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Griechenland

Euro-Erpressung bringt Wahlsieg der Rechten - aber sie kann durch Massenaktionen der Arbeiterklasse gestürzt werden

Liga für die Fünfte Internationale, 18. Juni 2012, Infomail 628, 18. Juni 2012

Gerade einmal 2,77% Vorsprung brachten die Erpressungsmanöver der griechischen Medien, der herrschenden Klasse und der FührerInnen der Europäischen Union der „Nea Dimokratia“ (ND = Neue Demokratie) von Samaras. Immerhin sicherten sie ihm aber so die Initiative zur Fortsetzung der Koalition, um die Lebensgrundlagen seines eigenen Volkes weiter zu zerstören.

Ohne die 50 Extrasitze, die das undemokratische Wahlrecht als Bonus für die stärkste Partei vorsieht, hätten die 29,66% der ND nur für 79 Sitze gereicht - nur 8 mehr, als Syriza mit ihren 26,89% erringen konnte. Zusammen mit PASOKs 33 Sitzen (12,28%) und möglicherweise DIMAR (6,3%) und kleineren bürgerlichen rechten Parteien, wird Samaras´ Problem jedoch nicht bei der parlamentarischen Rechnerei liegen, sondern beim Widerstand gegen sein Programm.

Das Potential dieses Widerstandes drückt sich im erneuten massiven Zuwachs der Stimmen für Syriza aus, deren Anteil innerhalb von nur sechs Wochen seit der letzten Wahl von 16,8 auf 26,89% anstieg. Die 1,65 Millionen WählerInnen, die Syrizas Versprechen, den Widerstand gegen Privatisierungen, Arbeitslosigkeit und Sozialkürzungen fortzusetzen, unterstützten, müssen jetzt zur Basis einer Kampagne für einen unbegrenzten Generalstreik werden, der von Aktionsräten organisiert wird, um die Austeritäts-Regierung zu Fall zu bringen.

Die Griechische Kommunistische Partei (KKE) hingegen verlor fast die Hälfe ihrer Stimmen. Sie sackte von 8,8% im Mai auf 4,5 ab, was einem Verlust von 259.000 WählerInnen entspricht. Das war die Strafe für ihre Kombination von Sektierertum und Opportunismus. Sektiererisch war die KKE bei ihrer wiederholten Ablehnung einer Einheitsfront mit Syriza und der Zurückweisung jeder Unterstützung für eine Regierung, die mit dem EU/IWF-Memorandum brechen wollte. Opportunistisch war ihre Politik, weil sie den Rechten weiter ermöglichte, ihr Kürzungsprogramm fortzusetzen, während die KKE ihre Nischenexistenz behielt und passiv auf „die Revolution“ wartete.

Syriza steht nun vor der Herausforderung, ihre Massenunterstützung bei den Wahlen zu einer Kraft in den Betrieben und auf der Straße zu formieren, welche die „Regierung der nationalen Rettung“ verjagen und eine Arbeiterregierung errichten kann - durch die demokratischste aller Maßnahmen: eine Revolution.

Zu denen, die das griechische Volk einschüchterten und erpressten, gehört nicht nur die zurecht verhasste deutsche Kanzlerin Merkel, sondern auch der verachtenswerte „sozialistische“ französische Präsident Francois Hollande. Nachdem er sich im Wahlkampf als Kandidat des „Wachstums“ und Kritiker der Kürzungspolitik Merkels maskiert hatte, forderte er noch vor den Wahlen die griechische Bevölkerung zu noch mehr „Verzicht“ auf, um den Bankern und Anlegern an der Pariser Börse, die 28 Mrd.  Euro investiert haben, weiter ihre Abzocker-Gewinne zu sichern.

Samaras, der Führer, die „Neuen Demokratie“, deren Namen einem orwellschen Roman entnommen sein könnte, nannte all das einen „Sieg für ganz Europa“. Das Gegenteil ist der Fall! Das Ergebnis wird sich als Niederlage für die Arbeiter und Arbeiterinnen in ganz Europa erweisen - ob sie nun in der Euro-Zone oder außerhalb dieser leben.

RevolutionärInnen in Griechenlands und weltweit müssen die Lehre verbreiten, dass eine Demokratie, die den Medien der Milliardäre erlaubt, die Bevölkerung mit der Drohung des Ausschlusses vom Euro und noch größerer Verelendung zu terrorisieren; dass eine Verfassung, die 50 Extrasitze garantiert, denen keine einzige Wählerstimme entspricht, eine Schande sind, die keinerlei Rücksichtnahme verdient. Eine weit überlegene Demokratie muss aus dem Kampf der kommenden Monate erwachsen - die Arbeiterdemokratie.

Die revolutionären Kräfte in Syriza müssen die Stärke der Partei und ihren Einfluss in den letzten Monaten - die Verwurzelung in den Stadtteilen, die sich bei den Massenversammlungen ihre Unterstützerbasis zeigte - nun nutzen, um den Widerstand selbst zu transformieren. Jene Linken, die außerhalb Syrizas in Antarsya standen und deren Stimmanteil von Mai bis Juni um zwei Drittel einbrach, sollten jetzt Syriza beitreten und dort für eine revolutionäres Programm kämpfen. So könnte Syriza noch stärker zu einer Führung im Kampf für die Macht der Arbeiterklasse werden.

In der Vergangenheit waren die Massendemonstrationen und 24- oder 48-stündigen Generalstreiks Protestaktionen, um Zugeständnisse von der Regierung zu erzwingen. Die neue Regierung wird solche Aktionen ignorieren - so wie es schon ihre Vorläuferinnen getan haben. Demonstrationen und Streiks müssen jetzt direkt der Vorbereitung einer unbefristeten Massenaktion dienen, um die bürgerlichen PolitikerInnen und die Kapitalistenklasse in ihrer Gesamtheit von der Macht zu vertreiben.

Zu diesem Zweck sollten in allen Betrieben, an allen zentralen Plätzen, in den Wohnvierteln Athens u.a. Zentren, in allen Städten und Landgemeinden Massenversammlungen einberufen werden. Sie sollten eine Politik der vollständigen Ablehnung aller Kürzungen und Entlassungen diskutieren und beschließen, sich für Betriebsbesetzungen aussprechen, um Schließungen zu verhindern, und Fabriken, Läden und Büros, die schon dicht gemacht wurden, in Besitz nehmen und unter Arbeiterkontrolle wieder in Gang zu setzen.

Bei solchen Versammlungen sollten Delegiertenräte gewählt werden, um einen Generalstreik vorzubereiten und durchzuführen, um auf die ersten Kürzungen der neuen Regierung sofort zu antworten. ArbeiterInnen, Arbeitslose, SchülerInnen und Studierende sollten Selbstverteidigungsgruppen organisieren, um Streikposten zu verteidigen, die Polizei abzuwehren und die faschistischen Banden der „Goldenen Morgenröte“ zu zerschlagen.

RevolutionärInnen in Griechenland sind sich zweifellos bewusst, dass die PASOK-orientierte Bürokratie der großen Gewerkschaftsverbände GSEE und ADEDY, aber auch die KKE-treue Bürokratie in PAME eine Hindernis für eine effektive Mobilisierung sind. Immer wieder haben sie eine gemeinsame und entschlossene Aktion gegen die Regierung blockiert. Die AktivistInnen von Syriza müssen eine Führungsrolle übernehmen bei der Organisierung der Basis in den Gewerkschaften, um diese Gewerkschaftsbosse demokratisch zu ersetzen. Sie müssen von den GewerkschaftsvertreterInnen, die Syriza nahestehen, fordern, sich selbst unter die Kontrolle der Gewerkschaftsbasis zu stellen, von dieser gewählt zu werden und jederzeit abwählbar zu sein. Sie müssen sich  besonders an die kämpferischen GewerkschafterInnen in PAME wenden, die Basismitglieder der KKE, um eine Einheitsfront mit Syriza zu bilden, um die Kürzungspakete zu stoppen und die Regierung zu stürzen, die sie umsetzt.

Kurzum, RevolutionärInnen müssen dafür kämpfen, Syriza zu einer Partei des Kampfes, einer Partei der Aktion zu machen, mit einem Wort: zu einer revolutionären Partei. Wenn ihnen das gelingt, dann kann das, was heute als Wahlniederlage vom 17. Juni erscheint, zum Ausgangspunkt für eine grundlegende Umwälzung der griechischen Arbeiterbewegung werden, welche die Jugend, die Arbeitslosen, die Unorganisierten, IndustriearbeiterInnen und Angestellte, Beschäftigte im privaten wie im öffentlichen Sektor zu einer Kraft zusammenschweißt, die auf ihrem Weg zur Macht nicht gestoppt werden kann.

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