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Frankreich

CPE gekippt - aber mehr war möglich

Infomail 255, 19. April 2006

Die französische Studentenbewegung hat einen ungeheuren Erfolg über die Rechtsregierung erzielt; sie zwang Präsident Chirac, den Contrat Premier Embauche (Gesetz über Ersteinstellungen) nur 10 Tage, nachdem er Gesetz geworden war, zurückzunehmen.

Die Bewegung hat damit ihr erklärtes Ziel erreicht – zweifellos eine Erfolg im Kampf gegen den Plan zur Reform des Arbeitsrechts unter Premierminister Dominique de Villepins. Noch höher zu bewerten als die Aktionstage im letzten Jahr (Januar bis März), als die erfolgreiche Kampagne „Nein der Linken“ (gegen den EU-Verfassungsentwurf Mai bis Juni) und als der Jugendaufstand in den Vororten, repräsentiert die Studentenbewegung einen äußerst erfolgreichen Widerstand gegen die Hauptpläne des Kapitals in Frankreich.

Die ReformistInnen stellten mit Hilfe der ZentristInnen jedoch sicher, dass er nicht sein Potential voll ausschöpfte, weil dies bedeutet hätte, eine vorrevolutionäre Situation zu entwickeln - mittels eines umfassenden Generalstreiks (währenddessen alle Abteilungen der Arbeiterklasse und deren Forderungen ins Spiel kommen) in Richtung einer revolutionären Situation. Stattdessen begrenzten sie die Bewegung wissentlich.

Zunächst forderten sie einfach die Streichung des CPE in der Hoffnung, somit die Arbeitsrechtsreform abzuschwächen. Darüber hinaus wollte die französische Linke de Villepin, Chirac und die Regierung im allgemeinen in Misskredit bringen, d.h. auch Innenminister Nicolas Sarkozy. Sie hofft nun, dass eine sozialistisch-kommunistische Koalition die Wahlen 2007 gewinnen kann.

Die Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR, frz. Sektion des Vereinigten Sekretariats der Vierten Internationale) sehnt sich danach, entweder die SozialistInnen zu spalten und das „Nein der Linken“ als Wahlblock wiederauferstehen zu lassen oder an den Rockzipfeln der PCF hängend bei diesem Urnengang einen großen Gewinn als „die Linke der Linken“ zu landen.

Unsere Bemühung ist, die enormen Möglichkeiten der Bewegung nicht wegen dieses passiven Wahlfetischismus und ökonomistischen Grenzen des reinen Gewerkschaftlertums verloren gehen zu lassen. Wir sollten davor warnen, damit den GewerkschaftsführerInnen nicht erlaubt werden darf, irgendwelche Zugeständnisse an Chirac, Villepin, Sarkozy und Co. auszuhandeln.

De Villepin behauptet zynisch, er versuche nur „etwas gegen Jugendarbeitslosigkeit zu unternehmen“. In Ordnung, lasst die Gewerkschaften und Koordinationen der Jugend „etwas unternehmen“! Lasst uns an jedem Arbeitsplatz, in jeder Schule und Universität, in jeder Vorstadt und jedem Arbeiterbezirk das Ausmaß an Beschäftigungslosigkeit, sozialer Verwahrlosung und städtischem Niedergang diskutieren.

Wie viele neue Häuserblöcke, welche Verbesserungen an existierenden Projekten, wie viele Schulen, Krankenhäuser, Jugendclubs und Erholungszentren, Parks, Bus- und Bahnverbindungen werden gebraucht? Dann können wir einen lokalen und nationalen Plan - ein Aktionsprogramm - aufstellen, den Arbeitslosen zu Arbeit verhelfen, die sozialen Probleme lösen.

Wie das bezahlt werden soll? Lasst die Reichen, die Konzerne, Banken zahlen! Zwingt die reformistischen Führer - François Hollande von der PS und Marie-George Buffet von der PCF - auszusprechen, wo sie stehen, was sie an der Regierung tun würden. ArbeiterInnen, Jugendliche und rassisch Diskriminierte haben ein Recht, mehr zu erfahren als vage und selbstgefällige Bezugnahmen darauf, wie viel Gutes die Linke im allgemeinen aus dieser Art von Bewegungen schöpft und veranstaltet.

Die Koordinationen sollten auf allen Ebenen an die Gewerkschaften herantreten, um eine Kampagne von Massenversammlungen, Demonstrationen und schließlich direkten Aktionen (Streiks, Besetzungen, Blockaden) vom Zaum zu brechen und diese „Lösung“ für strukturelle Unterbeschäftigung, prekäre Arbeitsverhältnisse und sozialen Verfall zu fordern. So können wir eine Alternative zu einer reformistischen oder sozialliberalen Kampagne der SP, der KP und der Gewerkschaftsführungen präsentieren, die nur die Farce Lionel Jospins wiederholen würde.

Diese Kampfeinheit, die in den letzten mehr als 6 Wochen so großartig geschmiedet worden ist, kann so bewahrt und vertieft werden. Wir dürfen es Sarkozy und der Rechten nicht erlauben, die Vorstadtjugend, die Illegalen ohne Aufenthaltsberechtigungspapiere (sans papiers), OberschülerInnen (lycéen-ne-s) und UniversitätsstudentInnen auseinander dividieren lassen.

Entscheidend dabei ist das Aufgreifen der Forderung nach vollen Staatsbürgerrechten für jene, die nicht schon französische StaatsbürgerInnen sind: keine Einwanderungskontrollen, keine Abschiebungen! VertreterInnen der rassistisch Unterdrückten sollten Seite an Seite mit den Gewerkschaften UnternehmerInnen inspizieren, die arabische und schwarze ArbeitsplatzbewerberInnen benachteiligen und drakonische Bestrafungen verlangen. Immer wenn Sarkozys Sturmtruppen der CRS in Gemeinden mit großem schwarzen und arabischen Bevölkerungsanteil einfallen, muss ihnen mit Demos, Streiks und organisierter Verteidigung entgegengetreten werden.

Die Bewegung muss Sarkozys Rassismus bekämpfen - und den von Le Pen. An einem bestimmten Punkt können wir mit einer rassistischen Kampagne rechnen, um für eine gesellschaftliche Basis der Rechten 2007 zu sorgen. Wir können annehmen, dass die ReformistInnen diesem Thema ausweichen, so wie sie sich im November zu ihrer Schande weigerten, den Ausnahmezustand zu bekämpfen.

Wir müssen auch für eine wirklich revolutionäre Jugendmassenbewegung eintreten, um die Kräfte der Bewegung 2005-06 zu vereinen und die BürokratInnen der Studentengewerkschaft  - der UNEF etc. - zu bekämpfen und coordinations in Keimform für den vor uns liegenden Kampf am Leben zu halten. Die Jugend ist im Moment schlicht eine Kampfvorhut und stellt einen mächtigen Hebel zur Revolutionierung der Arbeiterbewegung in den künftigen Jahren dar.

Letztlich und am wichtigsten: wir müssen für eine neue revolutionäre Partei (und Internationale) so konkret wie möglich agitieren. Es reicht nicht, zu wiederholen, dass wir eine neue revolutionäre Partei brauchen und die LCR das nicht ist. Wir müssen die LCR, Lutte Ouvrière, die PCF und die verschiedenen Fraktionen und linken KritikerInnen konfrontieren, damit die breitere Schicht der Arbeitervorhut in eine Debatte verwickelt wird über die Art von Partei und Programm, die wir brauchen: nicht um nur den Neoliberalismus zu bekämpfen, sondern auch um den Kapitalismus zu stürzen, nicht nur um Wahlen zu gewinnen, sondern gleichfalls die Arbeitermacht zu erringen.

Die Liga für die Fünfte Internationale wird in den kommenden Monaten und Jahren ihre Anstrengungen verdoppeln, um solch ein Ergebnis zu erreichen. Wie die letzten Tage und Wochen gezeigt haben, steht Frankreich - und wird es gemeinsam mit Italien bleiben - im Mittelpunkt der Krise der Europäischen Union bei ihren Versuchen, einen imperialistischen Block zu schmieden. Und es wird im Zentrum unserer Bemühungen als Revolutionäre stehen, die Alternative dazu aufzubauen: Vereinigte Sozialistische Staaten von Europa als Schritt auf eine sozialistische Welt zu.

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