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Italien

Berlusconis Sieg - selbstverschuldete Niederlage der Linken

Martin Suchanek, Infomail 358, 18. April 2008

Das Desaster war perfekt. Berlusconis Wahlbündnis „Volk der Freiheit“ und andere rechte und rassistische Parteien wie Bossis Lega Nord haben einen klaren Wahlsieg errungen. Veltronis „Demokratische Partei“ gestand auch rasch ihre - erwartete - Niederlage ein.

Das wahre Desaster fuhr jedoch die „Linke“ ein. Das Wahlbündnis „La Sinistra - L’Arcobaleno“ (Regenbogen-Linke) aus „Rifondazione Comunista“ (RC), der „Partei der italienischen Kommunisten“ (PdCI), den Grünen und der Demokratischen Linken scheiterte mit 3,1 Prozent an der 4-Prozent-Hürde bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus. Bei den Wahlen zum Senat schaffte es gerade 3,2 Prozent. Noch vor zwei Jahren hatten die im Regenbogen vereinten Kräfte rund 10 Prozent erreicht!

Das Scheitern der Volksfrontpolitik

Die verheerende Niederlage der Regenbogen-Linken ist keine Überraschung. Sie ist auch nicht etwa unverdient, sondern das Resultat der opportunistischen Politik von RC in den letzten Jahren.

Nach dem Wahlerfolg vor zwei Jahren trat sie der Regierung Prodi bei, einer Volksfrontregierung, um den italienischen Kapitalismus und dessen Position in der EU zu stärken. Schon von 1996 bis 98 hatte RC die erste Regierung Prodi „toleriert“, deren neoliberale Politik Italiens Beitritt zur europäischen Währungsunion ermöglichte.

Nach dem Scheitern der damaligen „Olivenbaum“-Koalition unter Prodi machte RC unter Bertinotti einen Linksschwenk, gab vor, aus dem Opportunismus gelernt zu haben und keiner bürgerlichen Regierung mehr beitreten zu wollen.

Freilich waren diese Aussagen schon damals eine Mischung aus bewusster Täuschung und Selbsttäuschung. Täuschung, weil Bertinotti nach dem Scheitern seiner Politik Mitte der 90er Jahre selbst unter Druck von links kam und um seine Position fürchten musste.

Selbsttäuschung insofern, als Bertinotti und viele andere in RC zwar die Resultate der Volksfrontpolitik und der Unterordnung unter Prodis Vorgaben kritisierten, nicht jedoch die strategische Ausrichtung von RC als reformistischer Partei in Frage stellten. Diese strebte immer einen sozialen Wandel über den Parlamentarismus, Beteiligung an „Reformregierungen“ und mittels des bürgerlichen Staates an - das aber schließt unwillkürlich die Verteidigung des Kapitalismus mit ein.

Das war auch das unwillkürliche Resultat des Eintritts in die Regierung Prodi - Zustimmung zu allen Auslandseinsätzen des italienischen Militärs, zum Sozialabbau, zum rassistischen Grenzregime usw. usf. Und das alles, um mit einem Flügel der herrschenden Klasse Italiens „Schlimmeres“ zu verhindern.

Diese Politik des kleineren Übels hat wieder einmal das größere Übel an die Macht gebracht. Die Interessen der Lohnabhängigen und der Unterdrückten blieben notwendigerweise auf der Strecke.

Es ist kein Wunder, dass RC und der Regenbogen vor allem in den „traditionellen“ Hochburgen in Mittelitalien besonders schlecht abschnitten. Da half es auch nichts, dass angesichts wachsender Inflation die „scala mobile“ (gleitende Skala) der Löhne aus dem Hut gezaubert wurde. Ein großer Teil der ArbeiterwählerInnen, die früher RC gewählt hatten, blieb der Wahl fern.

Wie nach einer durchzechten Nacht versprechen die Führer von RC, allen voran Bertinotti, der auch rasch vom Parteivorsitz zurücktrat, Besserung. Ein „Neuanfang“ soll’s richten. Besser wäre der endgültige Grabgesang der RC-Truppe. Ein Schwenk nach links ist nicht zu erwarten, eher einer weiter nach rechts. Doch auch eine neuerliche Linkswende von RC würde nur dazu dienen, die Partei für die nächste Regierungsbeteiligung fit zu machen. Das braucht niemand.

Links von RC

Die Kräfte links von RC haben auch nicht überragend abgeschnitten. Die Partido Comunista dei Lavoratori (Kommunistische Arbeiterpartei - PCL, international verbunden mit Partido Obrero, Argentinien) erreichte 0,6 Prozent, die offizielle Sektion der Vierten Internationale, die „Sinistra Critica“ 0,5 Prozent und die morenistische „Partido della Alternative Comunista“ weniger als 0,1 Prozent.

Nach dem Sieg Berlusconis steht die italienische Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung nun vor einer doppelten Aufgabe:

1. Den Abwehrkampf gegen die kommenden Angriffe der neuen Regierung zu organisieren. Diese werden  gerade vor dem Hintergrund, dass der italienische Kapitalismus aufgrund seienr relativ geringen Konkurrenzfähigkeit von der kommenden Krise viel härter erfasst werden wird als z.B. der deutsche, deutlich an Schärfe zunehmen.

2. Die Neuformierung der Arbeiterbewegung selbst. Mit der Bildung der „Demokratischen Partei“ (DP), einer Fusion aus der KPI-Nachfolgerin „Demokratische Linke“ (PDS) und der Democrazia Christiana“ (DC), ist eine neue, rein bürgerliche Partei entstanden. Das heißt aber auch, dass in den nächsten Jahren Teile der Gewerkschaften - v. a. der CGIL - in noch größere Konflikte mit der neuen DP geraten werden als sie mit der PDS schon waren. Solche Konflikte und der Bruch der Gewerkschaften mit der DP müssen von RevolutionärInnen und allen klassenkämpferischen ArbeiterInnen mit allen Mitteln gefördert werden.

Es gilt zu verhindern, dass die RC-Führung eine dritte Chance erhält, sich zu regenerieren und die Arbeiterklasse in einer nächsten „Anti-Berlusconi“-Koalition zu verraten.

In dieser Konstellation kommt den linken Abspaltungen von RC sowie dem linken Flügel der Gewerkschaftsbewegung - COBAS, Oppositionellen in der CGIL und besonders in der Metallergewerkschaft FIOM - eine ausschlaggebende Bedeutung zu, trotz nur mäßiger Wahlergebnisse.

Einerseits können und müssen sie eine Schlüsselrolle spielen bei der Organisierung des Abwehrkampfs gegen die drohenden Angriffe, gegen die Fortsetzung der imperialistischen Kriegspolitik, gegen Rassismus und Repression.

Andererseits müssen sie die Initiative ergreifen, die Frage der politischen Führung der Klasse, des Aufbaus einer neuen Arbeiterpartei offensiv zu stellen.

Das verlangt von COBAS und anderen Gewerkschaftsoppositionellen, mit ihrer syndikalistischen Tradition zu brechen, die trotz mitunter bester Absichten in den letzten Jahren immer wieder darauf hinauslief, die politische Führung über die Avantgarde der italienischen Arbeiterklasse RC zu überlassen.

Es fordert aber auch von den drei kleineren Oppositions„parteien“, die sich allesamt auf eine trotzkistische Tradition berufen, mit der gerade in der „Vierten Internationale“ vorherrschenden Tradition zu brechen, das eigene Programm zugunsten „breiter“ Programmkompromisse zwischen Reform und Revolution zu entsorgen. Vielmehr ist es für echte RevolutionärInnen notwendig, den Kampf für eine neue Arbeiterpartei in Italien mit dem Kampf für eine revolutionäre Grundausrichtung einer solchen Partei von Beginn an zu verbinden.

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