Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

München

8000 demonstrierten gegen Sicherheitskonferenz

Infomail 297, 12. Januar 2007

„Frieden durch Dialog“ lautete das Motto der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz. Im Nobelhotel Bayrischer Hof berieten wie jedes Jahr die Kriegstreiber und Profiteure der wichtigsten imperialistischen Staaten, wie sie ihre aktuellen und zukünftigen Ausbeutungs- und Kriegsziele erreichen und die Differenzen untereinander ausgleichen können.

„Frieden durch Dialog“

Beim Münchner „Dialog“ standen Themen wie die Besatzung von Ländern wie Irak und Afghanistan und ein drohender Militärschlag gegen den Iran, die NATO-Osterweiterung und eine neue Aufrüstungsrunde im Vordergrund.

Diese „informelle Tagung“ unter Leitung des ehemaligen Kohl-Beraters und heutigen Boeing-Deutschlandchefs Horst Telschick hat eine jahrzehntelange Tradition.

Nur selten tagen so viele illustre Sicherheitsexperten und Vertreter der Rüstungsindustrie, aus den die Planungsstäben von NATO, Bundeswehr und anderer Armen oder prominente Politiker wie Wladimir Putin, Steinmeier und Merkel, US-Außenminister Gates oder EU-Chefaußenpolitiker Solana gemeinsam.

Im Vordergrund standen zwei Themen: Zum einen die Konflikte zwischen Russland und der NATO, als Putin die NATO-Expansion und die Weltmachtpläne der USA angriff. Selbst die bürgerliche Presse konnte nicht umhin zuzugestehen, dass sich der russische Präsident zwar „im Ton vergriffen“, in der Sache aber durchaus recht habe - auch wenn seine Motive dabei natürlich den Ambitionen der Regionalmacht Russland entspringen.

Das zweite Thema war und ist der drohende Angriff auf den Iran. Was unter Dialog zu verstehen ist, hat Kanzlerin Merkel auch gleich durch ihre verbalen Angriffe auf das Land deutlich gemacht, das ohne Wenn und Aber zur Annahme der Bedingungen der „internationalen Gemeinschaft“ - sprich der führenden kapitalistischen Großmächte - gezwungen werden müsse.

Bemerkenswert war freilich auch, dass die deutschen Repräsentanten die Tagung nutzten, um die BRD und die EU stärker ins Zentrum globaler Verantwortung zu rücken. US-Außenminister Gates zeigte sich trotz der scharfen Angriffe Putins versöhnlich und betonte die viele Gemeinsamkeiten trotz bestehender Differenzen - ein Zeichen dafür, dass der US-Imperialismus angesichts des sich abzeichnenden Irak-Desasters die Fronten mit „Partnern“ wie Russland wenigstens verbal entschärfen will.

Es blieb Merkel und Steinmeier vorbehalten, die Ambitionen der EU als ernst zu nehmendem imperialistischen Konkurrenten hinter einem langen Abriss über die „globalen Herausforderungen“ vom Klimaschutz, über die „Terrorbekämpfung“ bis zur „Ressourcensicherheit“ für den Kapitalismus als globalem System anzusprechen und in diesem Rahmen deutsche und europäische „Verantwortung“ der Welt anzudrohen - eine Verantwortung, die bald der afghanischen Bevölkerung mittels Tornado-Kampfjets demonstriert werden soll.

Politisch passt der Münchner Gipfel daher auch in das Programm der Bundesregierung, die EU-Präsidentschaft und den G8-Vorsitz, zu nutzen, um zentrale Hindernisse für die Formierung des europäischen Imperialismus unter deutscher (und französischer) Führung aus dem Weg zu räumen.

Repression und Aktion

Unter dem Motto „Stoppt Krieg und Kriegsterror“ demonstrierten am 10. Februar 8.000 Menschen gegen das Treffen der Kriegstreiber und Profiteure. Hunderte beteiligten sich an Aktionen im Vorfeld.

Die Münchner Polizei, die Sonderkommandos der USK und zahlreiche Zivis demonstrierten auch, zu welchen Mitteln die deutsche Staat und die Bayrische Landesregierung gegen den berechtigten Protest greifen.

Schon im Vorfeld wurden die Wohnungen von Anti-Kriegs-AktivistInnen durchsucht und Materialen beschlagnahmt, die zu Aktionen gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm aufriefen. Diese Einschüchterungspolitik ist gerade anlässlich der Sicherheitskonferenz seit Jahren bekannt.

In diesem Jahr wurden Busse aus Berlin, Stuttgart und anderen Städten auf dem Weg zu den Aktionen am Freitag bzw. am Samstag stundenlang angehalten, Personalien aufgenommen, Leibesvisitationen vorgenommen und das Gepäck minutiös durchsucht.

Im Berliner Bus wurden fünf Personen unter lächerlichen Vorwänden willkürlich festgenommen; aus dem Stuttgarter Bus passierte das vier Personen vor der Rückfahrt.

Außerdem fanden dutzende Verhaftungen vor, während oder auch in den Abendstunden nach der Demo statt. Am Weg zur Demonstration jagte eine Kontrolle die andere. Transparentstangen wurden zerbrochen, weil sie zu lang wären. Bei anderen wurden Flugblätter oder Zeitungen konfisziert, weil sie - angeblich - dem bayrischen Pressegesetz nicht entsprächen.

Während der Demonstration kam es immer wieder zu Polizeiprovokationen - v.a. beim sehr großen und kämpferischen internationalistischen Block, der von zwei Doppelreihen Polizei während der gesamten Demonstration „begleitet“ wurde. Nach Auflösung der Versammlung wurden mehrere Personen der Lautsprecherwagen-Crew festgenommen.

Alles in allem ein schönes Sittenbild des Charakters jener bürgerlichen Demokratie, deren wahrer Charakter sich in imperialistischen Kriege nach außen, Massenarbeitslosigkeit, Niedriglohn und Verelendung im Inneren zeigt.

Und selbst diese Pseudodemokratie ist Kriegstreibern und -gewinnlern wie Teltschik noch zuviel, der just vor der Sicherheitskonferenz darüber lamentierte, „dass sich in einer Demokratie jeder äußern könne.“

Die Repression in München muss aber auch als Probelauf für die Unterdrückung der Proteste vor dem bevorstehenden G8-Gipfel in Heiligendamm gesehen werden.

Umso wichtiger ist es, dass wir in den nächsten Tagen und Wochen bundesweit für die Freilassung aller Festgenommen und die sofortige Niederschlagung aller Verfahren kämpfen!

Trotz Repression: Ein Erfolg

Nicht nur angesichts der Repression im Vorfeld und während der Demonstration war die Protestaktion gegen die Kriegstreiber ein Erfolg. Mit 7.000 bis 8.000 TeilnehmerInnen waren mehr Menschen gekommen, als die VeranstalterInnen erwartet hatten. Viele PassantInnen bekundeten ihre Solidarität und insbesondere ihre Ablehnung der massiven und provokanten Bullenpräsenz.

Auf der Demonstration zeigte der internationalistische Block, an dem sich auch Arbeitermacht und die Jugendorganisation REVOLUTION sowie das „Anti-G8-Bündnis für eine revolutionäre Perspektive“ beteiligten, eine sehr lautstarke und kämpferische Präsenz. Er war gleichzeitig auch der größte Block. An ihm nahmen auch sehr viele Jugendliche teil. Viele Sprechchöre richteten sich nicht nur gegen die Kriegstreiber im Bayrischen Hof, gegen die Besetzung des Irak und Afghanistans und gegen die BRD, sondern auch gegen das kapitalistische System insgesamt. So war auch oft der international bekannte Slogan „One solution - revolution“ zu hören.

Der internationalistische Block war aber auch jener Teil der Demo, der am häufigsten von der Polizei angriffen wurde und in den systematisch Zivilpolizisten zum Abgreifen einzelner DemonstratInnen geschleust wurden.

Durch ein vergleichsweise diszipliniertes und entschlossenes Auftreten und dadurch, dass die TeilnehmerInnen fast durchgängig in Ketten zum Schutz vor Übergriffen liefen, konnten viele dieser Provokationen abgewehrt werden.

Wichtig war aber auch, dass sich in München die TeilnehmerInnen anderer Blöcke aus der Friedens- und Anti-Kriegsbewegung oder der DKP/SDAJ (um die größeren zu nennen) mit der gesamten Demo solidarisierten und die Angriffe der Polizei verurteilten.

Die Sicherheitskonferenz in München hat nicht nur wieder vor Augen gehalten, welche Ziele die Imperialisten verfolgen und zu welchen Mitteln sie greifen, um uns zu bekämpfen. Die Gegendemonstration hat auch gezeigt, dass wir uns zur Wehr setzen können. Sie hat gezeigt, dass auch die Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm ein Signal des Widerstandes, des Kampfes werden können.

Leserbrief schreiben   zur Startseite

Wöchentliche E-News
der Gruppe Arbeitermacht

:: Archiv ::