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Solidarität mit dem GDL-Streik!

Arbeitermacht-Flugblatt, Infomail 541, 11. April 2011

Der Kampf der 26.000 Lokführer und ihrer Gewerkschaft, der GDL, ist mehr als berechtigt.

Warum sollten die KollegInnen bei den Privatbahnen noch länger warten, um zu gleichen Bedingungen wie ihre KollegInnen bei der Bahn AG zu arbeiten? Warum sollen die Lokführer auf eine längst notwendige Einkommenserhöhung warten?

Die Bahnunternehmen versuchen sich mit einer Desinformationskampagne aus der Affaire zu ziehen. Sie behaupten ständig, sie würden verhandeln wollen. Wer die Pressesprecher der Bahn AG und ihrer Konkurrenten hört, könnte glauben, dass die Chefs gar nichts anders tun wollten, als die Einkommen der Beschäftigten zu verbessern.

Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Ein Lokführer verdient rund 2.700 Euro brutto – und das mit extremen Arbeitszeiten und Schichten, Dienstantritt zu allen möglichen Zeiten und Schichtdiensten von 10 Stunden an 5–6 Tagen hintereinander. Bei den Konkurrenten der Bahn AG ist das nicht anders. Es gibt nur einen wesentlichen Unterschied. Die 6.000 dort Beschäftigten erhalten weit weniger Gehalt – und zwar bis zu 30 Prozent. Die Anzahl der weniger Verdienenden ist steigend, weil auch die Bahn AG daran geht, „eigene“ Privatkonkurrenten auszulagern und die private Konkurrenz nutzt, um Löhne und Bedingungen zu drücken.

Schadet der Streik nicht anderen Beschäftigten?

Dass die Lokführer zu recht sauer sind, wissen im Grund auch alle. Selbst die Vertreter der Bahn-Unternehmen, Medien und Regierungen zeigen viel Verständnis für deren Lage. Warum, fragen wir, haben sie aber nicht längst die Forderungen der GDL und der Lokführer erfüllt?

In Wirklichkeit ist das Verständnis nur vorgetäuscht. Nachdem sich LokführerInnen und GDL nicht mehr mir leeren Versprechen abspeisen ließen und selbst die Initiative zum Kampf für ihre Ziele ergriffen haben, wollen die Bosse der Bahn-Unternehmen jetzt den Streik in Misskredit bringen.

Dieser wäre ganz unnötig, weil es ja so tolle Angebote gebe, von denen nur die Lokführer keine Kenntnis nehmen wollen. Das ist der blödeste Trick, den alle Arbeitgeber bei jeder Tarifrunde ansetzen. Nachdem sie jahrelang Löhne und Arbeitsbedingungen gedrückt haben, behaupten sie plötzlich, sie hätten immer schon alles verbessern wollen und würden das ja auch tun - wenn die Beschäftigten nur zuerst mit Streiks und Protesten aufhören. Wer solchen leeren Reden glaubt, kann ebenso gut weiter träumen.

Die zweite Unternehmer-Lüge besteht darin, dass die Lokführer vor allem die KundInnen treffen würden. Plötzlich entdecken die Politiker, die die Pendlerpauschale ständig kürzen wollen, ihr Herz für die PendlerInnen. Plötzlich entdecken die Bahn-Manager, die alljährlich die Fahrpreise erhöhen, ihr Herz für die Fahrgäste. Plötzlich sorgen sich Manager, die im Winter vom Wintereinbruch überrascht werden und im Sommer von der Hitze, um die Pünktlichkeit der Züge.

Doch die Lügenmärchen gehen weiter. Bestreikt die GDL nicht den Personenverkehr, sondern den Güterverkehr, droht plötzlich das Ende der deutschen Wirtschaft. Während die Regierung Milliarden zur Rettung maroder Banken und Spekulanten zum Fenster rauswarf – Milliarden, die jetzt die Bevölkerung durch Sparprogramme zahlen soll –, soll eine Gehaltserhöhung der Lokführer wie auch der zur Zeit streikenden Beschäftigten im Öffentlichen Dienst die Republik in die Pleite stürzen. Merke also: Den Reichen, den „Leistungsträgern“, die vorzugsweise von der Arbeit und Ausbeutung anderer leben, gibt’s ihre Regierung im Schlaf!

Streik – weil er weh tut!

Wie wir sehen, laufen alle Vorwürfe gegen die Lokführer und die GDL darauf hinaus, dass sie aufgehört haben, für mehr Geld nur zu bitten und darauf zu warten, in schier endlosen Verhandlungen nichts als Vertröstungen zu erhalten. Sie haben getan, was wir eigentlich alle tun sollten: Sie haben begonnen, sich zu wehren. Und zwar mit dem Mittel, das ihren Chefs, ihren „Arbeitgebern“ weh tut: mit Streik!

Es ist auch ganz richtig, dass die Lokführer ALLE Unternehmen bestreiken und nicht nur die Konkurrenten der Bahn AG. Es ist auch richtig, dass die GDL KEINEN Bereich von Streiks ausspart und für ihre Gegner „unberechenbar“ bleibt.

Für die Lokführer-Versteher in den Vorstandsetagen gäbe es, wären ihre „Argumente“ nicht einfach nur Mittel zur Täuschung der Öffentlichkeit, einen ganz einfachen Weg, das Ende des Streiks herbeizuführen: die Erfüllung der berechtigten Forderungen der GDL.

Daher: Unterstützt den Streik der Lokführer! Organisiert Solidarität! KollegInnen der EVG und anderer DGB-Gewerkschaften: Solidarisiert Euch trotz aller Differenzen mit den Streikenden der GDL, so wie die GDLerInnen die Kämpfe der DGB-Gewerkschaften unterstützen müssen.

Der Streik geht uns alle an!

Was heute bei der Bahn passiert, passiert in der gesamten Wirtschaft. Die Beschäftigten sollen für die Kosten der Wirtschaftskrise zahlen. Daher sollen sie auch vom viel beschworenen „Aufschwung“ möglichst wenig bekommen.

Es gibt außerdem noch einen Grund, warum die Bahn AG und Privatbahnen so sehr gegen den Streik sind. Er erschwert die weitere Bahnprivatisierung, er reduziert das Lohndumping in der Branche.

Doch genau das wollen die Konzernchefs, denn bei der Bahnprivatisierung und der Vorbereitung des Börsengangs der Bahn AG geht es vor allem um eins: Profite für große Konzerne. Auf der Strecke bleiben dabei die Beschäftigten, die mit immer weniger Personal und immer schlechteren Arbeitszeiten mehr leisten sollen. Und auf der Strecke bleibt die Masse der KundInnen – seien es PendlerInnen, SchülerInnen, Studierende, Reisende -, die für ein profitorientiertes Verkehrssystem immer mehr zahlen müssen - bei schlechteren Leistungen, schlechterer Wartung u.a. Sparmaßnahmen auf dem Rücken der NutzerInnen.

Das Berliner S-Bahn-Chaos verdeutlicht das nur zu allzu schmerzlich. An einen „normalen“ Fahrplan ist seit Monaten nicht mehr zu denken, immer neue Skandale und Skandälchen werden öffentlich – und es ist oft nur dem Engagement der S-Bahnbeschäftigten zu verdanken, dass das Chaos nicht noch größer ist. Doch das ist keineswegs nur ein Berliner Problem. Im ganzen Land wurden Lokalbahnen und der Regionalverkehr reduziert – und gleichzeitig werden Milliarden für Projekte wie Stuttgart 21 verpulvert.

Konsequenter Kampf!

Damit muss Schluss sein! Der Streik der GDL kann ein Startschuss für diesen Kampf werden.

Dazu muss der Streik konsequent weiter und bis zu Ende geführt werden. Der letzte Streik der LokführerInnen endete mit einem Kompromiss, der leider weit unter den Erwartungen blieb. Daher ist es notwendig, dass die GDL-Mitglieder auch ihre Führung kontrollieren, dass alle etwaigen Verhandlungen offen und öffentlich geführt werden, dass die Streikführung und -taktik von der Basis diskutiert, kontrolliert und bestimmt werden. Organisiert daher Streikkomitees, die auch die Führung in die Pflicht nehmen, die einen unbefristeten Streik durchführen, um die Konzernen in die Pflicht zu nehmen.

Um einen solchen Kampf durchzustehen, ist es notwendig, die Sympathie vieler NutzerInnen der Bahn, wie der Bevölkerung insgesamt in organisierte Solidarität zu verwandeln – in Unterstützerkomitees in den Stadtteilen, in anderen Betrieben, die Solidaritätsaktionen bis hin zu Solidaritätsstreiks organisieren. Das gilt v.a. für die GewerkschafterInnen, für kritische und kämpferische KollegInnen in der EVG.

Zugleich geht es aber auch darum, dass solche Aktionskomitees nicht nur den Streik unterstützen, sondern auch gegen die Ursachen der Bahn-Misere, gegen die Privatisierung der Bahn, für eine Verstaatlichung aller Privatbahnen, für die vollständige Rücknahme der gesamten Privatisierung im öffentlichen Verkehr kämpfen. Im Nahverkehr treten wir für den Nulltarif sofort ein – sowohl, um Millionen PendlerInnen und Lohnabhängige und ihre Familien zu entlasten, aber auch, um eine wirkliche Alternative zum privaten Autoverkehr voranzubringen. Milliarden sind notwendig für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs – Milliarden, die durch die Besteuerung der großen Banken und Konzerne, durch eine progressive Besteuerung von Kapital und Vermögen aufgebracht werden müssen – nicht durch permanente Preiserhöhungen. Und schließlich muss der Öffentliche Verkehr unter Kontrolle der Beschäftigten wie der NutzerInnen, also unter Kontrolle der großen Mehrheit der Bevölkerung, der Arbeiterklassen gestellt werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass ein Ausbau der Bahn nicht aberwitzigen Profitinteressen, sondern den Bedürfnissen von Millionen PendlerInnen, RentnerInnen, Jugendlichen und Reisenden dient.

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