Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Rente mit 67

Wie kann der Widerstand erfolgreich sein?

Infomail 298, 21. Februar 2007

Noch hat der Bundestag nicht endgültig über die Rentenreform abgestimmt, aber der Kampf scheint entschieden. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung ist gegen dieses Projekt, das Milliarden in die Taschen der Kapitalisten umverteilt und für Millionen Menschen Armut im Alter bringt, Schinderei und noch mehr Jugendarbeitslosigkeit. Hunderttausende haben gegen diese "Reform" protestiert - auch während der Arbeitszeit.

Planlose Gewerkschaften

Aber die Gewerkschaften weigern sich, den Protest erfolgreich zu organisieren. DGB, IG Metall und ver.di haben hunderte Bürokraten in ihren Zentralen sitzen. Aber es gibt keinen einzigen Plan, wie am 26.2., wenn im Bundestag die Anhörung zur Rente läuft, flächendeckend im Land protestiert wird. Ein soll bei einigen Saalveranstaltungen und etwas Begleitmusik für die Experten des DGB, wenn sie im Reichstag ihre Meinung sagen dürfen, bleiben.

Es gibt keinen Plan, was zur zweiten und dritten Lesung am 9. März  passieren soll. Es gibt keinen Plan für eine zentrale Demo in Berlin geschweige denn für bundesweite Arbeitsniederlegungen oder gar politische Massenstreiks. Es soll wie bei allen „Reformen“ der letzten Jahre bei Protesten bleiben - wirksame Kampfmaßnahmen, und das sind letztlich eben nur Massenstreiks, sollen vermieden werden.

Es gibt auch keinen Plan, wie Betroffene - von RentnerInnen bis zu Jugendlichen - einbezogen werden sollen. Es gibt keinen Plan, wie andere, mit der Rentenreform verbundene politische Themen aufgegriffen werden sollen - z.B. die Frage weiterer Privatisierung der Altersvorsorge, die für die Masse zur Kürzung und Verteuerung führt, während sich die diversen privaten Versicherungsunternehmen weiter bereichern.

Natürlich weiß niemand im Voraus, ob solche Aktionen auch die nötige massenhafte Unterstützung erhalten, die sie brauchen. Natürlich findet ein Generalstreik nicht deshalb statt, weil der DGB das beschließt. Aber wenn eine Führung noch nicht einmal Vorschläge hat, wie der Kampf zu führen ist, dann kann sie ihn auch nicht führen.

Ganz offensichtlich wollen DGB, IG Metall und ver.di keinen wirklichen Kampf gegen die Regierung. Sie wollen kleine Zugeständnisse, eine Fortführung der Altersteilzeit etwa. So sollen die Belegschaften der Großbetriebe ruhig gehalten werden. In den großen Konzernen sind die Gehälter (noch) relativ hoch und die Profite des Kapitals fett genug, um die Leute, wenn sie verbraucht sind, per Altersteilzeit „hinauszukaufen.“

Die Gewerkschaften hätten die Chance, in der Rentenfrage zur Vertreterin aller Arbeitenden und Erwerbslosen zu werden. Stattdessen wollen sie lieber ihre „Kernklientel“ ruhig halten und ein paar Verbesserungen rausholen, während die große Masse im Regen steht. Aber selbst für die „Kernschichten“ ist die Politik kurzsichtig und fatal. Wer hat heute schon einen Arbeitsplatz für Jahrzehnte? Wie die Schließungen und Entlassungen in der Großindustrie – aktuell bei Schering/Bayer oder bei Airbus -, bei Banken oder im Öffentlichen Dienst zeigen, ist heute jeder von Hartz IV und damit von Verarmung bedroht.

Angesichts dieser Erfahrung müssen sich alle, die jetzt auf der Strasse gegen die Rentendemontage waren, fragen, wie diese Politik bekämpft werden kann? Dazu ist folgendes nötig:

Wir brauchen Kampf- und Aktionsformen, die die Rente mit 67 wirklich stoppen können: d.h. Großdemonstrationen und politische Massenstreiks.

Wir brauchen Organisationsformen, die die Gewerkschaften zum Kampf zwingen, und, wenn nötig, diesen unabhängig von den Gewerkschaftsbürokraten organisieren können.

Der Angriff auf die Rente ist ein Angriff, der alle Lohnabhängigen, ob beschäftigt oder erwerbslos, ob jung oder alt, ob Mann oder Frau triff. Wir brauchen daher auf diesen politischen Generalangriff auch eine politische Antwort.

Unabhängige Organisationsformen aufzubauen, bedeutet keinesfalls, die Gewerkschaften links liegen zu lassen oder neue zu stricken. Im Gegenteil! Überall in den Gewerkschaften muss dafür gekämpft werden, dass die Führung für den Erfolg handelt! Dafür sind sie gewählt und dafür zahlen wir Beitrag!

Aber wir dürfen nicht warten, bis sie tatsächlich handeln. Wir brauchen Aktionskomitees in allen Orten aus VertreterInnen der Betriebe, von Arbeitslosen und Allen, die aktiv werden wollen. Die Drohung, dass der Kampf notfalls auch ohne sie stattfindet, ist das wirksamste Argument gegen den Boykott der Bürokraten! Letztlich müssen wir erreichen, dass sich aus diesen lokalen Aktionskomitees, die es ja teilweise schon gibt, eine bundesweite Koordination bildet, die auch übergreifend handeln kann.

Kampfstrukturen

Aber auch eine solche demokratisch kontrollierte Struktur wird letztlich nur dann anders handeln, wenn sie auch eine politische Alternative zur Politik der Gewerkschaftsführung bietet. Diese ist völlig im Reformismus verhaftet. Das bedeutet, dass sie immer den Konsens mit dem Kapital sucht, dem "Sozialpartner", der "die Wirtschaft macht", an der man "gerecht beteiligt" sein will. Wenn das Kapital einfach tut, was es will, sind diese Reformisten beleidigt. Aber sie werden nie die "Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft" in Frage stellen, geschweige denn die Macht des Kapitals über die Produktion und die Profite.

Genauso akzeptieren die Reformisten die Entscheidungen der Regierung. Wenn eine Mehrheit im Parlament wie bei der Rente entscheidet, dann gilt das letztlich. Auch wenn die Mehrheit der Bevölkerung das nicht will. Deshalb wollen die Gewerkschaftsspitzen es sich nicht mit der SPD verderben, auch wenn diese den größten Sozialkahlschlag in der Geschichte der Bundesrepublik zu verantworten hat. Die rechten Gewerkschaftsführer, überzeugte Sozialdemokraten, haben jede Aktion gegen die Rente sabotiert (IG BCE, Transnet ...). Aber auch die "linken" (Peters, Bsirske) wollen das "Gespräch nicht abreißen" lassen. Auf der Strecke bleiben die Interessen der Arbeitenden.

Auch die GewerkschafterInnen, die sich für die neue Linkspartei einsetzen, bleiben in diesem Rahmen. Obwohl manche von ihnen zu jenen gehören, die die besten Aktionen gegen die Rente organisieren, weigern sie sich, gegen die sozialdemokratischen Saboteure zu kämpfen. Sie rufen auch nicht auf, nach Berlin zu fahren.

Das zeigt genau, was wir brauchen: Eine Politik, die mit dem Reformismus bricht, die sich gegen das Kapital und seinen Staat stellt - und eine Partei, die zum Kampf bereit ist. Wenn die Unternehmer mit Entlassungen oder Verlagerung drohen, ist die Antwort: Besetzung der Betriebe! Wenn die Regierung mit Reformen droht, ist die Antwort: Generalstreik!

Wir rufen auf, den Aufbau einer solchen Partei zu beginnen. So sammeln sich im „Netzwerk Linke Opposition“ (NLO) derzeit Menschen, die den Kurs der Linkspartei und der WASG ablehnen, der nur zu einer aufgewärmten SPD führt.

Wir rufen auf, überall Aktionsbündnisse gegen die Rente zu bilden! Der Kampf ist am 9. März nicht vorbei. Unabhängige Strukturen für den Kampf und für eine neue Arbeiterpartei, die nicht nur gegen die Rentenreform, sondern gegen den Generalangriff insgesamt und für eine Alternative zum kapitalistischen System, für eine sozialistische Revolution kämpft! Das ist die Perspektive, auf der wir in Zukunft aufbauen können!

Leserbrief schreiben   zur Startseite

Wöchentliche E-News
der Gruppe Arbeitermacht

:: Archiv ::