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Den Kampf ausweiten!

Die Schliessung von BSH ist ein Angriff auf uns alle!

Gegenwehr! - Kommunistische Flugschrift für Siemens-KollegInnen
Nr. 2, Mai 2005

IG Metall und Betriebsrat haben für die Mobilisierung gegen die Fertigungsschließung bei BSH als Kampfziel ausgegeben: Erhalt aller Arbeitsplätze!

Gleichzeitig wissen alle, dass dieses Ziel mit den "heute üblichen" Kampfmethoden der IG Metall derzeit wenig Chancen auf Verwirklichung hat. Daher gibt es offensichtlich zwei Alternativen: entweder dieser Kampf wird mit einer neuen Stufe von Zuspitzung und Härte geführt; oder es wird einen weiteren Deal zum "sozialverträglichen Ableben" der Industriearbeitsplätze von Siemensstadt geben.

Ist es unter den heutigen Bedingungen möglich, den Beschluss eines Weltkonzerns zur Schlieflung eines Werks durch den Widerstand der Betroffenen zu kippen? Diese Frage werden sich viele von euch stellen: d.h. ist das Kampfziel "Erhalt aller Arbeitsplätze" letztlich nur Mittel um Abfindungen in die Höhe zu treiben oder eine Alibi-Rest-Fertigung zu erhalten?

Natürlich gab es auch in den letzten Jahren, z.B. in der Automobilindustrie, immer wieder Beispiele, wo der (auch international koordinierte) Widerstand der Beschäftigten Verlagerungen von Standorten verhindern konnte. Letztlich ist jede "Standortentscheidung" immer auch eine politische Entscheidung – ein breiter, auch in der Öffentlichkeit ständig sichtbarer Widerstand der Belegschaft (wie kürzlich bei Opel) kann zu rascher "Einsicht" bei den Managern führen. Auch in der internationalisierten Produktion ist die Waffe des Streiks nicht stumpf geworden. Im Gegenteil: Gerade durch die internationale Vernetzung der Produktionsstandorte kann der Streik in einem Werk schnell zum ökonomischen Problem für die gesamte Produktionskette werden.

Die Situation bei BSH heute ist nicht einfach: einerseits können die Unternehmen speziell in Bereichen wie der "weißen Ware" leichter international verlagern; andererseits ist die Koordinierung der ArbeiterInnen national wie international nicht so weit fortgeschritten wie etwa im Automobilbereich.

Spaltung überwinden!

Zusätzlich wurde vor den Toren Berlins seit etwa 10 Jahren in Nauen ein "Konkurrenz-Standort" aufgebaut, in dem die Belegschaft auf "vernünftige Zusammenarbeit" mit dem Management getrimmt werden sollte. Mit allen Mitteln wurde dafür gesorgt, dass niemand von der kampfkräftigen Gartenfelder Belegschaft nach Nauen "einsickert"; eine eigene Gesellschaft wurde gegründet, um das Werk auflerhalb des Tarifvertrags zu halten.

Genützt haben die wesentlich schlechteren Bedingungen für den Erhalt der Arbeitsplätze in Nauen allerdings auch nichts: Auch in Nauen wurden im letzten Jahr 600 Arbeitsplätze vernichtet, noch dazu mit lächerlich geringen Abfindungen. Dass Nauen jetzt mit dem Nachfolgeprodukt des Eurowashers erhalten werden soll, ist der Gipfel des lange schon betriebenen Versuches, die Belegschaften von Nauen und Berlin gegen einander auszuspielen.

Das Berliner BSH-Werk hat nur eine Chance, wenn es gelingt, diese Spaltung der Belegschaften zu verhindern. Es muss den KollegInnen in Nauen und den anderen BSH-Standorten (Bretten, Neustadt, Dillingen, Giengen, Traunreut) klar sein, dass mit BSH-Gartenfeld der kampfstärkste Betrieb platt gemacht werden soll. Ist dies erst mal geschehen, werden die anderen Standorte noch mehr zum Spielball der Konzernwillkür und das nächste Opfer im Verlagerungspoker. Die Unterschriftenaktion in den anderen Betrieben ist hier ein erster Schritt, ebenso die gemeinsame Aktion am 31.Mai vor der BSH-Bilanzkonferenz in München.

Der Abwehrkampf darf auch nicht im nationalen Rahmen stehen bleiben. Gegen die globale Konzernstrategie können wir letztlich nur international erfolgreich angehen. Es ist daher notwendig, mit den KollegInnen in Polen, der Türkei, Spanien und anderen Ländern Kontakt aufzunehmen, um nicht gegeneinander ausgespielt zu werden.

Gerade wenn die Kontakte über die "offiziellen" Kanäle nicht leicht sind, ist es umso wichtiger, dass mit den anderen Belegschaften, vor allem in Nauen, von unten Kontakte aufgebaut werden. Eine Möglichkeit dafür stellt das Solidaritätskomitee dar.

Situation in Berlin

Darüber hinaus ist der Kampf der BSH-KollegInnen nicht isoliert in Berlin. Gerade auch in den letzten Monaten und Tagen häufen sich die Horror-Meldungen aus verschiedenen Betrieben und Bereichen. Einerseits trifft dies andere Betriebe in der Umgebung von BSH: die Siemens-Betriebe (Com, SINITEC, SBS, Schaltwerk), Infineon, CNH, etc. Andererseits geht der Kahlschlag im Bereich der (öffentlichen) Dienstleistungen weiter: tausende Arbeitsplätze in der Charité und im öffentlichen Nahverkehr stehen auf der Kippe. Nachdem in den letzten 15 Jahren schon 300.000 Arbeitsplätze vernichtet wurden und die Arbeitslosenquote bei 20% liegt, droht hier der nächste Stufensprung. Angesichts dieser Perspektiven müsste endlich ein Aufschrei und ein Aufstehen durch die Reihen der von Loharbeit abhängigen dieser Stadt gehen! Gemeinsame Kampfaktionen verschiedenster Betriebe und Bereiche sind längst an der Zeit. Die Aktion am 26.Mai vor dem BSH-Werk kann da nur ein Auftakt sein. Für die Siemens-Betriebsräte mag es das äuflerste sein, dass sie an diesem Tag zu einer "5 vor 12" Demonstration vom Siemens-Verwaltungsgebäude aus aufrufen. Für uns kann dies nur eine erste Aktion sein, der entschiedenere Kampfaktionen folgen müssen, besonders sobald die BSH-KollegInnen in den Streik treten!

Der Kampf bei BSH kann damit auch zum Erfolg werden, wenn er zu einem breiten gesellschaftlichen Protest gegen die Explosion der Massenarbeitslosigkeit in Berlin wird, die immer deutlicher zur aktuellen Erscheinungsform kapitalistischer Verwertungsprozesse wird. Diesem hat sich bekanntlich auch die Politik untergeordnet. Mit Agenda 2010 und den Hartz-Gesetzen werden die Erwerbslosen noch weiter unter Druck gesetzt jede nur mögliche Arbeit zu allen Bedingungen anzunehmen. Gefügige, isolierte, nicht-tarifgebundene Belegschaften, möglichst auflerhalb des geregelten Normal-Arbeitsverhältnisses sind so leichter zu haben. Die Anti-Hartz-Proteste haben gezeigt, wie viele KollegInnen auch jenseits der offiziellen Gewerkschaftsstrukturen zum Protest gegen diesen neuen Tagelöhner-Kapitalismus bereit sind. Auch die Verbindung mit diesen Protesten ist eine Möglichkeit, um den Kampf von BSH zu einem breiten gesellschaftlichen Protest aus zu weiten. Der Beschluss des Montagsdemo-Bündnisses, sich and den BSH-Protesten zu beteiligen ist hier zu begrüflen.

Auch hier ist es Aufgabe des Solidaritätskomitees dieses Protestbündnis zu erweitern. Es kann nicht blofl um den "Erhalt der bestehenden Arbeitsplätze" gehen – unser Kampf ist der Kampf für "Arbeit für alle", also z.B. Verteilung der Arbeit durch weitere Arbeitszeitverkürzung!

Wir wollen aber nicht verschweigen: um eine derartige Ausweitung des Protestes auf andere Werke, Konzerne und gesellschaftliche Proteste zu erzielen, ist Vertrauen in die gegenwärtige gewerkschaftliche Führung nicht angebracht.

Auch wenn es vor Ort andere Positionen hierzu geben mag, ist es jedoch unzweifelhaft, dass die IG-Metall-Spitze eine solche Eskalation eines Konflikts nicht wünscht: dies hat sie tausendfach bewiesen, ob im Ost-Streik zur 35-Stundenwoche, im Konflikt um die 40-Stundenwoche bei Siemens, bei Opel, bei den Protesten gegen die Hartz-Gesetze, etc.

Nur allzu oft wurden wie in im letzten Jahr bei Opel Abkommen und faule Kompromisse hinter dem Rücken der Belegschaft abgeschlossen. Keine Geheimverhandlungen von IG Metall oder Betriebsräten mit dem Konzern! Jeder Verhandlungsschritt muss in Belegschaftsversammlungen diskutiert und von ihnen beschlossen werden!

Eigene Kampfstrukturen!

Eine erfolgreiche Kampfführung wird daher nicht ohne den Konflikt mit den bestimmenden Kräften in IG-Metall und DGB, nicht ohne den Kampf um die Umwandlung unserer Gewerkschaften in echte Kampfinstrumente möglich sein. Dazu brauchen wir einerseits starke, demokratische Basisstrukturen des Kampfes, an denen sich möglichst viele KollegInnen beteiligen. Andererseits brauchen wir eine organisierte klassenkämpferische Basisopposition in den Gewerkschaften, die systematisch für die Umwandlung der Gewerkschaften in das beschriebene Kampfinstrument eintritt.

Für Berlin bedeutet dies jetzt, die AktivistInnen in betrieblichen Streik- und Aktionskomitees zu sammeln. Diese müssen zu einer echten betriebsübergreifenden Mobilisierungsbasis mit einem breitere gesellschaftliche Konflikte umfassenden Solidaritätskomitee vernetzt werden.

Gleichzeitig müssen Ansätze, wie die "Berliner Gewerkschaftslinke" zu einer wirklichen Gewerkschaftsopposition weiterentwickelt werden.

Wir haben alle die grofle Kampfbereitschaft der KollegInnen von BSH in den letzten Wochen bewundert. Diese Belegschaft wird sich nicht so leicht unterkriegen lassen oder mit schäbigen Deals abspeisen lassen! Jeden Verrat an den Kampfzielen dieser KollegInnen werden wir anprangern! Diese Belegschaft hat es verdient und hat die Fähigkeit, dass der Kampf mit der Schärfe geführt wird, die zum Erfolg führt!

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