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Streik bei Infineon München

Gewerkschaftslinke organisiert Solidaritätsaktion

Infomail 230, 30. Oktober 2005

Am Samstag, dem 28.10.05 versammelten sich ca. 50 KollegenInnen vor dem Haupttor von Infineon in München-Neuperlach, darunter auch Mitglieder der Linkspartei, GewerkschafterInnen, StudentenInnen und linke Gruppen. Zu dieser Aktion hatte die Münchner Gewerkschaftslinke aufgerufen.

Neben der Bekundung der Solidarität sollte mit den streikenden KollegenInnen darüber gesprochen werden, welche Unterstützungsmöglichkeiten die Münchner Gewerkschaftslinke mitorganisieren kann, um den Kampf gegen die Schließung des Werkes und den Verlust von 800 Arbeitsplätzen zu unterstützen.

Die TeilnehmerInnen der Solidaritätsaktion besuchten die Streikposten, die trotz Wochenende die Tore besetzt hielten. Die Streikenden begrüßten die Aktion, die Stimmung war, trotz des seit 5 Tagen durchgeführten Vollstreiks und trotz der einstweiligen Verfügung, Streikbrecher in den Betrieb einzulassen, nach wie vor sehr gut und kämpferisch.

Auch bei der Versammlung im Streikzelt der IG-Metall, auf welcher der erste Bevollmächtigte der IG-Metall München, Harald Flassbeck über das Ergebnis der mehrstündigen Verhandlungen, die am Freitag-Nachmittag begannen und am Samstag-Vormittag ergebnislos endeten, berichte, war diese Stimmung zu spüren.

Nachdem der Verhandlungsführer ankündigte, dass es beim Scheitern der Verhandlungen zu einem unbefristeten Streik kommen wird, spendeten die dort versammelten ca. 200 KollegenInnen heftig Beifall. Aber unklar blieb auf der Versammlung, welche Kriterien die Verhandlungsführung anlegt, um die Verhandlungen für gescheitert zu erklären. Insofern ist von Seiten der Verhandlungsführung völlig offen, ob der Kampf weitergeführt oder bald enden wird.

Eine Minute nach 0 Uhr begann am Montag der Streik, an dem sich die überwältigende Mehrheit der Kollgen/innen beteiligte. Nur eine kleine Notbesetzung von 30 Kollegen wurde im Werk belassen. Schon am ersten Tag wurden alle Tore von Streikposten bewacht, um keine Streikbrecher einzulassen. Die Geschäftsführung hatte im Vorfeld der Urabstimmung verkünden lassen, die Produktion mit einer Notbesetzung aufrechtzuerhalten. Dies scheiterte aber bisher an der Entschlossenheit der Belegschaft. Als am Morgen des ersten Streiktags mehre Busse mit “Arbeitswilligen” unter Begleitschutz der Bereitschaftspolizei angekarrt wurden, mussten diese wieder umkehren, da die Streikposten bereit waren, jeden Einlass dieser Streikbrecher zu verhindern. Am Dienstag, dem zweiten Streiktag, wurden 15 Ingenieure, die aus der Münchner Zentrale von Infineon kamen, unter der persönlichen Begleitung des Fertigungsleiters und durch massiven und gewaltsamen Polizei-Einsatz ins Werk geschleust. Gleichzeitig verließ der Notdienst aus Solidarität mit den streikenden KollegInnen das Werk. Ergebnis: ein Schaden von rund 200.000 Euro durch einen Bedingungsfehler der werksfremden Ingenieure.

Am Mittwoch schließlich erwirkte das Management eine einstweilige Verfügung durch das AmtsgerichtMünchen, “arbeitswillige” KollegInnen ohne Behinderung in das Werk einzulassen. Trotz des erzwungenen Einlasses einiger Streikbrecher steht die Chip-Produktion seit Montag still! Die Geschäftsführung ist bisher gescheitert.

Gleichzeitig hat dieser mutige Streik von Anfang an breite Unterstützung sowohl in der Bevölkerung als auch durch Delegationen aus anderen Münchner und bayerischen Betrieben erhalten: Am ersten Streiktag erhielten sie bereits Unterstützung von Abordnungen aus anderen Siemens-Werken, von BMW, Epcos, MAN und MTU. Die weiteren Tage waren geprägt von Delegationen aus anderen Gewerkschaften, z.B. von ver.di, vom bayerischen DGB-Vorsitzenden Fritz Schösser und vom DGB-Regionsschef Helmut Schmid.

Bisheriger Höhepunkt war die Großkundgebung am Freitagmorgen: über 1.000 TeilnehmerInnen, darunter Delegationen aus Bayern, Baden-Württemberg und Kassel, waren zur Unterstützung der Infineon-Beschäftigten gekommen.

Dass es den KollegInnen um ihre Existenz und letzten Endes um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze geht, haben sie immer wieder durch zahlreichen Aktionen und Warnstreiks bewiesen, die sie seit Bekanntwerden der Schließungs- und Verlagerungspläne nach Regensburg und ins österreichische Villach im Februar durchgeführt haben. Dafür spricht auch die Losung, unter der sie den jetzigen Streik führen: “Wir bleiben hier, dafür kämpfen wir”.

Dass die lokale IG-Metall-Verhandlungsführung diese Perspektive bereits aufgegeben hat, zeigt die Forderung, unter der sie den Streik initiiert hat: „Für einen ‚fairen’ Sozialtarifvertrag!“ Ihr geht es nur darum, die Abfindungsregelungen nach oben zu schrauben, die Frist für eine „Qualifizierungsgesellschaft“ zu verlängern und evtl. die Schließung des Neuperlacher Werkes um ein Jahr hinauszuzögern. Um den Erhalt der 800 Arbeitsplätze geht es ihr schon lange nicht mehr.

Nicht zu unrecht hat die Münchner Gewerkschaftslinke in ihrem Solidaritätsflugblatt die Frage gestellt, “wie die Verhandlungsführung der IG-Metall dieses richtige Ziel, die Existenzsicherung der Beschäftigten, allein mit einem Sozialtarifvertrag erreichen” will!

Die Münchner Gewerkschaftslinke wird sich Anfang nächster Woche erneut mit allen Interessierten zusammensetzen, um darüber zu sprechen, wie der Kampf weiter unterstützt werden kann. Die Unterstützung für den Aufbau eines Solidaritätskomitees, an dem sich andere Münchner Betriebe beteiligen sollen und können, wäre eine Möglichkeit, um den Kampf auf eine breitere Grundlage zu stellen.

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