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Landtagswahlen

Wessen Niederlage?

Infomail 252, 29. März 2006

Bei den Landtagswahlen im März 2006, aber auch bei den Kommunalwahlen in Hessen gab es einen starken Einbruch der Wahlbeteiligung.

In kaum einer Kommune lag die Wahlbeteiligung über 50 %, in der Regel weit darunter. In Kassel gibt es Wahlbezirke mit hoher Arbeitslosigkeit, wo nur 20% wählen gingen. Der Anteil der  ImmigrantInnen liegt dort zwischen 20 und 30 %, die meisten nicht wahlberechtigt.

Die Landtags- und Kommunalwahlen und die Massenenthaltung

Es gibt offensichtlich eine wachsende Ablehnung aller parlamentarisch orientierten Parteien. Die Entscheidungen der Großen Koalition, wie die Einführung eines vorgezogenen Renteneintrittsalters usw. äußern sich in einer Mischung von Verweigerung und Resignation.

Hatte doch auch die Große CDU/SPD-Koalition angekündigt, in aller Ruhe die drei Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt abzuwarten, um dann zu den nächsten sozialen Grausamkeiten überzugehen.

In Baden-Württemberg wurde die SPD mit dem Entzug von über 500.000 Stimmen bestraft, auch die CDU büßte in absoluten Zahlen gegenüber der Bundestagswahl ein. Die Grünen sammelten Stimmen mit dem Slogan vom „knallharten Wirtschaftsfaktor Ökologie“.

Für die Große Koalition ist dieses Ergebnis - unabhängig von der absoluten Mehrheit der Nichtwähler - kurzfristig eine Stärkung. Sie wird das Ergebnis zur Legitimation neuer Angriffe nutzen. Für die Politik der Großen Koalition ergibt sich momentan eine Stabilisierung, wie verlogen eine behauptete Unterstützung für neue „Reformen“ aus dem Ergebnis auch sein mag.

Gleichwohl zeigen die Wahlen eine Desillusionierung gegenüber dem bürgerlichen Parlamentarismus, was gerade für die SPD, aber auch die „Volkspartei“ CDU langfristig zu einem massiven Problem werden kann.

Allerdings kann aus dieser Haltung nicht ohne weiteres auf eine Politisierung breiter Schichten geschlossen werden. Im Grunde spiegelt sich in den Wahlenthaltungen die gesellschaftliche Tendenz zur Verelendung und Marginalisierung größer werdender Schichten wider. Ob diese zu einer politischen Bewegung geformt wird oder einfach zur Apathie führt, hängt letztlich von der politischen Perspektive ab, die Arbeiterbewegung zu geben vermag, die eine revolutionäre Linke geben kann.

Die Linke

Auch die PDS/WASG konnte aus der Ablehnung der herrschenden Politik nicht wirklich profitieren, gegenüber den Bundestagswahlen 2005 gab es kaum Zugewinne an WählerInnen, eher einen Rückgang. In Baden-Württemberg gab es zwar in einigen Städten gute Ergebnisse, insgesamt blieb das Ergebnis aber hinter den Erwartungen zurück. Ziel von Gysi und Lafontaine war schließlich der Einzug in die Landtage. Lediglich in Sachsen-Anhalt hatte die Linkspartei prozentuale Zuwächse, was die Partei dazu brachte, sich heftigst der SPD als Partner anzubiedern.

Doch selbst dort müssen die Lobreden der PDS relativiert werden - sie konnte zwar Stimmenanteile gewinnen, die absolute Stimmanzahl blieb jedoch praktisch konstant.

Einzig in Hessen haben WASG und L.PDS einen Achtungserfolg eingefahren. Die SPD hat in einigen Kommunen Nordhessens einen starken Einbruch erlebt. In Hofgeismar sackte die SPD auf knapp über 30% ab, während eine Gruppierung ehemaliger SPDler 6 Prozent und die WASG 5,4 % erzielten.

Die Linkspartei.PDS bzw. die WASG hat dort, wo sie angetreten ist und auch präsent war, achtbare Ergebnisse erzielt. So in Kassel und Frankfurt über 6%, ähnlich in Offenbach, Rüsselsheim und Groß-Gerau. Erwähnenswert noch Marburg, wo die „Linken“ über 8 Prozent erhielten und Walldorf-Mörfelden, DKP/LL-Liste über 11,2 Prozent erhielt.

Beispiel Kassel

Politisch blieben aber auch viele diese Kandidaturen blass. Die Kasseler Linke ASG (WASG, SAV, PDS u.a.) hat in ihrem Kommunalwahlkampfprogramm zwar allerlei Forderungen zur „Verschönerung“ des Kapitalismus gesammelt (die im einzelnen oft unterstützenswert sind), aber keine zusammenhängende Analyse der Lage geleistet.

So werden Forderungen nach anderer Verteilung erhoben und ein Loblied auf den „50 Jahre stetig wachsenden Reichtum unserer Gesellschaft“ erhoben, auf einen Kapitalismus, in dem „genug Geld da ist“. Gegen jegliche marxistische Analyse der Lage resistent, resultiert dann für diese „Linken“ auch alles Übel aus der „Unvernunft“ der Herrschenden, die man mit einem Mix aus parlamentarischer und außerparlamentarischer Arbeit zum Umdenken zwingen will.

Weder Ursachen noch Wirkungsweise der kapitalistischen Krise werden auch nur annähernd dargestellt. Keine Kritik an der imperialistischen Kriegspolitik, die aus der imperialistischen Konkurrenz entspringt. Kaum ein Wort zur Lage und den Perspektiven der Arbeiterklasse in der Region.

Man kann der SAV zugute halten, das sie „das Übel an der Wurzel packen“ will, doch in der Außendarstellung der Kasseler Linken kommt das nicht rüber.

Auch die zweite Gruppierung mit linkem Anspruch (sie selbst nennen das „alternativ, unabhängig, fortschrittlich“), die AUF, kommt mit einem erzreformistischen Programm daher. Dass auf dieser Liste auch Mitglieder einer Partei mit „revolutionärem“ Anspruch, der MLPD, kandidieren, ist kaum erkennbar. Immerhin gewann Sie 1,5 Prozent der abgegebenen Stimmen.

Warum konnte die Linke nicht mehr gewinnen?

Die Stimmen für die WASG und auch für die PDS in Sachsen-Anhalt bzw. die Stimmen bei den Hessischen Kommunalwahlen drücken bei aller Schwäche ihrer reformistischen Programmatik und ihrem parlamentarischen Kretinismus auch den Willen nach Kampf gegen den Generalangriff und die Suche nach einer politischen Alternative aus.

So ist es sicher kein Zufall, dass gerade Arbeitslose in Sachsen-Anhalt die PDS weit überdurchschnittlich wählten und in diese Partei offensichtlich nach wie vor Illusionen haben.

Die WASG-WählerInnen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz kamen auch überdurchschnittlich aus dem Arbeitslosenmilieu und von gewerkschaftlich organisierten ArbeiterInnen und ehemaligen SPD-AnhängerInnen.

Dass WASG und PDS vergleichsweise schlecht abgeschnitten haben, liegt darin, dass die Parlamentsfraktion und die Führungen beider Parteien elektoral ausgerichtet sind. So haben beide nichts - oder nur in einzelnen lokalen oder regionalen Fällen - unternommen, gegen den Generalangriff der Großen Koalition und des Kapitals auf der Straße zu mobilisieren und diese Mobilisierung voranzutreiben.

Das Image der WASG/L.PDS ist geprägt vom müden Auftritt der Bundestagsfraktion, bei der einzig Oskar Lafontaines Auftritte wenigstens einen angriffslustigen, gegen die Regierung gerichteten Eindruck hinterlassen.

Hinzu kommen die Erfahrungen mit der realen PDS in Regierungsbeteiligung, die natürlich auch „außerhalb“ Berlins und Mecklenburg-Vorpommerns wirken.

Die PDS (und im Grunde auch die WASG) wirken als Systemparteien und werden als solche auch wahrgenommen; nicht als kämpferische Arbeiterparteien, sondern als linker Flügel des bürgerlich-parlamentarischen Systems.

Was in Kassel wie anderswo nicht wählbar war: Sozialismus und Rätedemokratie. Aber die können eh nicht gewählt, sondern nur erkämpft werden - mit den Mitteln des Klassenkampfes. Doch schon heute müssen die Kräfte für diesen Kampf gesammelt werden. Es kann heute schon für ein revolutionäres Programm eingetreten werden. Es kann heute schon der Kampf für eine revolutionäre, internationalistische Arbeiterpartei geführt werden.

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