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Flugblatt gegen Pegida und Ableger

Rassisten und Faschisten stoppen!

Gruppe Arbeitermacht und Jugendorganisation Revolution, Infomail 797, 2. Februar 2015

Woche für Woche gehen Tausende auf die Straße - gegen eine vermeintliche „Islamisierung des Abendlandes“. Die reaktionären Anschläge in Frankreich bewerten sie - ähnlich den Rechtsradikalen in ganz Europa - als „Bestätigung“ ihrer Politik.

Das Establishment gibt sich gespalten. Einige lehnen Pegida verbal kategorisch ab. SPD, Grüne, Linkspartei, aber selbst Teile der CDU rufen zu Protesten gegen die Rechten auf. Andere mahnen „Dialogbereitschaft“ an, damit nicht die AfD einen Großteil der „Wutbürger“ als Wählermasse rekrutieren kann.

Hier beginnt die Verharmlosung der „Bürgerbewegung“. Pegida, Legida u.a. sind schlicht und einfach rassistische Mobilisierungen. Zugleich spiegeln sie aber auch wachsende Frustration über und - reaktionäre - Kritik an den gesellschaftlichen Strukturen wider. Auch wenn sie bislang über Dresden und tw. Leipzig hinaus keinen Massenzuspruch finden konnten, besteht die ernste Gefahr, dass sich eine neue Massenbewegung bilden kann, die von „respektablen“ Konservativen über Parteien wie der AfD bis ins offen faschistische Spektrum reicht.

Zwei Gefahren

Unverhohlener Rassismus ist das Bindeglied, das diesen verschiedenen Formen rechter und rechts-radikaler Mobilisierung Gemeinsame. Schon heute stellt er eine reale, lebensbedrohliche Gefahr für MigrantInnen und Flüchtlinge dar. In Städten wie Berlin haben sich „Bürgerinitiativen“ gegen geplante Flüchtlingsheime gebildet.

Der Staat und die etablierten Parteien geben sich zwar als Gegner dieser Aktionen. Zugleich greifen aber v.a. CDU und CSU deren Ziele auf. So wird wieder einmal die „berechtigte“ Unsicherheit und Angst der Bürger beschworen, die man vorher selbst mitinszeniert hat. Die CSU forderte neulich, dass MigranntInnen zu Hause deutsch sprechen sollen. Die sächsische CDU will mit Unterstützung des Koalitionspartners SPD eine „Sonderkommission Flüchtlingskriminalität“ gründen. Bei der EU-Wahl hat die CSU massiv Stimmung gegen die „Sozialbetrüger“ v.a. aus Rumänien und Bulgarien betrieben, ungeachtet der Tatsache, dass in Bayern nur 12 Verfahren gegen EU-Bürger wegen „Sozialbetrugs“ liefen.

So sollen weitere Einschränkungen der Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen, ein verschärftes Asylrecht, stärkere staatliche und polizeiliche Überwachung und weitere Abschottung von EU und BRD gerechtfertigt werden. SPD und Grüne warnen zwar vor „Demagogie und Übertreibung“ - stimmen am Ende aber angeblich „vernünftigen“ rassistischen Maßnahmen wie der Erleichterung von Abschiebungen zu. Die Linkspartei gibt sich zwar „kritischer“, ernsthaften Widerstand aber organisiert sie nicht. Wo sie (mit)regiert, setzt auch sie die repressive Flüchtlingspolitik um. Es ist wohl auch zuviel zu erwarten, dass diese Parteien MigranntInnen und Flüchtlinge verteidigen, obwohl sogar die Deutsche Rentenversicherung gefunden hat, dass die MigranntInnen einiges mehr in die Sozialsysteme einzahlen, als sie bekommen - die Differenz liegt bei über 20%.

Kein Vertrauen in den Staat! Nein zur Einschränkung demokratischer Rechte!

Kapitalistische Krise und staatlicher Rassismus sind der Nährboden, auf dem die rechten Mobilisierungen gedeihen. Und es sind die Gerichte und die Bullen, die die Betroffenen und uns bekämpfen, nicht schützen. Absolut widersinnig ist es daher, zu erwarten, dass der Staat, „Kommissionen“ oder Behörden und Gerichte wirksam gegen Rassisten und Faschisten vorgehen wollen oder können.

Im Gegenteil. Verbote, Einschränkungen der Meinungsfreiheit wie das Verbot der Pediga-Demo nach angeblichen islamistischen An-schlagdrohungen wurden auch gleich als Begründung für die Aushebelung des Demo-nstrationsrechts in einer ganzen Stadt verwendet.

Während die Rechten gegen Muslime und Muslima hetzen, werden Wohnungen angeblicher „islamistischer Terroristen“ aufgrund der Informationen solch „vertrauenswürdiger“ Organisation wie des Verfassungsschutzes ausgehoben. Neue Passgesetze sollen die Reise- und Bewegungsfreiheit für Muslime einschränken.

Regierung und Kapital präsentieren sich zwar „weltoffen“ und „tolerant“. Sie haben aber selbst nur ein Interesse an MigrantInnen und Flüchtlingen, die sich als Arbeitskräfte für die deutsche Wirtschaft „rechnen“. Für diese wird eine vermeintliche „Willkommenskultur“ proklamiert, von deren realem Gehalt Generationen von „GastarbeiterInnen“ und zehntausende Geflüchtete berichten können. Das ganze Gerede von „Willkommenskultur“ ist in Wirklichkeit nur die Begleitmusik zur verschärften Selektion.

Der „Anti-Islamismus“ - mag er auch verschwommen als Kritik an den reaktionären Elementen einer Religion oder gar als „Religionskritik“ daherkommen - ist nur eine Ideologie, die der  Rechtfertigung von imperialistischen Militäreinsätzen dient. So wird die Verfolgung wirtschaftlicher und strategischer Interessen des deutschen Imperialismus (und auch der ganzen „freien Welt“) als zivilisatorischer Einsatz zur „Demokratisierung“ unterdrückter Länder und Nationen umgelogen.

Rassismus und Krise

Die Gefahren der Entstehung einer rechten Massenbewegung und des verschärften staatlichen Rassismus müssen wir sehr ernst nehmen!

Der Rassismus dient den rechten „Wutbür-gern“ wie den Nazis als Erklärung für drohenden sozialen Abstieg und gesellschaftlichen Niedergang. MigrantInnen und Flüchtlinge werden zu Sündenböcken - zumal Gewerk-schaften, SPD und die LINKE allenfalls leere und unglaubwürdige Antworten liefern.

Der Imperialismus, nicht zuletzt auch das deutsche Großkapital, hat die Welt so zugerichtet, dass Millionen nur noch die Flucht bleibt, wenn sie ein besseres Leben, ja überhaupt überleben wollen. Im rassistischen Weltbild verkehren sich Ursache und Wirkung. Die Geflüchteten und MigrantInnen werden „schuldig“ am System, das ihr Elend erst hervorbringt.

Der Rassismus radikalisiert die nationalistische Ideologie des „demokratischen“ Deutsch-land, die nationale Wettbewerbsgemeinschaft, die im Stolz auf Exportweltmeistertitel und Maximalprofit auch die „Sozialpartner“ einbindet.

Sackgasse des bürgerlichen Antifaschismus/Antirassismus

Faschismus und Rassismus sind reaktionäre Antworten auf die Krise des Kapitalismus. Im bürgerlichen Antifaschismus/Antirassismus erscheinen sie als Resultat mangelnder Aufklärung, als „falsche Meinung“ von Individuen, nicht als Klassenfrage. Daher scheint es auch naheliegend, dass die Rechten am besten durch die „Einheit aller Demokraten“ - von Erwerbslosen über gewerkschaftlich Orga-nisierte bis hin zu „weltoffenen“ Unternehmern - bekämpft werden könnten. Mag es auch notwendig sein, bei einzelnen Aktionen mit allen möglichen Gruppierungen Absprachen zu treffen, so ist die Ausrichtung auf ein Bündnis von Linken, Arbeiterbewegung, MigrantInnen und Geflüchteten mit offen bürgerlichen Kräften kontraproduktiv. Warum?

Erstens beschränkt eine solche Strategie die Aktion darauf, was für bürgerliche Bündnis-partner „akzeptabel“ ist. Das bedeutet, dass organisierte Selbstverteidigung, militanter Antifaschismus nicht dabei sind.

Zweitens bedeutet es, dass der Zusammen-hang von Kapitalismus, Ausbeutung und Rassismus ausgeblendet werden muss, um die „Einheit“ mit jenen herzustellen, die ihrerseits von der Ausbeutung profitieren. Während die Rechten von Volk, Nation, „Rasse“ nicht genug kriegen, setzt die bürgerliche Demokratie diesem reaktionären Einheitsbrei humanistische Phrasen entgegen, die nur noch „Menschen“ und „Individuen“, aber keine Klassen kennen.

Welchen Antifaschismus, welchen Antirassismus brauchen wir?

Antirassismus und Antifaschismus sind für uns Bestandteile revolutionärer, anti-kapitalistischer Klassenpolitik.

Rassismus ist untrennbar mit der kapitalistischen und imperialistischen Weltordnung verbunden. Mit dieser Aufteilung geht auch die rassistische und nationalistische Einteilung der Nationen, Ethnien, „Rassen“ einher - und damit die staatliche Reglementierung von Flucht und Migration.

Der Faschismus ist eine reaktionäre Bewegung, die sich gegen alle Kräfte der Arbeiterklasse, der Unterdrückten wendet, um so das deklassierte Kleinbürgertum, die Mittelschichten und das Lumpenproletariat für die konterrevolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft zu mobilisieren. Er  dient als Reserve der herrschenden Klasse in zugespitzten Situationen, wenn die Zerschlagung, die Atomisierung der organisierten Arbeiterbewegung - Gewerkschaften, Parteien einschließlich der SPD und der LINKEN - ihr als einziger Ausweg bleibt.

Unserer Meinung nach geht es heute darum, dass wir eine Massenbewegung aufbauen, die sich dem rassistischen Mob und den Faschisten entgegenstellt.

In den letzten Wochen waren die gegen Pegida gerichteten Demonstrationen in der Regel sehr viel größer als Pegida, tw. um das Zehn- oder Zwanzigfache. Das ist ein Zeichen dafür, dass sich viele Lohnabhängige, Jugendliche, Unterdrückte nicht einschüchtern lassen, sondern Flagge zeigen. Doch wir sehen auch, dass die reformistischen Parteien, v.a. die SPD, aber auch Linkspartei und Gewerkschaftsführungen die Mobilisierung auf eine „Bürgerbewegung mit Kirchen, Grünen, ja Teile der CDU beschränken wollen, welche die Nazis und Rassisten nicht militant bekämpft, den Zusammenhang von Kapitalismus und Rassismus ausblendet und zum Alltags-Rassismus der bürgerlichen Gesellschaft und des Staates schweigt.

Klassenbewegung

Eine effektive anti-rassistische oder anti-faschistische Bewegung kann daher nicht als „Bürgerbewegung“ konzipiert sein, sondern muss sich auf die Arbeiterbewegung - allen voran auf Gewerkschaften -, auf MigrantInnen, Jugendliche und die Lohnabhängigen in den Stadtteilen stützen.

Daher gilt es, die Forderung zum Aufbau einer solchen Bewegung auch an die Basis und die Führungen von DGB, SPD und Linkspartei zu stellen, um möglichst viele Lohnabhängige in die Aktion zu ziehen und deren Führungen in der Praxis zu testen. Auch wenn sich für uns wie für viele „Linksradikale“ die reformistischen Führungen längst als untauglich für den Kampf erwiesen haben, so darf dieses Wissen nicht mit dem Bewusstsein der großen Masse der Lohnabhängigen verwechselt werden, die noch Illusionen in diese Politik wie in die Reformierbarkeit des Systems hat.

Die gemeinsame Aktion ist notwendig, um einen stärker werdenden gemeinsamen Gegner zurückzuschlagen und den Ablösungsprozess der reformistischen ArbeiterInnen von ihrer Führung zu befördern.

Wir treten daher dafür ein, in den Stadtteilen, an Schulen, Unis, v.a. aber in den Betrieben Komitees gegen die rechte Mobilisierung aufzubauen.

Die meisten MigrantInnen und Flüchtlinge sind Teil der ArbeiterInnenklasse. Den Flüchtlingen wird meist das Recht vorenthalten zu arbeiten, sie werden in einem unmenschlichen Lagersystem „versorgt“, das sie systematisch isoliert und ihre Stigmatisierung erleichtert.

Die Solidarität mit Flüchtlingen, MigrantInnen und Muslimen liegt im ureigensten Interesse aller Lohnabhängigen, weil es bedeutet, eine zentrale Spaltungslinie der Klasse zu unterbinden.

Eine Gegenbewegung, die beim „reinen“ Antifaschismus, beim „reinen“ Antirassismus stehen bleibt, ohne ihre gesellschaftlichen Ursachen zu benennen und zu bekämpfen, greift deshalb viel zu kurz.

Antirassismus und Anti-Kapitalismus

Daher sollten Antifaschismus und Anti-Rassismus mit sozialen und politischen Fragen verbunden werden wie dem Bleiberecht für alle Flüchtlinge, gleiche Rechte für alle, die in Deutschland leben, Abschaffung aller Aufenthalts- und Einreisebeschränkungen, Recht auf Arbeit, Abschaffung des Lagersystems und menschenwürdigen Wohnraum für alle Geflüchteten.

Der zweite Aspekt ist die Mobilisierung gegen die rechten Aufmärsche. Wir treten dafür ein, dass sie durch Massenaktionen daran gehindert werden zu demonstrieren, sich zu sammeln und ihre rassistischen und faschistischen Lügen zu verbreiten.

Das muss einhergehen mit dem Aufbau von Selbstverteidigungsgruppen gegen rechte Übergriffe auf Flüchtlinge und MigrantInnen wie auch zum Selbstschutz unserer Demonstrationen. Wir brauchen kämpferische, gut organisierte Aktionen, die in der Lage sind, Masse und Militanz zu verbinden.

Darüber hinaus brauchen wir auch eine politische Perspektive, die den Kampf gegen Faschismus und Rassismus mit dem Kampf gegen den Kapitalismus und für eine revolutionäre, sozialistische Umwälzung der Gesellschaft verbindet. Wenn Du unsere Ziele teilst oder Dich einfach nur näher informieren willst - tritt mit uns in Kontakt!

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Nr. 196, Februar 2015
*  Griechenland: Wahlsieg mit Wermutstropfen
*  Heile Welt
*  Pegida: Neue reaktionäre Massenbewegung
*  Tausende gegen Pegida-Ableger: Auch Freiburg kann demonstrieren
*  Nachruf auf einen Genossen: Alex Mänhardt
*  Zwischenbilanz GdL-Tarifrunde: Ein Teilerfolg und eine Bauchlandung
*  Streikrecht: Erneuter Angriff
*  Charlie Hebdo: Islamistischer Terror, republikanischer Rassismus
*  Terroranschläge in Pakistan: Regierung gießt Öl in Feuer
*  Ukraine: Neue Kämpfe
*  Ukraine: Bergarbeiter und Gewerkschaften
*  NATO-Sicherheitskonferenz 2015: Militärische Neuaufteilung der Welt