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Ausverkauf der Sonderklasse

Bilanz und Schlussfolgerungen aus dem Opel-Abschluss

Infomail 194, 17. Dezember 2004

Für MarxistInnen ist der gewerkschaftliche Kampf ein Mittel zur Verteidigung von Arbeiterinteressen gegen die ständigen Zumutungen des Kapitals. Für die Betriebsräte bei Opel und die IG-Metall-Bürokratie geht vor allem darum, die Zumutungen gut zu verkaufen. Wo es wenig Raum für Kompromisse gibt, wird eben der Beschiss von den Gewerkschafts- und Betriebsratsbürokraten zum "Erfolg" umgedichtet.

Und der hätte kläglicher gar nicht ausfallen können! 8.500 Beschäftigte verlieren ihren Job! Das Ganze solle durch "freiwilligen" Übergang in eine Beschäftigungsgesellschaft für zwei Jahre, Frühverrentungen usw. "sozialverträglich" gestaltet werden. Sollten sich nicht genug "Freiwillige" für die Beschäftigungsgesellschaft finden, stehen im kommenden Jahr weitere Kündigungen auf der Tagesordnung.

Nach diesem "Kompromiss" soll weiter verhandelt werden - über Lohnkürzungen und Flexibilisierungen zur "Sicherung" der Standorte, die "natürlich" weiter zur Disposition stehen.

All das soll ohne jede Kontrolle der ArbeiterInnen und Angestellten, ja selbst der Vertrauensleute geschehen. Die ursprünglich zugesagte Belegschaftsversammlung wurde vom Betriebsrat erst gar nicht durchgeführt, um so jeder Unmutsäußerung zuvor zu kommen.

Der Abschluss markiert eine eindeutige Niederlage für die Beschäftigen bei Opel, aber darüber hinaus für die gesamte Arbeiterklasse - Beschäftigte wie Erwerbslose. Wie schon bei Daimler und nach anderen Niederlagen wird dadurch der Schulterschluss mit anderen Lohnabhängigen und die Abwehr des Generalangriffs des Kapitals weiter erschwert.

Der Ausverkauf bei Opel verdeutlicht noch einmal einige wichtige Lehren, die schon in den Kämpfen der letzten Monates sichtbar wurden.

1. Die Gewerkschaftsbürokratie und die Betriebsratsspitzen wollen dem Angriff des Kapitals keinen Widerstand entgegensetzen. Sie haben mit allen möglichen Mitteln bis hin zur persönlichen Diffamierung von StreikführerInnen in Bochum und deren gezielter politischer und öffentlicher Isolierung versucht, die Ausweitung des Kampfes zu erschweren und ihm die Spitze zu nehmen. Betrachtet man das Ergebnis der Vertrauensleutewahlen bei Opel Bochum, zeigt sich darin, dass die Bürokratie erfolgreich war. Im Vertrauensleutekörper kam es zu einer Verschiebung nach rechts.

2. Der Konflikt zwischen Bürokratie und Basis wurde in Bochum besonders deutlich, weil es dort schon eine längere Geschichte oppositioneller Vertrauensleute und Betriebsgruppen gab und gegen den Willen der IG-Metall-Führung und der Betriebsratsbürokratie das Werk fast eine Woche besetzt war. Schon Wochen vor der Arbeitsniederlegung hatten sich AktivistInnen um die Vertrauensleute gesammelt. Nun versuchen der Gewerkschaftsapparat und die Betriebsratschefs die Niederlage und die damit einhergehende Demoralisierung und Verunsicherung der ArbeiterInnen gegen führende StreikaktivistInnen und Vertrauensleute zu nutzen.

3. Der Kampf stand von Beginn an vor dem Problem, dass er über Bochum hinaus ausgeweitet werden musste. Natürlich tat die Gewerkschaftsbürokratie in dieser Hinsicht nichts, außer einem im wesentlichen rein symbolischen europaweiten Aktionstag zum Dampfablassen, der schließlich auch das Ende jeder Aktion markierte. Diese fatale Rolle der IG Metall-Führung und die Betriebsräte, die sie sicher auch in Zukunft spielen werden, bedeutet aber, dass eine betriebsübergreifende Verbindung von klassenkämpferischen BasisgewerkschafterInnen, ArbeiterInnen und Vertrauensleuten notwendig ist - sowohl, um den Druck auf die Gewerkschaft zu erhöhen, als auch um selbständig agieren zu können.

4. Daraus ergibt sich unserer Auffassung nach folgende Zielsetzung: die gewerkschaftlich-oppositionelle Organisierung der Vertrauensleute und StreikaktivistInnen in Bochum, von Daimler Mettingen und aus vielen anderen Betrieben; die Schaffung einer bundesweit koordinierten Kampfstruktur gegen Kapital und Gewerkschaftsbürokratie, die für Internationalismus, Klassenkampf, Arbeiterdemokratie und für eine neue Gewerkschaftsführung kämpft. Der Kongresses der Gewerkschaftslinken am 14. und 15. Januar in Stuttgart ist eine erste wichtige Gelegenheit dazu - lassen wir sie nicht ungenützt verstreichen!

5. Eine solche Bewegung braucht dazu ein politisches Programm und eine politische Ausrichtung - sie braucht eine neue Arbeiterpartei. Die Tatsache, dass 15 bis 17 KollegInnen bei Opel Bochum der Wahlalternative beitraten, weil sie erkannt haben, dass für einen erfolgreichen Kampf gegen die sozialdemokratische Politik der IG-Metall-Führung und des Betriebsrates eine neue Arbeiterpartei notwendig ist, zeigt, dass heute die Chance besteht, eine solche Partei aufzubauen. Das Verhalten des Landesvorstandes der WASG Nordrhein-Westfalen verdeutlich aber, dass dazu auch ein Kampf in der WASG selbst notwendig ist.

6. Die Bochumer KollegInnen wollten eine Betriebsgruppe der WASG gründen. Das wurde jedoch auch zu ihrer Verwunderung nicht etwa begrüßt. Im Gegenteil: der Landesvorstand versuchte, das mit allerlei statuarischen Formalismen zu hintertreiben. Sicherlich mögen in dieser Auseinandersetzung auch "Profilierungssüchte" usw. eine Rolle gespielt haben. Der eigentliche Grund für die Auseinandersetzung berührt aber die Frage nach dem politischen Charakter der Wahlalternative: soll sie eine Kampfpartei sein, die sich sozial auf ArbeiterInnen und GewerkschafterInnen wie die Streikenden in Bochum stützt - oder soll sie sich darauf beschränken, eine linkere Variante der Sozialdemokratie zu werden, in der die kämpferischen ArbeiterInnen wieder nach der Pfeife von Gewerkschaftsbürokraten wie Klaus Ernst tanzen sollen.

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