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Haiti

Imperialisten vertreiben Präsident Aristide

Infomail 157, 4. März 2004

Als Ende Februar Haiti überwiegend in der Hand der Rebellen war und die Hauptstadt belagert wurde, riefen die Regierungen von Frankreich und den USA den gewählten Präsidenten Jean-Beautrand Aristide auf, zurückzutreten.

Es handelt sich nicht um eine Volksrevolution. Die Rebellen der Nationalen Befreiungs- und Wiederaufbaufront (NLRF) sind eine Gruppe von weniger als 300 bewaffneten Kämpfern, die von früheren Offizieren der ehemaligen, aufgelösten Streitkräften Haitis geführt werden. Ihr Erfolg erklärt sich aus der wachsenden wirtschaftlichen und politischen Krise des Landes.

In den 1990er Jahren wurde Aristide der erste durch eine Volkswahl gewählte Präsident seit den 1950ern, als Haiti im eisernen Griff der Duvalier-Diktatur des Vaters Francois 'Papa Doc' und Sohnes 'Baby Doc' war.

Aristide war ein Priester, der sich den Belangen der Getretenen und Unterdrückten in Haiti widmete. Nach dem Sturz von Baby Doc gewann Aristide die Präsidentschaftswahl mit 67% der Stimmen. Der von den USA und der Weltbank bevorzugte Kandidat folgte weit dahinter.

Nichtsdestotrotz wurde er nach weniger als einem Jahr durch einen Militärputsch gestürzt und musste das Land verlassen. Über 1.000 Menschen starben in der folgenden Terrorkampagne durch das Militär. Nach einem UN-Wirtschaftsembargo, wachsender Repression und Wellen von Flüchtlingsmassen nach Florida intervenierten die USA 1994 militärisch und brachten Aristide wieder an die Macht.

Die USA sicherten allerdings ab, dass Aristide unter strikter Kontrolle blieb und die Forderungen des IWF und der Weltbank erfüllte, die während der Diktatur entstandenen enormen Schulden akzeptierte und nach einer zweijährigen Amtszeit seinen Rücktritt im Februar 1996 versprach.

Im Mai 2000 gewann die Lavallas-Familienpartei von Aristide eine große Mehrheit im Parlament, aber die Wahlen waren umstritten und die Opposition sprach von Betrug und wurde durch die USA und die EU wegen der 'Irregularitäten' unterstützt. Die tatsächliche Sorge der Imperialisten galt ihrer Möglichkeit zur Nötigung Aristides. Er hatte enorme Unterstützung von den Armen und seine Lavallas-Partei entstand aus einer Reihe von Massenorganisationen. Es blieb die ständige Angst, dass er unter dem Druck seiner AnhängerInnen eine Politik umsetzen könnte, welche die Interessen der Imperialisten in Haiti bedroht.

Aber Aristide forderte weder den Imperialismus heraus, noch mobilisierte er die Massen. Stattdessen versuchte er, die Gunst der internationalen Geldgeber und des IWF zurückzugewinnen. 2003 wurde ein strenges Spar-Programm umgesetzt, das die Treibstoffsubventionen einstellte und die Ausgaben für Bildung und öffentliche Verwaltung kürzte. Eine wachsende Opposition unter den Studierenden vereinigte sich mit der Opposition in den Protesten auf den Straßen. Oppositionelle Radiosender, die von ExilantInnen aus dem Ausland finanziert wurden, riefen zu bewaffneten Aktionen gegen den 'Tyrannen' Aristide auf. Die häufig in Straßenbanden organisierten Lavallas-UnterstützerInnen beschuldigten die studentischen DemonstrantInnen, die Konterrevolution zu unterstützen und attackierten sie. Einige StudentInnen wurden in den Zusammenstößen getötet, andere mussten sich verstecken.

Während dieser sich verschärfenden Krise unternahmen am 5. Februar die Überbleibsel der alten Diktatur im Norden des Landes ihre militärischen Angriffe. 1995 hatte Aristide die alten bewaffneten Kräfte aufgelöst und neue Polizeieinheiten aufgestellt. Aber diese Einheiten waren der gut finanzierten und trainierten NLRF nicht ebenbürtig. Hauptquartiere der Polizei wurden angegriffen und alle sich wehrenden Polizisten ermordet. UnterstützerInnen von Aristide flohen oder wurden misshandelt und getötet. Lediglich in der Hauptstadt fühlten sich die Anhänger von Aristide stark genug, sich zu bewaffnen, die Straßen zu besetzen und Blockaden zu errichten.

Aristide bemühte sich um auswärtige Hilfe, aber die Imperialisten beabsichtigten keineswegs, für ihn zu bürgen, da sie ihn nicht streng genug kontrollieren konnten. Stattdessen wurde ein durch Frankreich angeleiteter 'Friedensplan' entwickelt, der von den USA, Kanada und der Organisation Amerikanischer Staaten unterstützt wurde. Demnach hätte Aristide unter der Voraussetzung bleiben können, dass ein unabhängiger und für die Opposition akzeptabler Premierminister ernannt werden würde.

Die Opposition lehnte diesen Kompromiss jedoch ab. Nachdem die Rebellen Stadt um Stadt einnahmen, nahmen sie an, dass Aristides Tage gezählt seien und sie auf seiner Entfernung bestehen können. Als bewaffnete Milizen Lavalas die Straßen der Hauptstadt besetzten, entschieden die Imperialisten rasch, dass auch sie diesen gefährlichen Mann loswerden müssen. Frankreich bot an, eine internationale bewaffnete 'friedenserhaltende Kraft' anzuführen und rief Aristide zum Rücktritt auf, "um eine unkontrollierbare Spirale der Gewalt zu vermeiden". Die USA sagten zu, binnen weniger Tage interventionsbereit zu sein und schickten ihre Marines.

Genauso wie der Irak zeigt Haiti die heuchlerische Haltung der Imperialisten zur Demokratie. Wahlen sind so lange akzeptabel, wie der richtige Kandidat gewählt wird. 'Unsichere' gewählte Kandidaten - ein Chavez oder ein Aristide - müssen bei der erstbesten Gelegenheit beseitigt werden.

Nur wenn die Massen Haitis die Macht in ihre eigenen Hände nehmen und sie durch ihre eigene direkte Demokratie ausüben - durch Arbeiter- und Bauernräte - werden sie in der Lage sein, ihre Rechnungen mit der imperialistischen Unterdrückung und ihren eigenen Ausbeutern endgültig zu begleichen.

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