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Autonome Antifa

Stehend K.O.?

Hannes Hohn, Arbeitermacht 61, März/April 2000

Der Kongress der Autonomen Antifa 2001 in Göttingen wirft seinen Schatten voraus. Wo Schatten ist, muss auch ein Licht sein. Und tatsächlich: übers Internet flattert uns ein Text auf den Monitor, der ein Schlaglicht auf die politische Verfassung der Autonomen Szene wirft.

10 Jahre Autonomer Antifa nehmen die Autoren zum Anlass für eine radikale Selbstbetrachtung. "Die bisherigen Organisierungsversuche der Antifa waren nicht ausreichend erfolgreich." Es sei weder gelungen, "die Kräfte zu bündeln" noch, eine einheitliche politische Plattform zu schaffen. Warum so negativ? Verbindliche und demokratische Organisationsstrukturen und ein fundiertes Programm haben die Autonomen doch schon immer abgelehnt. Nun haben sie das, was sie eigentlich sowieso nicht wollten, auch nicht geschafft. Ein Erfolg also. Auch die Distanz zur Arbeiterbewegung, die ohnedies als völlig verbürgerlicht gilt und sich womöglich auf eine gar nicht mehr vorhandene Arbeiterklasse stützt, wurde gewahrt. Ein grandioser Erfolg autonomer Politik! Sie sind rein geblieben, haben sich nicht die schwarze Weste befleckt im Kampf gegen Reformismus und Klassenverrat der Bürokratie dort, wo sie v.a. stattfindet - innerhalb der Gewerkschaften.

Mit Losungen wie "Kein Fußbreit den Deutschen" hat man erfolgreich die gesamte Bevölkerung abgestempelt und beschimpft und somit verhindert, dass sich irgendwelche nicht autonom geweihten "Normalos" dem aktiven Antifaschismus anschließen. Trotz all dieser Erfolge droht die Antifa nun "als bunter Farbtupfer in der Zivilgesellschaft gegen rechts unterzugehen." Es wäre wahrlich schade um diesen Tupfer auf der schönen zivilgesellschaftlichen Leinewand!

Aber welch Glück: es ist alles nicht so schlimm! Die Antifa ist nicht mehr so nötig, denn der Antifaschismus sei "nunmehr Staatslinie". Ein Aufstand der Anständigen, ein Verbotsantrag der Regierung gegen die NPD den autonomen Antifas lassen ihrer Glaubensbekenntnisses fahren. Der bürgerliche Staat treibt die Nazis vor sich her. Die zentrale Rolle der NPD und ihre gegenüber früher deutlich stärker militant-faschistische Ausrichtung und Praxis - ein klares Zeichen, wie politisch ungefährlich und organisatorisch schwach die faschistische Szenerie geworden ist? Die über Monate fast täglich stattfindenden Aufmärsche und Terrorakte der Nazis - alles nur Täuschungsmanöver?

"Die organisierten Nazis befinden sich in der Defensive." Die aktuellen Probleme der Nazis hätten ihre Ursache nicht etwa in stärkerem Widerstand einer Antifa, der sich auch immer mehr "Normalbürger" anschließen, und inneren Richtungskämpfen, sondern sie sind v.a. dem Engagement des Staates geschuldet und deuten womöglich auf den Zusammenbruch der Nazis hin? Wer weiß, wer weiß?

Gut ist es aber allemal, über eine "Antifa - jetzt endlich ohne Nazis?" zu spekulieren. Immerhin würde ja ein Verbot der NPD die Nazis "wahrscheinlich entscheidend schwächen". Wie das Verbote früher auch schon immer getan haben?!

Trotz ihrer Erfolgsgeschichte und ihrer staunenswerten Analysen stellen unsere autonomen Autoren fest, dass sich seit "Sommer 2000 eine bislang ungekannte politische Breite" zusammengefunden hat. Völlig richtig werden dabei die Leute, die politisch mit der Regierung und ihren heuchlerischen Kampagnen nicht mehr viel am Hut haben, als offenbar uninteressante Gruppe dabei nicht erwähnt. Dafür sind "Bündnisse mit bürgerlichen Gruppen" nicht "generell zu verwerfen." Genau! Warum sollen die Schafe nicht mal mit dem Tiger zusammen gegen den Wolf kämpfen? Ja, alles ist möglich.

Nur vor einem muss man sich hüten: nur ja nicht die grundlegende Methode der eigenen Politik in Frage stellen - auch dann nicht, wenn man als Antifa nicht mal mehr genau weiß, ob man überhaupt noch gegen den Faschismus kämpfen muss, kann, soll, will ...,

Deshalb: weiter auf dem bisher so erfolgreichen Weg des Aufbaus einer bundesweit koordinierten, auf einer klaren Plattform fußenden und immer breitere Kreise von antifaschistisch eingestellten Leuten, v.a. aus der Arbeiterbewegung, gewinnenden Bewegung! Hört ja nicht etwa auf wildgewordene Trotzkisten, die euch kritisieren und selbst als Antifaschisten aktiv sind. Achtet mehr auf den Dank aus bürgerlichen Gruppen. Die haben auch mehr zu bieten. Einen neuen schwarzen Anzug z.B., einen wie Joschkas. Der hat so angefangen wie ihr, mit fast derselben politischen Methode. Und wen stören schon die paar Nadelstreifen auf dem schwarzen Zweireiher?

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