Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Hartz IV-Vermittlungsausschuss

Kungelrunde auf Kosten der Arbeitslosen

Theo Tiger, Infomail 536, 18. Februar 2011

Vor etwas mehr als einem Jahr verwarf das Bundesverfassungsgericht die Berechnungssätze von Hartz IV, speziell die Berechnung für Kinder von Bedarfsgemeinschaften wurde abgelehnt. Die Erhebung sei „willkürlich“ und müsste neu begründet werden. Darüber, ob die Sätze erhöht werden müssten, schwieg das Gericht. Während viele Erwerbslose dies als Sieg bewerteten und sich nach 6 Jahren Hartz IV Verbesserungen erhofften, machten sich von der Leyen und ihr Ministerium daran, neue Kriterien für die Berechnungssätze zu erarbeiten.

In der Öffentlichkeit gab es dann Diskussion über den Alkohol- und Tabakbedarf von Erwerbslosen und es wurde die Frage gestellt, wie zusätzliche Leistungen für die Kinder und Jugendliche möglichst bargeldlos organisiert werden könnten.

Das Ziel von Schwarz-Gelb war klar: möglichst keine Erhöhung und gleichzeitige „Unterstützung der Kinder“. Heraus gekommen ist eine Kürzung für die Bedarfsgemeinschaften, das Elterngeld wurde ersatzlos für Erwerbslose gestrichen, ebenso der Heizkostenzuschuss. Im Durchschnitt wurden so mehr als 50 Euro gestrichen. Als „Kompensation“ gibt es 5 Euro mehr Grundbetrag.

Ebenfalls sollten Bildungsgutscheine verteilt werden, was dringend nötig wäre, denn schließlich stehen Jugendlichen weniger als 2 Euro im Monat für Bücher zur Verfügung.

Die Streichung des Elterngeldes trifft v.a. Kinder in Hartz IV-Haushalten, dies war eine der wenigen Möglichkeiten für Erwerbslose, zusätzlich Geld zu bekommen.

Durch die abgewählten schwarz-gelben Regierungen in NRW, Thüringen und im Saarland (dort mit Grünen, in Thüringen mit der SPD) hat die Bundesregierung ihre Mehrheit im Bundesrat verloren und ist jetzt auf den Vermittlungsausschuss angewiesen, wie auch schon bei der Installation der Hartz IV-Gesetze.

Das erste Scheitern

So saßen die gleichen Verbrecher am Verhandlungstisch, wie bei der Einführung von Hartz IV, nur diesmal mit anderen Rollen. Die SPD und die Grünen fordern jetzt mehr Grundbetrag, so dass die Streitfrage nach außen 5 oder 11 Euro mehr war. Die SPD brachte den Mindestlohn mit ins Spiel, gerade für Leih- und ZeitarbeiterInnen.

Schließlich reichten 11 Jahre Regierungsbeteiligung der SPD nicht aus, um einen flächendeckenden Mindestlohn zu verabschieden. Im Gegenteil, in dieser Zeit nahmen die Lohnunterschiede weiter zu und ein großer Niedriglohnbereich entstand, der heute schätzungsweise 6-7 Millionen Erwerbstätige umfasst.

In der Opposition nimmt die SPD aber nun wieder verstärkt Forderungen aus den Gewerkschaften auf, „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gilt plötzlich auch wieder für die SPD.

Schwarz-Gelb hatte zur Berechnung der Sätze von Hartz  IV die unteren 15% der Einkommen genommen, 2004 waren es noch die unteren 20% - wäre dies auch 2010 der Fall gewesen, hätte der Grundbetrag die 400 Euro-Marke wohl übersprungen.

Unter den unteren 15% der Einkommen sind viele ArbeiterInnen, welche gezwungen sind, ihren Lohn mit Sozialleistungen aufzustocken. Ihre Zahl liegt bei etwa 1,4 Millionen, ebenso wie diejenigen, die auf diesen Anspruch verzichten, auch Teil dieser Statistik sind.

Für die Erwerbslosenbewegung sind diese Täuschungen und Tricksereien nicht neu, sie erfahren es beim Amt, bei den Parteien und durch die Hetze der Medien.

Sie können sich auch nicht auf die Versprechen der Opposition verlassen, diese sind bei Regierungsbeteiligung nur Schall und Rauch, zudem tun diese Parteien auch nichts, um die politischen und sozialen Belange der Erwerbslosen zu unterstützen, eine Rechts -und Sozialberatung im Parteibüro ist zwar hilfreich, hilft aber im politischen Kampf gar nichts. Erschreckend präsentierten sich auch die Gewerkschaftsführungen in der Debatte. Während die Sozialpartnerschaft in der Wirtschaftskrise groß geschrieben wurde, fand eine Solidarität mit den Erwerbslosen höchstens auf dem Papier statt, in der Praxis nicht. Derzeit ist die Leiharbeit bei den Gewerkschaften das Hauptthema, nachdem „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ zumindest in der Stahlbranche umgesetzt wurde, gibt es dazu jetzt bundesweite Aktionen am 24. Februar - zu der Kungelrunde auf Kosten der Erwerbslosen sagen die Führungen nichts. Dabei sind es oft die Erwerbslosengruppen/Ausschüsse der Gewerkschaften, die lokale Arbeit leisten und zumeist die einzigen Ansprechpartner für die Betroffenen sind.

Für gemeinsamen Kampf!

Die Auswirkungen der BVG-Urteils und der aktuelle Vermittlungsausschuss zeigen den Erwerbslosen deutlich, auf wen sie sich nicht verlassen können: auf bürgerliche Gerichte, auf reformistische Parteien/Gewerkschaften oder Illusionen in ein „bedingungsloses Grundeinkommen“, welches dieser Staat verabschieden soll.

Der Kampf gegen die soziale Spaltung und weitergehende Verelendung breiter Massen kann nur gemeinsam mit den Beschäftigten und gegen das System der Spaltung - den Kapitalismus - geführt werden. Dazu brauchen wir einen Bruch mit parlamentarischen und reformistischen Illusionen, müssen das Sektierertum in der Bewegung überwinden und diesen Kampf in die Gewerkschaften und sozialen Bewegungen tragen. Nur wenn die Arbeiterklasse als ganzes, also mit den Erwerbslosen den Kampf gegen das System der Lohnarbeit aufnimmt, können wir Mindestlöhne und ausreichende Einkommen durchsetzen und das „Lohnabstandsgebot“ als Relikt der Sozialpartnerschaft zerschlagen.

Leserbrief schreiben   zur Startseite

Wöchentliche E-News
der Gruppe Arbeitermacht

:: Archiv ::