Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Gegen die Opel-Schliessung

Streik Jetzt!

Arbeitermacht-Flugblatt für die Großdemonstration in Bochum, Infomail 186, 19. Oktober 2004

Regierung, Unternehmer, Wirtschaftsexperten - alle "verstehen" die ArbeiterInnen bei Opel/Bochum. Alle haben einen Ratschlag parat: Zurück an die Arbeit!

Hat einer dieser Herren (Frauen gibt es unter ihnen ohnehin wenige) vor den Aktionen in Bochum auch nur ein Wort über die Belegschaft verloren? Hat auch nur einer vorab über die drohende Entlassung von 12.000 GM-Beschäftigten in Europa, darunter 4000 in Bochum informiert? Hat Herr Clement auch nur einmal zu verstehen gegeben, was er als Wirtschaftsminister mit Hartz IV mitverantwortet? Hat er nur einmal erklärt, wie jemand von ALG II anständig leben soll?

Auf die Ratschläge von Clement und diverser "Experten" können wir alle gut und gern verzichten. Auch auf diverse Ratschläge von IG Metall-Vize Huber und Konzernbetriebsratsvorsitzenden Franz können wir verzichten. Die ArbeiterInnen in Bochum mögen doch die Arbeit wieder aufnehmen - damit in Ruhe "vernünftig" verhandelt werden kann, so meint auch die BR-Zentrale und der IG Metall-Vorstand.

Was daran vernünftig sein soll, fragen wir uns. Jeder weiß, dass der Druck auf Management und Konzernzentrale nachlässt, wenn die Produktion wieder aufgenommen wird. Jeder weiß, dass der GM-Vorstand betriebsbedingte Kündigungen will, dass er ein knallhartes Sparprogramm in Europa durchziehen will, dass tausende Jobs flöten gehen sollen.

In dieser Situation muss der Druck auf die Konzernchefs erhöht und NICHT zurückgenommen werden. Nur die Aktionen in Bochum haben überhaupt dazu geführt, dass die Manager jetzt Kreide schlucken und plötzlich so tun, also ob die Pläne des Konzerns nicht ganz so gemeint wären. Nur sie haben dazu geführt, dass jetzt eine Rücknahme der Konzernpläne und ein Wendepunkt im Sozialkahlschlag hierzulande möglich erscheinen.

Wir sind wir mit Euch, KollegInnen bei Opel Bochum, solidarisch und wünschen Euch einen langen Atem, denn der ist sicher nötig.

Wie kann die Offensive des Vorstands gestoppt werden?

Die Massenentlassungen sind kein Schicksal, das wir kampflos hinnehmen müssen. Genau das zeigt Euer Streik.

Und ihr könnt gewinnen, wenn der Kampf konsequent fortgesetzt wird, bis alle Entlassungen, alle Kürzungen vom Tisch sind.

Dazu sind die Solidarität der ganzen Region und eine Ausweitung des Kampfes, ein Streik an allen GM-Standorten, vor allem in Deutschland nötig.

Die "Spaltung" zwischen Bochum und Rüsselsheim muss und kann überwunden werden. Dazu dürfen wir uns aber nicht auf die Konzernbetriebsräte oder IG-Metall-Vorständler verlassen. Schickt selbst Delegationen aus Bochum nach Rüsselsheim! Nehmt direkt Kontakt zu den Vertrauensleuten und Beschäftigten auf! Fordert sie auf, es Euch gleich zu tun - und die Arbeit niederzulegen.

Fordert sie auf, es Euch gleich zu tun, und selbst darüber zu bestimmen, ob, wie und wofür gekämpft wird. In Bochum hat die Belegschaft entschieden - und sie hat für den Kampf entschieden. In Rüsselsheim und an den anderen Standorten müssen auch die Beschäftigten zu Wort kommen. Es muss eine offene Diskussion darüber geben, wie wir weiter kämpfen können.

Dazu brauchen wir gewählte Streikleitungen, die den Beschäftigten verantwortlich sind, von ihnen kontrolliert und, wenn nötig, täglich abgewählt und neu zusammengesetzt werden können. Dazu brauchen wir transparent und offen geführte Verhandlungen, keine Geheimabsprachen. Kein Abschluss, kein Kompromiss ohne Zustimmung der Belegschaft!

Für einen solchen Kampf ist die Unterstützung der großen Masse der Bevölkerung notwendig. Das Bochumer Sozialforum ist hier ein Beispiel für viele Kommunen. Ähnliche Aktionen, ähnliche Verbindungen von Abwehrkämpfen in den Betrieben brauchen wir überall. Die Montagsdemos, die Sozial- und Aktionsbündnisse gegen Hartz und Agenda sind dazu ein guter Ansatz auch in vielen anderen Städten.

Vor allem aber: Opel ist keine Einzelfall. Bei VW läuft ein ganz ähnlicher Angriff. Bei großen Handelskonzernen wie Karstadt und Schlecker sollen ebenfalls 1000e gefeuert werden ...

Genau mit diesen KollegInnen müssen wir eine gemeinsame Kampf- und Streikfront bilden. Dazu sollte eine bundesweite Vertrauensleutekonferenz einberufen werden, die die Koordinierung der Abwehrkämpfe diskutiert und eine gemeinsame Streikfront über die Unternehmen und Branchen hinaus aufbaut und diese mit den Aktionen gegen Hartz IV und Agenda 2010 verbindet.

In der IG Metall müssen alle für die notwendige Solidarität und Unterstützung mit dem Kampf in Bochum eintreten - und zwar ohne wenn und aber! Streikabwiegler wie Huber müssen beiseite geschoben werden. So kann die IG Metall zu einer Kampforganisation der Mitglieder werden.

Perspektiven

Der Angriff bei Opel ist kein Einzelfall. Hinter ihm stehen auch nicht in erster Linie Managementfehler oder eine aussichtslose Lage des Konzerns. Auch bei Daimler fordert das Management eine halbe Milliarde Euro von den ArbeiterInnen - trotz 3,1 Mrd. Jahresgewinn 2003.

GM ist nach wie vor der größte Automobilkonzern der Welt. Das GM-Management will einfach ähnliche Zugeständnisse wie seine Rivalen im internationalen Konkurrenzkampf. Die aktuellen Angriffe gäbe es auch, wenn das Werk in Bochum superschwarze Zahlen schreiben würde - nur die Verteilung der angedrohten Kündigungen wäre dann vielleicht anders.

Hinter dem Angriff steht eine reale Überproduktionskrise in der internationalen Autoindustrie. Hinter dem Angriff steckt die fallende Profitrate in allen wichtigen Branchen. Die Kapitalisten müssen immer mehr Kapital aufwenden, um dieselbe Masse von Profit zu "erwirtschaften", d.h. um sich dieselbe Masse Mehrwert anzueignen. Daher sollen die Beschäftigten länger und für weniger Geld arbeiten - und zwar überall. Die letzte Kürzungsrunde, die letzte "Standortvereinbarung" ist nur der Auftakt zur nächsten Rationalisierungswelle.

Es ist daher komplett dumm, zu hoffen, durch besonders kluge "Vereinbarungen" könne irgend etwas Sinnvolles auf Dauer herausgeholt werden. Ist heute noch die 40-Stunden-Woche Ziel der Unternehmer, wird es morgen eben die 45-Stunden-Woche sein. Wenn wir heute auf "übertarifliche" Leistungen verzichten, sind morgen die Tarife dran.

Daher helfen auch Appell an "partnerschaftliches" Verhalten der Unternehmer nichts. Daher hilft es auch nichts, die "alten" Gepflogenheiten des "Interessenausgleichs" zwischen Lohnarbeit und Kapital zu beschwören. Diese Zeiten sind einfach vorbei.

Dem Frontangriff müssen wir uns frontal entgegenstellen!

Unsere unmittelbaren und nächsten Forderungen sind dabei klar: Weg mit dem gesamten Angriffs- und Sanierungspakt!

Aber klar ist auch: Wir müssen ans Eigentum ran! Wer sagt denn, dass Unternehmen wie Opel immer und ewig Privatunternehmen sein müssen? Wer sagt denn, dass es keine Alternative zu Sparprogrammen und Massenentlassungen gibt? Doch nur diejenigen, die fette Profite aus diesem kapitalistischen System ziehen.

Gegen die Entlassungen gibt es eine Alternative: Die Besetzung des Werks durch die Belegschaft, die entschädigungslose Enteignung von Opel, die Fortführung und Reorganisation der Produktion unter Kontrolle der Beschäftigten!

Ein solcher Schritt bedeutet Konfrontation mit den Herrschenden. Aber: in Konfrontation zu uns sind sie ohnehin schon selbst gegangen. Die aktuellen Massenentlassungen, Agenda 2010, Hartz IV - all das sind Kriegserklärungen des Kapitals an die Lohnabhängigen, Kriegserklärungen, die im übrigen auf der ganzen Welt (bis hin zur Form "echter" Kriege wie im Irak) ausgesprochen werden.

Uns wird immer wieder eingeredet, es gäbe keine Alternative zu Kapitalismus und "Marktwirtschaft". Als seien Arbeitslosigkeit und Verelendung, Lohnsenkung und Arbeitszeitverlängerung ebenso wie Kriege naturgesetzliche Erscheinungen. Wenn wir diese "Glaubenssätze" akzeptieren, haben wir schlechte Karten. Wir müssen offen über ein anderes System der Produktion, der Wirtschaft reden, und darüber, wie wir es durchsetzen!

Die Fragestellung ist doch eigentlich ganz einfach: Ist es möglich, auf dem hohen Stand der Produktivkräfte, der Technik, der Wissenschaft allen ein anständiges Leben zu ermöglichen, kürzer zu arbeiten, Gesundheit für alle zu verwirklichen usw.? Und wenn ja, was steht dem im Wege?

Wenn uns die Kapitalisten den Krieg erklärt haben - erklären wir dem Kapitalismus den Krieg!

Leserbrief schreiben   zur Startseite

Wöchentliche E-News
der Gruppe Arbeitermacht

:: Archiv ::