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1000 Euro Studiengebühren in Hessen

Koch, Corts und Wolff – die „Achse des Bösen“

Infomail 280, 10. Oktober 2006

Seit dem 4. Oktober steht es fest: jeder deutsche Student muss 1000 € Studiengebühren pro Jahr zahlen, für KommilitonInnen aus dem Ausland werden noch mal 500 € extra berechnet, also 1500 € im Jahr.

Damit folgt die CDU-Alleinregierung konsequent der neoliberalen Ideologie; im Privatisieren von Staatsaufgaben sind die Hessen Spitze. Schon das Gesetz für Langzeitstudiengebühren zeigt die Auswirkungen dieser neoliberalen Politik, die „Elitebildung“ an den Unis geht voran. Studenten aus einfachen Verhältnissen mussten schon jetzt während des Studiums jeden Mini-Job annehmen, durch die Gebühren werden nur noch die Kinder reicher Eltern sorgenfrei studieren können.

Schon jetzt sind unter 15% aller Studenten an der Uni aus den sozial schwachen Klassen; in den letzten Jahrzehnten wurde diese Gruppe systematisch aussortiert. Daher fördert Hr. Koch auch lieber Privatschulen mit viel Geld; dies entspricht eher der Bildungspolitik: Elite fördern, den Rest aussortieren.

So hat auch die Bildungsministerin Wolf mit der „Unterrichtsgarantie plus“ schon für helle Begeisterung an den hessischen Schulen gesorgt – künftig sollen Rentner und Referendare die ausgefallenen Stunden ihrer Kollegen vertreten. So können auch hier wieder Mittel für den Haushalt eingespart werden – ja keine neuen Lehrer einstellen und mit beknackten Titeln die Öffentlichkeit blenden wollen. Ob „Garantie plus“ oder nicht, laut der allseits bekannten Pisa-Studie fallen in Deutschland pro Woche 1 Million Stunden aus – nicht dass man den SchülerInnen nicht auch mal eine Freistunde gönnen will, das Fehlen von Lehrkräften schlägt sich letztendlich auf die Möglichkeiten der Schüler nieder.

Operation „Sichere Zukunft“?

Unter diesem verlogenen Titel wird in Hessen seit drei Jahren Regierungspolitik betrieben. Angestachelt von bundespolitischen Ambitionen hat Ministerpräsident Koch den sozialen und arbeitsrechtlichen Kahlschlag für alle gesellschaftlichen Gruppen beschlossen. Auf dem Höhepunkt der Proteste 2003 verwies Koch stolz auf die mehr als 30000 Demonstranten vor dem Landtag in Wiesbaden. Denn dort wären alle Gruppen vertreten, Studenten neben der GDP (Gewerkschaft der Polizei) - und damit hätte Koch allen etwas zugemutet und so sollte die „gerechte“ Reformpolitik auch aussehen.

So richtig erholt hat sich der Widerstand gegen die „sichere Zukunft“ noch nicht in Hessen – die Angestellten des Landes arbeiten 42 Std. pro Woche ohne Weihnachtsgeld, die sozialen Einrichtungen wie Schuldnerberatung, Drogenhilfe, Frauenhäuser u. a. wurden geschlossen oder leben jetzt von Spenden. Alle sozialen Einrichtungen wurden angegriffen, während für militärstrategische Objekte wie den Regionalflughafen Calden oder Prestigeprojekte wie die Kulturhauptstadtbewerbung Kassels immer noch genug Millionen vorhanden sind.

Die hessischen Gewerkschaften (außer der GEW) befinden sich kaum noch in aktuellen Protesten im Land; sie warten auf einen möglichen Machtwechsel 2008 und auf die links redende SPD-Vorsitzende Ypsilanti als Ministerpräsidentin.

Für diese Hoffnung instrumentalisieren die SPD und die Gewerkschaften besonders die Studentenproteste und auch das Hessische Sozialforum. Als in Frankfurt, Gießen, Marburg und Kassel die Studenten zu Tausenden durch die Städte zogen und an manch einer Autobahneinfahrt Halt machten, versuchten Jusos und Gewerkschaftler, für die Wahlen 2008 zu werben, auch mögliche „Volksbegehren“ standen im Raum.

Wie gehen die Proteste weiter?

Zunächst müssen die Strukturen an den Unis nach den Semesterferien wieder mit Leben gefüllt werden. In Kassel gibt es am 25.10. die erste Demo im neuen Semester. Dies wird vom „Bündnis für gerechte Bildungschancen“ aus StudentInnen, SchülerInnen und Gewerkschaften (GEW und ver.di) organisiert.

Wir müssen diese Strukturen am Leben halten und dafür sorgen, dass diese nicht allein zum Zwecke der hessischen SPD arbeiten. Wenn unser Widerstand erfolgreich sein soll, dürfen wir nicht auf Volksbegehren oder eine andere bürgerliche Regierung hoffen – nur die Stärke und Richtung des Widerstands entscheidet darüber, ob wir erfolgreich sein können und die „Operation sichere Zukunft“ zur „Operation unsere Zukunft“ machen können.

Dafür müssen wir an die Breite der Proteste 2003 anknüpfen. Das Interesse der Studenten gegen eine neoliberale Politik ist auch das Interesse der Landesbeschäftigten, der Mitarbeiter der sozialen Einrichtungen und der Arbeitslosen.

Dafür müssen wir in den verschiedenen lokalen und regionalen Bündnissen arbeiten, wenn alle „Opfer“ der hessischen Regierung gemeinsam agieren, können sie sich auch schützen gegen die Versuche von Rot/Grün, sich in Hessen als „soziale Alternative“ zu profilieren.

Was wollen wir?

Rot/Grün ist keine Alternative in Hessen; gemeinsam mit Koch verhandelte die alte Bundesregierung die Hartz-Gesetze. Auch jetzt bei der nächsten Unternehmensteuerentlastung arbeiten Koch und die SPD zusammen – eine Ministerpräsidentin Ypsilanti wäre ungefähr so sozial wie die alte Bundesregierung oder die „rot/rote“ Koalition in Berlin.

Die Interessen von Studenten, Schülern, Beschäftigten, Arbeitslosen und sozial Schwachen müssen sich eigenständig gegen diese neoliberale Politik artikulieren, wir brauchen eine antikapitalistische Partei, die nicht nur links redet, sondern auch aktiv unsere Interessen im sozialen und politischen Kampf vertritt.

Wir können nicht in jedem Bundesland einzeln Studiengebühren bekämpfen, genauso wenig wie Arbeitszeiterhöhungen, Entlassungen oder soziale Kürzungen. Deshalb müssen auch die Studentenproteste sich politisch neu aufstellen, spätestens Ende 2007 wird es bundesweit Studiengebühren geben – dann brauchen wir zentrale Proteste, einen Widerstand gegen die neoliberale Politik von Bund & Land.

Die fzs (freiwilliger Zusammenschluss der Asten) kann die Proteste vorantreiben, wie sie es 2003 in NRW gegen eine rot/grüne Landesregierung fertig brachte. Doch dazu darf sich die fzs nicht in Einzelkampagnen wie zum Kindergeld verzetteln, sondern muss den Protest bündeln, mit anderen sozialen Gruppen zusammen arbeiten und zentrale Proteste und Widerstand für die nächsten Monate organisieren. Dieser Widerstand muss sich mit den Gewerkschaften am 21.10. verbinden und darüber hinaus eigenständige nationale Proteststrukturen aufbauen; nur so können wir uns gegen die Politik der Kochs, Merkels und Münteferings wehren.

Das heißt aber auch, dass sich jene StudentInnen, die für eine solche Perspektive eintreten, in Kampfstrukturen an der Basis organisieren müssen, um so den fzs und andere Studentenvertretungen zu einer solchen Perspektive zu zwingen.

Perspektive der Jugend

Alle jungen Menschen haben die Bilder aus Frankreich dieses Jahr gesehen. Auch die älteren sagen jetzt gerne: „wir müssen Französisch lernen“, wenn sie über die Zukunft des sozialen Widerstands sprechen. „Französisch lernen“ heißt als erstes: Hört nicht auf die Gewerkschaft! Noch Anfang März hatte die Gewerkschaft CGT („Kommunisten“) jede Beteiligung an den Protesten abgelehnt. De Villepin hätte den CPE (Erstanstellungsgesetz mit 2 Jahren „Probezeit“) mit einem solchen „Gegner“ nie zurückgezogen.

Doch Schüler und Studenten ließen sich davon nicht beirren und organisierten im ganzen Land Demos, Blockaden und Kundgebungen. Die Jugend Frankreichs profitierte dabei von eigenen Strukturen. Diese waren in der Lage, den Protest landesweit sichtbar zu machen. So wurden die Themen der Jugend auch wieder die Themen der „alten“ Gewerkschaften und Parteien, die sich dann mit mehreren eintägigen Streiks an den Protesten beteiligten. Die Öffentlichkeit diskutierte, wann der Premier De Villepin zurücktritt, und rechte Zeitungen sprachen von der Gefahr der sozialen Revolution.

Die Jugend hatte das Land erschüttert, in Ansätzen die Herrschaftsfrage gestellt. Ihre Mobilisierung und Dynamik, ihr Enthusiasmus brachten eine rechte Regierung ins Wanken.

Am Ende verhandelten dann die Gewerkschaften und ausgewählte Studentenvertretungen mit der Regierung, das Gesetz konnte gekippt werden – ein großer Erfolg der französischen Jugend.

Allerdings wollten auch die Führer der Jugendgewerkschaften (Sozialisten, bei uns Jusos) keine weitergehenden Proteste, zusammen mit den Gewerkschaften feierten sie ihren Erfolg und die Proteste waren erst mal beendet. Dadurch wurden die Interessen der französischen Jugend verraten. Ihre Hoffnung liegt nicht in Gesetzen, sondern in einer antikapitalistischen Gesellschaft – nur da können sie ihre Rechte auf Bildung und Beschäftigung einfordern.

Im Kapitalismus fordern nur Staat und Wirtschaft, die Angriffe auf die Jugend nehmen zu – die „Kosten“ der Jugend sollen reduziert werden, weniger Arbeitslosengeld, weniger für Bildung und Ausbildung, dafür Studiengebühren und verschärfte soziale Selektion.

Die revolutionäre Jugend

Um unsere Interessen gegen Kapital & Staat zu vertreten, brauchen wir starke antikapitalistische. revolutionäre Jugendorganisationen. Wir brauchen keine sog. „Linken“ der bürgerlichen Parteien (SPD, Grüne, Linkspartei); wir brauchen Organisationen die sich nicht nur kommunistisch nennen, sondern auch kommunistisch handeln – die aktiv in die Kämpfe eingreifen und für die Ziele der Jugend politische Strukturen und Bündnisse aufbauen. Diese können nur eine revolutionäre Perspektive vertreten, nur durch die Zerschlagung dieser bürgerlichen Gesellschaft kann die Jugend ihre Ziele verwirklichen.

Dieser Kampf kann nicht in einer Stadt, einem Bundesland oder einem Staat gewonnen werden, der Kampf gegen das Kapital und seine staatliche Ordnung ist und bleibt: international!

Deshalb will REVOLUTION als kommunistische revolutionäre Jugendorganisation für eine neue Jugendinternationale kämpfen; dafür brauchen wir Strukturen der Schüler, Studenten – aller Jugendlichen, um eine internationale Kraft gegen den neoliberalen Angriff von Kapital und Staat aufzubauen.

Wir fordern:

Recht auf Bildung und Ausbildung: d.h. Lernmittelfreiheit in der Schule, bessere Versorgung der Schüler, Recht auf einen Ausbildungsplatz seiner Wahl, freier und kostenloser Zugang zu Universitäten. Finanzierung der Universitäten durch den Staat durch progressive Besteuerung der Kapitalisten! Kontrolle von Forschung, Lehre und Ausbildung durch Komitees aus Lehrenden, Lernenden (SchülerInnen, Studierenden) und Gewerkschaften! Für ein elternunabhängiges Einkommen von 750 Euro netto für alle SchülerInnen ab 16 und Studierende!

Aufbau einer Jugendinternationale – nur im gemeinsamen internationalen Kampf können wir dem globalisierten Kapital entgegentreten. Gegen EU, NATO, WTO und IWF hilft nur ein internationaler revolutionärer Widerstand!

Für den Aufbau neuer Arbeiterparteien und Kampf für den Aufbau einer neuen, Fünften Internationale!

Nur gemeinsam mit anderen Gruppen der Gesellschaft können wir erfolgreich sein; dafür brauchen wir revolutionäre Arbeiterparteien und keine „links redenden“ und dann neoliberal regierenden Parteien wie die Linkspartei.

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