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Einwurf eines Aktionsprogramm

Die griechische Revolution und die Aufgaben der Arbeiterklasse

Internationales Sekretariat der Liga für die Fünfte Internationale, 5. Juli 2012, Infomail 632, 13. Juli 2012

Einleitung

Die griechische Revolution ist heute zu einer Schlüsselfrage für die Ausweitung und Vertiefung des Klassenkampfes in Europa geworden. Die Solidarität mit der griechischen Arbeiterklasse, der Jugend, der Masse der Bevölkerung ist eine Aufgabe, die wir gemeinsam mit allen Kräften, die dazu bereit sind, in ganz Europa organisieren wollen.

Wir treten dabei für die Streichung der Schulden, gegen die obszönen Diktate von Merkel und der EU ein. Auch wenn die EZB Anfang Juli erklärte, sie wolle mit der griechischen Regierung neu verhandeln, so machte sie zugleich klar, dass es dabei nicht darum ginge, die verbrecherischen Maßnahmen gegen das griechische Volk zu beenden, sondern nur dessen Galgenfrist zu verlängern.

Der Grund dafür ist einfach: Sie fürchten, dass sich die Lage in Griechenland ansonsten noch mehr verschärften könnte, dass noch mehr Menschen ihre Hoffnungen in Syriza setzen und dass die griechische Bewegung auf ganz Europa ausstrahlen könnte. Daher wollen sie beschwichtigen.

Sie fürchten, dass die ArbeiterInnen und Jugendlichen in ganz Europa vom Widerstand, vom Kampfwillen der griechischen Massen lernen. Sie fürchten das umso mehr, weil sie wissen, dass sich die Krise des Kapitalismus in den nächsten Monaten weiter verschärfen kann. Das ist der Grund, warum alle ihre Angebote darauf hinauslaufen, dass in der Substanz nichts geändert wird.

Als InternationalistInnen betrachten wir den Kampf der griechischen Arbeiterklasse auch als unseren Kampf. Wir sind der Überzeugung, dass die Krise des Kapitalismus, die hinter der Verelendung des griechischen Volkes steckt, nicht in einem Land allein, sondern nur international gelöst werden kann.

Das heißt für uns aber auch, dass der Kampf in Griechenland integraler Bestandteil einer europäischen Revolution ist. Daher stellen wir unsere Überlegungen zur Lage in Griechenland zur Diskussion mit griechischen ArbeiterInnen, Mitgliedern linker Parteien und Organisationen.

Ein Aktionsprogramm für Griechenland

Nach den Wahlen vom Juni und der Bildung der Regierung Samaras ist der Klassenkampf in Griechenland in eine neue Phase getreten.

Die europäischen und US-Imperialisten - allen voran die deutsche Regierung - und die griechische herrschende Klasse haben es durch eine Mischung aus Erpressung, Drohungen und Demagogie und aufgrund des undemokratischen Wahlsystems vermocht, „ihre“ Regierung durchzusetzen.

Weil die Gegenkräfte zu ihrem Austeritätsprogramm um Syriza fast einen Wahlsieg errungen hätten und somit dessen Fortsetzung massiv in Frage stellten, sehen sich die Troika aus Europäischer Union, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank sowie die imperialistischen Regierungen Europas gezwungen, ein Theater der „Neuverhandlungen“ um die Schuldenrückzahlung zu veranstalten.

Samaras, Venizelos und ihre Minister geben sich jetzt „hart“. Sie versprechen „entschlossene“ Neuverhandlungen mit der Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und den Regierungen der imperialistischen Nationen Europas. Welch ein Hohn! Diese PolitikerInnen, diese Parteien haben selbst das Memorandum mit der EU ausgehandelt. Sie selbst haben drakonische Sparmaßnahmen umgesetzt wie die Aushebelung des Tarifrechts, drastische Kürzungen von Mindestlohn und Renten, die zu Betriebsstilllegungen und Massenentlassungen geführt haben. Sie selbst haben eine Politik zu verantworten, die zur Arbeitslosigkeit von mehr als der Hälfte aller GriechInnen geführt hat und der Jugend jede Zukunftsperspektive raubt.

So wollen sie ihre Komplizenschaft mit der Troika verwischen und verbergen, worin sie mit der Troika übereinstimmen: Die große Masse der Bevölkerung, die Lohnabhängigen, die Arbeiterklasse und das Kleinbürgertum, sollen für die Krise zahlen, während die Banken, die großen Unternehmen und das Großkapital gerettet werden.

Zugleich wollen sie so verhindern, dass die Massen - jene ArbeiterInnen, Angestellten, Jugendlichen, die in den letzten Jahren immer wieder zu Millionen auf die Straße gegangen sind, ein- oder zweitägige Generalstreiks durchgeführt, zentrale Plätze okkupiert, Betriebe besetzt und unter eigener Regie weiter betrieben haben - ihren Widerstand fortführen und intensivieren.

Kurz, die Regierung will Zeit gewinnen. Sie will all jene, die bei den Wahlen mehrheitlich gegen die Diktate der EU und des IWF gestimmt haben, die sich nach links v.a. zu Syriza gewandt haben, ruhig halten und hoffen, dass sie sich mit Worten vertrösten lassen.

So hofft die Regierung auch, von ihren „Partnern“ in der EU ein paar Zugeständnisse zu erhalten, um die Bewegung zu schwächen, eine Vereinheitlichung und Politisierung des Widerstands zu verhindern - und so die weniger bewussten und kämpferischen Teile der Klasse zu demoralisieren und die bewussteren in Teilkämpfen zu schlagen.

Die Krise ist eine Krise des Kapitalismus

Ob das gelingt, ist angesichts der weiteren, drohenden Verschärfung der Krise fraglich. Die Ursache für den anhaltenden Niedergang der griechischen Wirtschaft und Gesellschaft liegt eben nicht einfach in Misswirtschaft und Korruption, die in den meisten kapitalistischen Ländern allgegenwärtig sind, sondern in der Krise des Kapitalismus selbst, die seit 2008 um sich greift und das gesamte System betrifft.

Während dieses System als dynamisch erscheint - z.B. indem immer neue Technologie entwickelt oder die Märkte ausgedehnt werden - ist es in Wirklichkeit ein System immer wiederkehrender Krisen und im Niedergang begriffen.

Die Konkurrenz führt in diesem System dazu, dass immer mehr Kapital für Produktionsmittel (Maschinen etc.) und immer weniger für Arbeitskräfte verwandt wird, um so billiger als die Konkurrenten produzieren zu können. Doch diese Steigerung der Produktivität, die in einer rational wirtschaftenden, gemäß den Bedürfnissen der Menschen produzierenden Gesellschaft zu einer Verkürzung der Arbeitszeit führen würde, führt im Kapitalismus zu einer Freisetzung „überflüssiger“ ArbeiterInnen.

Mit der Ersetzung der menschlichen Arbeit, der eigentlichen Quelle des Profits, sinkt die Rate des Profits, der Kapitalist muss immer mehr Kapital aufwenden, um dieselbe Menge Gewinn aus der Arbeit anderer aneignen zu können.

Der Kapitalbesitzer „flieht“ also in die Spekulation, da diese mehr und rascheren Gewinne verspricht. Für die Gesellschaft wird der Verlust noch größer, werden doch ganze Wirtschaftszweige, ja ganze Staaten noch rascher in den Ruin getrieben.

Im Rahmen des Kapitalismus gibt es für dieses Problem letztlich nur einen „Ausweg“: die Vernichtung der „überflüssigen“, schwächeren Kapitale - also Schließung von Unternehmen mit Massenentlassungen von Beschäftigten und deren noch größere Ausbeutung und Verarmung.

Daher sehen wir überall einen Kampf um die Neuaufteilung der Welt. Daher versuchen Länder wie Deutschland, die Kosten der Krise nicht nur auf die eigenen ArbeiterInnen, sondern auch auf schwächere Staaten in der EU abzuwälzen. Zugleich sehen wir überall einen massiven Angriff auf die Lohnabhängigen, die Jugend, die Masse der Bevölkerung, die die Zeche für die Krise des Kapitalismus zahlen sollen.

Es zeigt sich einmal mehr, dass im Kapitalismus nicht für die Befriedigung der  Bedürfnisse der Bevölkerung, sondern nur für die Steigerung des Profits einer kleinen Minderheit, der Kapitalistenklasse, produziert wird. Es zeigt sich, dass es nur eine wirkliche Lösung für die Arbeiterklasse gibt: die sozialistische Revolution.

Zwei Möglichkeiten

Die gegenwärtige Krise kann letztlich nur auf zwei Arten gelöst werden. Entweder durch den Sieg der Arbeiterklasse, der großen Masse der Bevölkerung, oder durch den Sieg der bürgerlichen Reaktion, des Bündnisse aus Imperialisten und griechischen Kapitalisten.

Die Regierung Samaras versucht letzteres mit einem „demokratischen“ Mandat durchzuziehen. Hinter ihr steht eine Staatsmaschinerie, die schon in der Vergangenheit brutal gegen DemonstratInnen, Jugendliche, kämpfende ArbeiterInnen vorgegangen ist und die, falls „demokratische Mittel“ zur Niederhaltung der Bewegung nicht reichen, auch zu autoritäreren Maßnahmen bis zum Ausnahmezustand greifen können.

Zum anderen droht ein Erstarken der rassistischen und faschistischen Rechten und ihrer Schlägerbanden, die schon heute zunehmend Jagd auf MigrantInnen, Obdachlose, Jugendliche und Linke machen.

Daher dürfen wir keine Zeit verlieren! Die Arbeiterklasse ist heute eine Klasse der Hoffnung, die politische Linke ist eine Linke der Hoffnung für die Masse der Bevölkerung. Trotz des Wahlsieges der ND ging die Linke - allen voran Syriza - gestärkt aus den Wahlen hervor. Der massive Stimmenzuwachs belegt das.

Aber diese Stimmung wird nicht ewig anhalten, wenn sie nicht zur entschlossenen Aktion im Kampf gegen die Diktate der Imperialisten, die Rücknahme aller Verschlechterungen der letzten Jahre und drohende Massenentlassungen, v.a. im Öffentlichen Dienst, führt.

Die letzten Periode und die letzten Wahlen haben ganz offensichtlich die Frage aufgeworfen, wer, welche Partei im Interesse welcher Klasse regiert. Auch wenn Samaras gewonnen hat, so werden die unvermeidlichen Kämpfe gegen seine Regierung erneut die Machtfrage aufwerfen. Denn nur eine Arbeiterregierung, die sich auf Kampforgane, Aktionskomitees, Selbstverteidigungsmilizen und Räte stützt, die aus einem politischen Generalstreik erwachsen, wird in der Lage sein, ein Programm umzusetzen, das eine Verbesserung der Lage der Massen bringt und die Macht der Kapitalisten bricht.

Revolutionäre Partei

Seit Jahren macht Griechenland eine revolutionäre Entwicklung durch, die immer wieder zu vorrevolutionären Situationen geführt hat. Der Grund, warum daraus keine akut revolutionären Situationen entstanden sind, warum sie nicht zu einer genuinen proletarischen Revolution geführt haben, liegt v.a. am Versagen der politischen Führung der griechischen Arbeiterklasse, am Fehlen einer genuin revolutionären Partei.

Die Schaffung einer solchen politischen Kraft ist daher die Schlüsselaufgabe für alle klassenbewussten ArbeiterInnen, Jugendlichen, AktivistInnen der radikalen, anti-kapitalistischen Linken in der nächsten Periode.

In den letzten Jahren haben viele von ihnen immer wieder bewiesen, dass sie ernsthaft gegen die Angriffe von Imperialismus und Regierung kämpfen wollen. Aber es fehlte und fehlt an einer organisierten, revolutionären Arbeiterpartei, die sich auf ein Aktionsprogramm, ein Programm von Übergangsforderung stützt, das einen Weg zur Machtergreifung weist.

Der Kampf für diese Partei findet dabei nicht im luftleeren Raum statt. Mehr als 1,5 Millionen haben bei den letzten Wahlen Syriza gewählt. Tausende, wenn nicht Zehntausende strömen ihr zu. Gleichzeitig haben KKE und PAME aufgrund ihrer Mischung von Sektierertum und Opportunismus hunderttausende WählerInnen verloren. Die radikale, offen antikapitalistische Linke hat in den letzten Jahren viel zum Kampf beigetragen - aber sie hat es nicht verstanden, die Massen für sich zu gewinnen. Dazu ist es nötig, dass sie dort, worin die Masse der griechischen Arbeiterklasse heute ihre Hoffnungen setzt - in Syriza - dafür kämpft, dass diese zu einer demokratischen, klassenkämpferischen Partei wird und organisiert dafür eintritt, Syriza vom Einfluss des Reformismus zu befreien und ein revolutionäres Programm durchzusetzen.

Dieser Kampf ist untrennbar verbunden mit dem Kampf gegen die Gewerkschaftsbürokratie. Die Apparate von GSEE und ADEDY ordnen sich weiter der PASOK unter und suchen die „Zusammenarbeit mit der Regierung“. Gegen diese Politik muss eine klassenkämpferische, gewerkschaftsübergreifende Opposition aufgebaut werden, die dafür kämpft, dass die Gewerkschaften zu Organen des Klassenkampfes werden.

Kampf für die Einheitsfront

Kritik allein - so richtig und notwendig sie ist - reicht aber nicht, um die Masse, ja selbst die Avantgarde der griechischen Arbeiterklasse zu überzeugen und zu gewinnen. Sie wollen und brauchen eine Partei, die die Lohnabhängigen, alle Ausgebeuteten und Unterdrückten vereinen und führen kann.

Daher müssen RevolutionärInnen die konsequentesten KämpferInnen für die Schaffung einer Einheitsfront aller Arbeiterorganisationen, der revolutionären, antikapitalistischen, sozialistischen, anarchistischen und eben auch der reformistischen und gewerkschaftlichen sein. Eine solche Einheitsfront darf kein politisches Stillhalteabkommen sein, sondern muss für die Einheit im Kampf gegen die Regierung und die Unternehmer gebildet werden. Nur so wird die Bewegung ihre aktuellen Schwächen und die Blockaden durch die bestehenden Führungen überwinden können.

Massenversammlungen und Aktionskomitees

Eine solche Einheitsfront muss auf allen Ebenen vorgeschlagen werden. In einzelnen Städten oder Regionen sind gemeinsame Aktionen um Einzelforderungen notwendig. Das kann zur Verteidigung besetzter Betriebe, zum Kampf gegen Schließungen geschehen oder auch die Form von Selbstverteidigungsgruppen gegen faschistische oder rassistische Angriffe annehmen.

Wir fordern alle Arbeiterorganisationen zur aktiven Teilnahme, zur Mobilisierung ihrer Mitglieder und UnterstützerInnen auf! Wir richten diese Forderung an die Mitglieder und Führungen dieser Organisationen. Aber die Einheitsfront darf und soll nicht bloß ein Abkommen zwischen Partei- oder Gewerkschaftsspitzen sein.

Ihre Ziele, ihre Kampfmethoden sollen offen und breit in der Bewegung diskutiert und beschlossen werden. So kann am besten die Kontrolle, aber auch die aktive Einbeziehung aller - einschließlich der unorganisierten ArbeiterInnen und Arbeitslosen, einschließlich jener, die (noch) keiner Gewerkschaft oder linken Partei angehören - gewährleistet werden.

Dazu schlagen wir vor, dass in allen Betrieben, in allen Stadtteilen, in den Städten und Landgemeinden regelmäßige Massenversammlungen (Betriebs- und Abteilungsversammlungen usw.) durchgeführt werden!

So kann auch die Spaltung in verschiedene Gewerkschaften, die Spaltung zwischen organisierten und unorganisierten ArbeiterInnen in der Aktion überwunden werden. Ebenso können so auf lokaler Ebene Arbeitslosen, Jugendliche und RentnerInnen, Frauen, MigrantInnen, Menschen ohne Papiere, aber auch die unteren Schichten des Kleinbürgertums und die Mittelschichten einbezogen werden.

Die Betriebs- und Stadtteilversammlungen sollen Aktionsausschüsse oder Aktionskomitees wählen, die den Versammlungen verantwortlich sind und von diesen wieder abgewählt werden können.

Diese Ausschüsse mögen um betriebliche und lokale Fragen gebildet werden. Sie dürfen sich aber nicht damit zufrieden geben. Sie müssen auf lokaler, regionaler und landesweiter Ebene zusammengefasst werden, um so zu einem Zentrum des Kampfes, zu einer Gegenmacht zum bestehenden Apparat des Staates und der Kapitalisten zu werden. So können sie von aktuellen Strukturen der Selbstorganisation zu Räten, zu Organen der Doppelmacht werden.

Landesweite Delegiertenversammlung

Wir treten nicht nur für die Schaffung solcher Organe ein. Sie sollen auch möglichst rasch zu einem landesweiten Delegiertenkongress zusammengefasst werden, der für die gesamte Bewegung sprechen kann und deren Kampfstrategie beschließt.

Eine solche Konferenz müsste sich der zentralen Aufgaben annehmen, vor denen die griechische Revolution steht:

Ausrufung und Organisierung eines unbefristeten politischen Generalstreiks gegen die fortgesetzten Angriffe der Regierung, gegen die Memoranden der TROIKA;

Kampf für ein Sofortprogramm, um die Not der Massen und weitere Verelendung zu stoppen;

Kampf zum Sturz der Regierung und für eine Arbeiterregierung, die ein solches Sofortprogramm umsetzt und sich auf Räte und Milizen stützt.

Sofortprogramm der Arbeiterklasse

Ein solches Sofortprogramm, für das die Bewegung kämpft und das sie an Stelle der Politik der Kapitalisten setzt, müsste folgende zentralen Forderungen umfassen:

1. Stopp des Memorandums, Stopp aller Zahlungen der Schulden an EU, EZB, IWF! Gegen Geheimdiplomatie, Offenlegung aller Verträge, Abkommen und Absprachen zwischen den griechischen Regierungen, den Banken, internationalen Institutionen, der EU und den europäischen Regierungen!

2. Aufhebung aller arbeiterfeindlichen Gesetze der Regierungen der letzten Jahre! Wiedereinführung des Tarifvertragsrechts! Aufhebung aller Kürzungen bei Löhnen, Arbeitslosengeld und Renten! Mindestlohn, Mindestrente und Arbeitslosengeld von 1.000 Euro/Monat! Automatische Anpassung dieser Einkommen an die Inflationsrate - kontrolliert von Organen der Lohnabhängigen!

3. Nein zu allen Entlassungen im Öffentlichen Dienst und bei Privatunternehmen! Entschädigungslose Enteignung aller Unternehmen, die keine Löhne zahlen und/oder ArbeiterInnen entlassen! Fortführung dieser Unternehmen unter Arbeiterkontrolle! Legalisierung aller Betriebsbesetzungen!

4. Nein zu Mietwucher und Obdachlosigkeit! Kontrolle der Mietpreise durch Stadtteilkomitees der MieterInnen, entschädigungslose Enteignung von Wohnungs- und Immobilienspekulanten! Aufteilung leer stehenden Wohnraums durch Mieterkomitees!

5. Nein zu Rassismus und Faschismus! Für eine Einheitsfront gegen die Angriffe auf MigrantInnen!

MigrantInnen sind tagtäglich den Angriffen der faschistischen und rassistischen Rechten ausgesetzt. Das kann nur gestoppt werden, indem Selbstverteidigungseinheiten geschaffen werden, wie es z.B. die Roma schon getan haben. Diese dürfen jedoch nicht nur von der radikalen Linken unterstützt werden. Syriza, KKE, alle Gewerkschaften müssen dazu aktiv beitragen, um antifaschistische und antirassistische Milizen der ArbeiterInnen und MigrantInnen zu schaffen.

Gleichzeitig braucht es solche Organe auch zur Verteidigung von Obdachlosen, von Streiks und besetzten Betrieben.

Doch nicht nur gegen die Angriffe der extremen Rechten heißt es vorzugehen. Auch die bürgerliche Mitte macht die MigrantInnen mitverantworlich für die Krise, will diese abschieben und verweigert ihnen jede Unterstützung. Wir bekämpfen alle Einreisekontrollen, wir sind für offene Grenzen, wir kämpfen für gleiche Rechte aller, die in Griechenland leben und für die volle Integration der MigrantInnen die griechische Arbeiterbewegung.

6. Frauen und Jugendliche müssen sich gegen ihre Unterdrückung organisieren

Neben den MigrantInnen sind v.a. Frauen und Jugendliche besonders hat von der Krise betroffen: durch Arbeitslosigkeit und sinkende Einkommen. Der Kampf gegen Arbeitslosigkeit, gegen die Schließung oder Verschlechterung von Kindereinrichtungen, von Schulen usw. trifft sie besonders hart.

Zugleich verfügen sie über ein enormes revolutionäres Potential. Oft standen und stehen Frauen und Jugendliche in vorderster Front im Kampf - doch oft sind sie in der Bewegung, v.a. in deren Führung unterrepräsentiert, drohen ihre Interessen gegenüber jenen der älteren und meist männlichen Mitkämpfer zu kurz zu kommen.

Daher sind der Aufbau eine proletarischen Frauenbewegung und einer revolutionären Jugendbewegung zentrale Mittel, um diese Teile der Bewegung voll einzubeziehen.

7. Nein zur Besteuerung der Armen - die Reichen müssen zahlen!

Während Millionen ins Elend getrieben werden, kommen die Milliardäre, die Reichen und Superreichen ungeschoren durch die Krise. Abschaffung aller Massensteuern wie der Mehrwertsteuer! Vermögen, Einkommen und Gewinne der Reichen müssen offen gelegt und mit einer progressiven Vermögens- und Einkommenssteuer belegt werden!

8. Entschädigungslose Enteignung der Banken, Versicherungen und Zusammenfassung zu einer Zentralbank unter Arbeiterkontrolle!

Eine solche Zentralbank könnte ein mächtiger Hebel sein, um die Sparguthaben der Massen zu sichern, Kredite zu günstigen Konditionen für Lohnabhängige, Bauern, Fischer, kleine Geschäftsleute zu gewähren. Dazu muss sie jedoch nicht nur der Kontrolle privater Unternehmer sondern auch einer korrupten Bürokratie entrissen werden und unter die Kontrolle der Beschäftigten in Banken, aber von VertreterInnen der ArbeiterInnen, Lohnabhängigen aus allen Sektoren gestellt werden.

9. Enteignung der großen Unternehmen, Reedereien und ausländischen Investoren!

Die Enteignung der Banken und die Streichung der Schulden ist eine Voraussetzung, aber nicht ausreichend, um die Wirtschaft der Kontrolle der Profitmacherei zu entreißen. Dazu braucht es die entschädigungslose Enteignung ihrer BesitzerInnen und der Fortführung und Reorganisation der Produktion unter Arbeiterkontrolle.

10. Für einen gesellschaftlichen Notplan - unter Arbeiterkontrolle!

Die Kontrolle über die Banken und Großproduktion sind die Voraussetzung für die Einführung eines Notplans zur Befriedigung der drängendsten Bedürfnisse, zum Kampf gegen Arbeitslosigkeit, zur Investition in Infrastruktur, Gesundheitswesen, Bildung und Ausbildung.

Auf dieser Basis lässt sich die Arbeitslosigkeit wirklich bekämpfen - durch ein Programm gesellschaftlich nützlicher Arbeiten und Aufteilung der Arbeit auf alle.

11. Enteignung der Kapitalisten-Medien!

Im Kapitalismus ist Meinungsfreiheit eine Farce. Eine kleine Gruppe von Milliardären kontrolliert Zeitungen u.a. private Medien. In ihrer Hand sind sie ein mächtige Waffe der Manipulation, Desinformation und rassistischen Hetze. Die staatlichen Medien in Regierungshand und „kontrolliert“ von bürgerlichen Meinungsmachern sind nicht viel besser.

Doch ohne Medien, die von der Arbeiterklasse, von der Bewegung kontrolliert werden, ist eine wirkliche Information der Bevölkerung eine Fiktion. Die privaten Medien müssen daher enteignet und ebenso wie die staatlichen unter Arbeiterkontrolle gestellt werden. Besetzungen von Zeitungen verdeutlichen, dass auch viele JournalistInnen und Beschäftigte dazu bereit sind. Alle Arbeiterparteien, aller Aktionskomitees, alle Strömungen der Bewegung sollen zu diesen freien Zugang erhalten.

Syriza soll eine Tageszeitung ins Leben rufen, die als Mittel zur Information, Politisierung und Mobilisierung dient, die alle Aufrufe und Stellungnahmen der Partei enthält und allen Strömungen die Möglichkeit gibt, sich direkt an die Massen zu wenden, zugleich soll sie der Diskussion der Basis offen stehen.

12. Für Arbeitermacht! Brecht die Macht der herrschenden Klasse!

Für eine Arbeiterregierung!

Der Kampf für obige Forderungen ist untrennbar mit der Machtfrage verbunden.

Die Wahlen vom Juni verdeutlichen, dass eine große Minderheit der Massen verstanden hat, dass  sie eine Regierung brauchen, die sich der Troika widersetzt und mit der Austeritätspolitik bricht. Das ist der Grund, warum sie sich Syriza zuwandten. Aber ein Widerstand, der über Protest nicht hinausgeht, der zwar alternative Organisationsformen zur Bewältigung des täglichen Lebens aufbaut, aber die Macht in den Händen der Bosse und Regierung (und der sie stützenden Polizei und Militärs ) lässt, wird letztlich scheitern müssen und zur Demoralisierung führen.

Wir, die ArbeiterInnen und die Jugend, die Frauen und Kleinbauern, die MigrantInnen und Unterdrückten, wir allein haben die Macht, eine neue Gesellschaft im Interesse der Millionen, nicht der Millionäre zu regieren.

Nur eine Regierung, die sich auf die Lohnabhängigen, auf die Arbeiterklasse stützt und die Mittelschichten mitreißen kann, wird in der Lage sein, ein solches Programm durchzusetzen. Dazu muss sie der herrschenden Klasse aber auch die politischen und polizeilichen Machtmittel entreißen.

Schon die undemokratische Wahlordnung, die 50-Extra-Sitze für Nea Dimokratia sind ein Hohn. Doch selbst die demokratischste bürgerliche Verfassung, selbst der demokratischste bürgerliche Staat wären letztlich immer noch Institutionen, die der herrschenden Klassen, den Unternehmern dienen.

Der bürokratische, weit verzweigte und korrupte Staatsapparat ist eng mit der Kapitalistenklasse verbunden. Wenn Syriza eine Mehrheit erhalten, wenn es eine „linke Regierung“ gegeben hätte, so hätte dieser Apparat jede ernste Reformmaßnahme - ganz zu schweigen von direkt antikapitalistischen Eingriffen - sabotiert, verschleppt und der Reaktion in die Hände gespielt.

Die Polizei steht für das bestehende, korrupte und bürgerliche System. Sie hat immer wieder Hetze und direkte Angriffe auf MigrantInnen und linke AktivistInnen geduldet. Ein großer Teil des Apparats sympathisiert mit der extremen Rechten oder gar mit den Faschisten.

Das griechische Militär steht nicht nur für die reaktionäre NATO, die Unterstützung imperialistische Interventionen und ein brutales Grenzregime gegen Flüchtlinge und MigrantInnen; es ist auch bereit, im „Notfall“ den Kapitalismus mit autoritären und direkt diktatorischen Maßnahmen zu verteidigen, wie schon öfter in der griechischen Geschichte geschehen.

Daher kann sich eine Bewegung nicht auf diese Apparate stützen. Sie muss sie vielmehr zerbrechen und durch Machtorgane der Arbeiterklasse ersetzen. Wir kämpfen daher für die Auflösung aller Spezialeinheiten und der Polizei. Wir kämpfen für die Bildung von Soldatenkomitees, die sich ihren reaktionären Offizieren verweigern und sich auf die Seite der ArbeiterInnen und Jugendlichen stellen.

Wir brauchen jetzt Aktionskomitees und Selbstverteidigungsorgane, die im Zuge eines Generalstreiks zu Räten und Milizen ausgebaut werden können - zu Machtorganen, die den bürgerlichen Staat ersetzen, Faschisten und Rechte entwaffnen und eine neue, proletarische Ordnung errichten und verteidigen.

Es sind solche Organe, aus denen im nächsten Stadium der griechischen Revolution eine Arbeiterregierung entstehen kann - und muss.

Wir fordern von den Parteien der Arbeiterklasse und den Gewerkschaften, Kurs auf eine solche Regierung zu nehmen!

Um eine wirklich revolutionäre Rolle zu spielen, müsste eine solche Regierung

die Diktate der EU, des IWF, der EZB zurückweisen und die Zahlung der Schulden einstellen;

die großen Kapitale und Banken enteignen und einen Notplan unter Arbeiterkontrolle einführen - also gegen den Kapitalismus vorgehen;

die Konterrevolution entwaffnen;

sich auf die demokratischen Organe der Arbeiterklasse, auf Aktionskomitees und Räte sowie bewaffnete Arbeitermilizen stützen.

Griechenland und die Europäische Revolution

Das Schicksal der griechischen Revolution ist untrennbar mit der Zukunft der europäischen Arbeiterklasse verbunden. Eine Niederlage der griechischen Massen hätte extrem negative, demoralisierende Auswirkungen auf den ganzen Kontinent. Umgekehrt aber könnte ein Sieg in Griechenland zum Fanal für die europäische Revolution werden.

Der strategische Kurs der Arbeiterklasse und einer zukünftigen Arbeiterregierung muss daher unbedingt darin liegen, den Kampf nach Europa, in die EU und Eurozone zu tragen.

Das heißt heute, dass wir einen europaweiten, koordinierten Kampf gegen die Politik der TROIKA, für die Streichung der Staatsschulden, für die massive Besteuerung der Reichen und die entschädigungslose Enteignung der Banken und Großkonzerne und die Zusammenfassung der Banken zu einer europäischen Zentralbank unter Arbeiterkontrolle brauchen.

Die Vorstellung, dass sich ein „unabhängiges“ kapitalistisches Griechenland mit der Drachme oder eine anderen Währung behaupten könnte - in der größten kapitalistischen Krise seit Jahrzehnten - ist ein reaktionäres, nationalistisches Märchen. Die griechischen ArbeiterInnen und Bauern würde dafür mit Hyperinflation bezahlen müssen.

Die Weltwirtschaft hat längst einen internationalen Charakter, kein Land kann ohne massive Rückschritte „aussteigen“. Das Ziel der Arbeiterklasse muss daher sein, den Kampf um die Macht in Griechenland mit dem Kampf um die Macht in Europa zu verbinden.

Eine Arbeiterregierung in Griechenland würde sofort massive Angriffe von Seiten des Imperialismus, der EU-Kommission, der EZB, der Regierungen erfahren. Sie würden nicht nur mit dem Rausschmiss aus der EU drohen, sondern auch mit der Isolierung des Landes.

Genau dagegen müsste jedoch nicht nur die griechische Bewegung, sondern die Arbeiterklasse in Europa, ja weltweit kämpfen. Die ArbeiterInnen Europas müssten - ähnlich wie im Kampf gegen die Isolierung der Sowjetunion nach der russischen Revolution - dafür eintreten, dass die Wirtschaftsbeziehungen mit Griechenland aufrechterhalten, ja ausgebaut werden.

Das müsste gleichzeitig Teil eines Kampf sein gegen ihre „eigenen“ Regierungen, für die Schaffung von Arbeiterregierungen in den anderen Ländern Europas, wobei dafür die Bedingungen im Süden sicher gegenwärtig am günstigsten wären. Aber es geht auch darum, den Kampf zum Sturz der Regierungen in die dominierenden imperialistischen Staaten - Deutschland und Frankreich - und ihre Vasallen zu tragen.

Der Kampf in Griechenland ist nur der zugespitzte Ausdruck einer historischen Krise des gesamten europäischen Kontinents. Für diesen gibt es im Grunde nur drei Möglichkeiten:

Erstens der Zerfall der EU und ihre Ersetzung durch krisengeschüttelte, heftig miteinander kämpfende Nationalstaaten oder kleinere Blöcke; zweitens die weitere Vertiefung einer imperialistischen Einigung unter der Dominanz des deutschen und, im geringeren Maßes, des französischen Finanzkapitals. Eine solche, auf Druck, Erpressung und Raub basierende „Einigung“, hätte natürlich schon den Keim der nächsten Spaltung in sich.

Diese beiden Varianten sind reaktionär und gegen die Interessen aller ArbeiterInnen Europas, ja der ganzen Welt gerichtet.

Aber es gibt auch eine dritte, fortschrittliche Variante: Die Reorganisation Europas durch die Arbeiterklasse. Der Kampf für Arbeiterregierungen und für die Bildung vereinigter sozialistischer Staaten von Europa.

Hier liegt die Zukunft, hier liegt die Hoffnung nicht nur der griechischen und europäischen Arbeiterklasse. Das wäre zugleich auch ein mächtiger Schub für die sozialistische Weltrevolution, für den Kampf zum Sturz eines kapitalistischen Systems, das für die Menschheit nur Krisen, Elend, Umweltzerstörung und imperialistischen Krieg zu bieten hat.

So wie die griechische Revolution eine revolutionäre Partei braucht, um die Arbeiterklasse zu führen - so braucht auch die internationale Revolution eine politische Weltpartei: eine neue Fünfte Internationale!

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