlichen diesen Programmen - nicht zuletzt, weil sein Regime und die ZANU-Elite samt ihrem weit verzweigten System von Korruption und Paternalismus davon selbst profitierten. Das Land aber trieb diese Politik in den Ruin. Das betrifft nicht nur die Umsetzung der IWF-Politik, das permanente Hinauszögern jeder entschlossenen Landreform, die Unterdrückung des Widerstandes gegen Zugeständnisse an Imperialisten und Großgrundbesitzer, sondern auch das reaktionäre Kriegsabenteuer im Kongo 1998-2002, das mit einem militärischen und ökonomischen Fiasko endete.

Heute ist Zimbabwe eines der zerrüttetsten und ärmsten Länder der Welt mit rund 80 Prozent Arbeitslosigkeit und einer Hyperinflation von 150.000 Prozent im April 2008 bzw. 165.000 Prozent im Mai 2008.

Die Arbeiterbewegung

In den 1990er Jahren entwickelte sich im Kampf gegen Privatisierungen und neoliberale Reformen der Mugabe-Regierung eine Gewerkschafts- und Arbeiterbewegung in Zimbabwe. Der Gewerkschaftsdachverband ZCTU (Zimbabwe Congress of Trade Unions = Gewerkschaftsbund Zimbabwes)diskutierte die Frage der Gründung einer Arbeiterpartei. Die Führung um den Generalsekretär der ZCTU und heutigen Oppositionsführer Tsvangirai schlug jedoch einen anderen Weg ein und setzte sich damit durch: die Gründung der MDC.

Diese Gründung war von Beginn an als Alternative zur Schaffung einer Partei der Arbeiterklasse gedacht. Sie sollte Mugabe auf einem parlamentarischen und „friedlichen“ Weg in einer „breiten“ demokratischen Allianz von Gewerkschaften, „Zivilgesellschaft“ und rechter Opposition, also den weißen rassistischen und erzreaktionären Farmerverbänden, ablösen.

Bei dieser Allianz „für Demokratie“ handelte sich um ein Bündnis, dass dazu diente, dem Kampf der Arbeiterklasse und Unterdrückten gegen das Mugabe-Regime die Spitze zu nehmen, ihn zu kanalisieren und zu instrumentalisieren.

Das korrupte, diktatorische Mugabe-Regime sollte durch eine Regierung „aller Klassen“ ersetzt werden. Der Wunsch der Massen nach Demokratie, nach bürgerlich-demokratischen Rechten, nach Organisationsfreiheit, nach einem Ende von Despotismus und Korruption wurde demagogisch missbraucht, um eine Bündnis der Gewerkschaften mit liberalen Kapitalisten und rassistischen Farmerverbänden zu rechtfertigen.

Es handelt sich dabei um eine klassische Volksfront, deren Zweck nicht bloß in der Ablösung Mugabes, sondern vor allem in der Sicherung der bürgerlichen Eigentumsverhältnisse und der imperialistischen Dominanz über Zimbabwe bestand und besteht. Kurz: sie war eine weitere Sicherung gegen die soziale Revolution angesichts einer absehbar größer werdenden ökonomischen und politischen Krise, sozialer Verwerfungen, verschärfter Klassenkämpfe, ja vor-revolutionärer oder gar revolutionärer Situationen.

Die Politik und Mechanik der Volksfront MDC zeichnete sich gleich zu Beginn ab. Die „Demokraten“ ließen nach kurzer Zeit eine der wichtigsten demokratischen Forderungen der Gewerkschaftsbewegung der 1990er Jahre fallen, jene nach einer entschlossenen Landreform, nach Enteignung der weißen Farmer.

Damit opferte die 1999 gegründete MDC schon bald die sozialen Interessen von Millionen LandarbeiterInnen und Kleinbauern zugunsten der Klassenprivilegien der Farmer.

Auch die Forderung nach Streichung der Schulden, nach Bruch mit den IWF-Diktaten wurde gestrichen und in den letzten Jahren mehr und mehr durch neoliberale Forderungen ersetzt - eine Tatsache, die auch die zunehmende Dominanz von Kapitalisten und bürgerlichen Politikern (Anwälten etc.) im MDC verdeutlicht. Die städtische Arbeiterklasse wurde so politisch einer Fraktion der herrschenden Klasse untergeordnet.

Sie wurde zwar immer wieder vom MDC und den Gewerkschaften mobilisiert, um Mugabe und sein Regime in die Defensive zu drängen - die Politik der Opposition bestimmten aber nicht die ArbeiterInnen, sondern die liberalen Kapitalisten und weißen Farmer.

Schließlich hat der MDC ihre parlamentarische Taktik und Ausrichtung noch mit wiederholten Appellen an die Imperialisten, an die „internationale Staatengemeinschaft“ verbunden - und zwar nicht erst in jüngster Zeit nach den Manipulationen bei der Präsidentschaftswahl im März 2008, sondern schon Jahre zuvor. Diese Politik des MDC erlaubte es Mugabe tragischerweise, sich selbst wieder unverdient als „Antiimperialist“ zu präsentieren.

Der Schwenk des MDC in der Agrarfrage - folgerichtiges Resultat des Bündnisses mit den weißen Farmern - war umso fataler, also sich noch in den 1990er Jahren eine Bewegung der Kriegsveteranen gebildet hatte, die sich ursprünglich gegen Mugabe gerichtet und zum Leben ausreichende Renten und später Landverteilung gefordert hatten. Diese Bewegung wurde zuerst von den Sicherheitskräften unterdrückt - schließlich befand sich Mugabe damals selbst mit den weißen Farmern im Bündnis.

Doch der Druck der Veteranen erhöht sich und Mugabe sah sich gezwungen, auf ihre Forderungen einzugehen. In dieser Lage kam ihm der Wechsel der Opposition zu den Farmern recht, um eine, wenn auch recht inkonsequente „Landbewegung“ zu entfachen.

Entscheidend ist jedoch, dass die MDC und die Gewerkschaften damit die Landfrage und letztlich auch das Landproletariat und die armen Bauern fallen ließen, ja dem Regime erlaubten, diese für ihre Zwecke zu missbrauchen, so dass die ZANU unter der Landbevölkerung auch wieder eine gewisse soziale Basis regenerieren konnte.

Ebenso fatal war die Politik Tsvangirais und seiner Berater, sich selbst zu willigen Helfern des IWF im Land zu machen und eine im Grunde neoliberale Wirtschaftspolitik zu propagieren.

Damit hat die MDC Mugabe und der ZANU trotz ihrer jahrzehntelangen reaktionären Politik, die selbst auf einem Bündnis mit den weißen Farmern beruhte und die Einbindung Zimbabwes in die bestehende imperialistische Ordnung letztlich verteidigte, erlaubt, sich als „Anti-Imperialist“ hinzustellen.

Tsvangirai wird neuerdings in Werbespots als imperialistischer Büttel in eine Linie mit Bush, Blair und Brown gestellt. Eine zynische und verlogene Verhöhnung, an der Tsvangirai allerdings auch mitschuldig ist.

Fatale Logik des Elektoralismus

Die Volksfrontpolitik und der Elektoralismus der MDC haben die Massen, haben die Arbeiterklasse und die Bauern und Bäuerinnen politisch entwaffnet und drohen sie nun weiter zu desorientieren und angesichts der verheerenden Lebensbedingungen im Land zu demoralisieren.

Seit den Präsidentschaftswahlen 2002 hat sich ein Muster der Politik in Zimbabwe immer wieder wiederholt. Der MDC trat - getragen von der Mobilisierung sozialer Proteste, von Massenstreiks bis hin zu mehrtägigen, wenn auch befristeten Generalstreiks - bei Wahlen an. Mugabe griff zu Einschüchterung, zu Repression, Wahlmanipulation - und blieb Präsident.

Der MDC setzte dann auf Vermittlung (via westlicher Imperialisten, Südafrikas oder der UNO) in der Hoffnung, dass sie Teile von ZANU zu einem „Bündnis der nationalen Einheit“ gewinnen könne. In jedem Fall endeten die Wahlen immer damit, dass Mugabe der MDC den Wahlsieg „stahl“. Allerdings: Eine Partei, die sich nicht einmal, sondern bei jeder Gelegenheit, um ihren Sieg betrügen lässt und daraus nichts lernt, verdient kein Mitleid, sondern Verachtung!

Bei der MDC-Führung ist die Hoffnung natürlich Ausdruck ihres Klassenstandpunkts. Für sie ist eine Fortsetzung des Mugabe-Regimes oder ein von diversen imperialistischen Mächten ausgehandelter Kompromiss allemal das geringere Übel als eine Massenmobilisierung der ArbeiterInnen und Bauern, die bürgerkriegsähnliche Formen annehmen und bei der sie die Massen nicht mehr kontrollieren könnte.

„Folgerichtig“ haben daher Tsvangirai und die anderen Führungskräfte des MDC bei jedem Wahlbetrug Mugabes, bei jedem Ansatz spontaner Mobilisierung, die das Regime durch die Aktion der Massen hätte stürzen können, die Arbeiterklasse und die Armut demobilisiert. Auch der Rückzug Tsvangirais von der Kandidatur offenbart nur einmal mehr die Hoffnungslosigkeit der Politik des MDC. Dass für Mugabe und seine Wahlkommission der Ausgang der Stichwahlen schon vor den Wahlen feststand, war längst bekannt. Statt sich auf diese Spielchen einzulassen, hätten die Gewerkschaften gegen den Wahlbetrug zum Generalstreik nach der ersten Wahl aufrufen müssen. Damit hätten sie Mugabe stürzen und zugleich auch die Grundlage für Machtorgane einer zukünftigen Arbeiter- und Bauernregierung legen können.

Stattdessen hat Tsvangirai an die Imperialisten appelliert zu intervenieren und gehofft, dass der Westen und Südafrika, der mit Abstand wichtigste Handelspartner, für die Opposition die Kastanien aus dem Feuer holen, und Mugabe und seine ZANU zu einer Machtteilung zwingen.

Etappentheorie

Macht diese Strategie für die den MDC dominierenden bürgerlichen Strategen noch Sinn, so kommt die Unterordnung der Gewerkschaftsführer unter diese Politik einem Klassenverrat gleich.

Gerechtfertigt wird sie von ihren, aber auch anderen, linken Teilen der Opposition in Zimbabwe damit, dass die Arbeiterklasse zuerst eine Phase legaler, bürgerlich-demokratischer Verhältnisse brauche, um dann den Klassenkampf gegen die Kapitalisten und Imperialisten voranzutreiben. Dieses Schema ist reaktionär und utopisch zugleich.

Reaktionär, weil es die Bildung einer „demokratischen,“ bürgerlichen Regierung unter MDC-Führung als notwendiges Stadium der politischen Entwicklung und der Revolution anerkennt. Damit gerät eine solches Schema dazu, die Herrschaft einer dem Imperialismus genehmeren „demokratischen“ Regierung in Zimbabwe zu verteidigen.

Ein solches Schema liegt noch heute der Unterstützung des MDC durch den Gewerkschaftsdachverband zugrunde. So wurde auch der Aufbau und die Unterstützung für den MDC bei früheren Wahlen wie im Jahr 2002 durch Organisationen wie die ISO (International Socialist Organisation, Schwesterorganisation von Marx21) in Zimbabwe gerechtfertigt. Es ist zu begrüßen, dass die ISO ihre Haltung zum MDC geändert hat, und heute anders als 2002 ablehnt, zu einer Wahl Tsvangirais aufzurufen.

Eine solche Haltung muss jedoch damit verbunden werden, für den Bruch der Gewerkschaften mit dem MDC einzutreten und für eine Arbeiterpartei zu kämpfen, die für eine sozialistische Revolution in Zimbabwe und weltweit eintritt.

Illusionär und utopisch ist das Schema aber auch aus einem anderen Grund. Mugabe hat wiederholt bewiesen, dass er mit allen Machtmitteln, mit jedem Mittel der Repression seine Präsidentschaft verteidigt. Die ZANU-Spitzen und der Apparat sowie die Führung des Militärs und der Repressionsorgane stehen zu ihm, auch wenn immer wieder Flügel mit einem Abkommen mit der Opposition liebäugeln. Der Grund, warum sie Mugabe anhängen, hat letztlich etwas mit dem Charakter des Regimes, seinem starken und in der gegenwärtigen Situation stärker werdenden bonapartischen Zügen zu tun.

Er hält die ohne ihn auseinanderstrebenden Flügel des Staatsapparates und der ZANU zusammen (und damit in gewisser Weise das ganze Land).

Angesichts des feigen, neoliberalen und proimperialistischen Charakters der Politik der Opposition trauen die Mugabe-kritischen Flügel der ZANU dem MDC wahrscheinlich auch nicht zu, das Land gegen eine drohende Rebellion der ArbeiterInnen und der Millionenmassen verarmter Schichten im Griff zu halten. Mugabe erscheint demgegenüber als Garant der Stabilität und Zusammenhalt auch der herrschenden Elite. Hinzu kommt, dass er sich auch einer geradezu klassischen Methode zur Sicherung seiner  bonapartistischen Herrschaft bedient, der Mobilisierung von Teilen der deklassierten und verarmten Schichten in Stadt und Land, denen er als eine Art „letzte Hoffnung“ erscheint.

Eine friedliche, parlamentarische Ablösung Mugabes ist daher Träumerei. Wenn überhaupt, ist sie nur durch eine vom Imperialismus vermittelte und erzwungene „Regierung der nationalen Rettung“ möglich, die selbst ohne Mugabe dessen Politik fortfahren würde. Angesichts der wirtschaftlichen Katastrophe im Land würde solch eine „neue“ bürgerliche Regierung weitere neoliberale und reaktionäre Zumutungen folgen lassen müssen.

Sie würde ein weiteres Verarmungsprogramm für die Massen beschließen, um die Inflation unter dem Diktat von IWF/Weltbank zu bekämpfen. Der Grundbesitz der weißen Farmer wäre sakrosankt und eine „moderne“ Agrarpolitik würde nicht den Hunger im Land beseitigen, wohl aber alle noch verbleibenden Hemmnisse für die Weltmarktausrichtung der Agrarproduktion.

Angesichts der Situation im Land wäre auch eine solche Regierung rasch mit der Unzufriedenheit der Massen, der Forderung nach Land, nach Brot, nach Arbeit konfrontiert - Forderungen, die Tsvangirai und die MDC ebenso wenig befriedigen können oder wollen wie Mugabe.

Sie würde versuchen, die Massen zu vertrösten, zuerst demokratisch, dann mit brutaler Unterdrückung. Anders ließe sich ihr Programm auch gar nicht durchsetzen.

All das würde bedeuten, dass zwar ein anderer Präsident „demokratisch“ an die Macht gekommen wäre, um dann ebenso wie der andere diktatorisch zu herrschen.

Revolutionärer Weg

Der Kampf gegen das Mugabe-Regime, gegen die Repression, gegen die Gangs, für die Freilassung aller politischen Gefangenen, für das Recht auf Rede- und Versammlungsfreiheit kann daher nicht mit ewigen Vertröstungen auf die nächsten Wahlen oder Appelle an die Zurückhaltung ebendieses Regimes geführt werden. Er muss vielmehr mit Methoden des Klassenkampfes geführt werden!

Es ist klar, dass Mugabe seine Macht nicht freiwillig abgeben wird. Gegen den Wahlschwindel, den illegitimen Charakter des Regimes helfen keine Appelle an „Demokratie“ und erst recht keine illusorischen und reaktionären Aufrufe an die „internationale Staatengemeinschaft“.

Demokratische Forderungen (Landreform, Unabhängigkeit vom Imperialismus, demokratische Rechte) können in Zimbabwe heute nur revolutionär errungen werden, nur durch die Mobilisierung der proletarischen und bäuerlichen Massen.

Dazu ist jedoch ein Programm notwendig, das die wichtigsten demokratischen und sozialen Fragen der Arbeiterklasse, der Armut, der Bauernschaft aufgreift. Um diese zu erreichen, bedarf es der Methoden des Generalstreiks, von Landbesetzungen, der Bildung von Selbstverteidigungsorganen gegen Übergriffe von Gangs, des Staatsapparates oder von Farmern, der Bildung von Arbeiter- und Bauernräten zur Organisierung dieser Kämpfe, aber auch der Agitation unter den einfachen Soldaten in der Armee. Kurzum: diese Kämpfe müssen mit dem Kampf um die Macht, mit dem Kampf für eine Arbeiter- und Bauernregierung verknüpft werden, die ein Notprogramm zur Sicherung der Lebensbedingungen für die Massen einführt.

Sofortige entschädigungslose Enteignung des Großgrundbesitzes, der weißen Farmer und die Aufteilung des Landes auf die Kleinbauern, auf Kooperationen und staatliche Produktionsbetriebe und Kontrolle der (Land)ArbeiterInnen!

Enteignung aller imperialistischen Konzerne, aller großen Unternehmen im Land und Fortführung und Reorganisation unter Arbeiterkontrolle!

Kontrolle des Austausches zwischen Staat und Land, Aufbau von Komitees der Bauern und der städtischen KonsumentInnen, um einen Austausch zwischen Staat und Land zu sichern, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen!

Enteignung der Banken und Kreditinstitute unter Arbeiterkontrolle!

Einführung eines Außenhandelsmonopols! Streichung aller Auslandsschulden!

Einführung eines von Komitees der ArbeiterInnen, Bauern, der städtischen und ländlichen Armut kontrollierten Notplans zur Sicherstellung der Versorgung und um Millionen wieder in Arbeit zu bringen!

Nein zu jeder imperialistischen Einmischung, ob militärisch, diplomatisch oder „humanitär“! Für eine internationale Kampagne zur Lieferung von Lebensmitteln und Maschinen zum Wiederaufbau Zimbabwes ohne Auflagen und Knebelverträge!

Für die Internationalisierung der Revolution! Für die Schaffung eines Räte-Zimbabwe als Teil einer Sozialistischen Föderation des Südlichen Afrika!

Ein solches Programm kann nur durch den revolutionären Klassenkampf durchgesetzt werden. Dazu braucht die Arbeiterklasse in Zimbabwe jedoch vor allem eine politische Organisation: eine revolutionäre Partei!

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